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Tiamat-Zyklus 2 - Die Sommerkönigin 1 - Der Wandel der Welt

Titel: Tiamat-Zyklus 2 - Die Sommerkönigin 1 - Der Wandel der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joan D. Vinge
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...?«
    Sie nickte und streichelte seine Wange. »Du mußt dich fügen«, stellte sie fest, wie wenn sie die Situation besser einschätzen könne als er – denn im Grunde blieb ihm keine andere Wahl.
    »Clavally und ich weihten deine Mutter«, erzählte Danaquil Lu. »Es wäre uns eine Ehre, das gleiche mit dir zu tun.«
    Tammis schwieg, hin und her gerissen zwischen Angst und Begehren.
Nichts wird mehr so sein wie früher.
    Mond nahm seine Hand und hielt sie fest. »Laß mich diejenige sein, die das ...
Geschenk der Herrin
an dich weitergibt.« Sie wählte den traditionellen Ausdruck der Sommerleute, wie wenn die Begriffe ›Sibyllennetz‹ oder ›Virus‹ zu hart und nüchtern wären. In der Tat drückten sie nicht die Erhabenheit und die Mystik aus, die mit dem Vorgang der Sibyllenweihe verbunden waren.
    Schließlich nickte er und bot ihr sein Handgelenk dar; er wünschte sich, er würde nicht so heftig zittern. »Dann soll es gleich geschehen.«
    Danaquil Lu zögerte und sah Mond an. »Das ist nicht der übliche Weg ...«
    »Jetzt, da ich bereits gerufen wurde, hat sich die Situation ohnehin geändert«, sagte Tammis. »Wenn ich schon ein Sibyl werde, möchte ich mit der endgültigen Weihe nicht länger warten. Je eher ich damit anfangen kann, Leuten zu helfen, um so früher kann ich beginnen, den Vorfall von heute wiedergutzumachen.«
    »Also gut«, gab Danaquil Lu nach, als Mond ihm zunickte. Merovy klammerte sich an Tammis, der erneut sein Handgelenk darbot.
    Danaquil Lu faßte in seinen Gurt und holte ein Messer mit einer halbmondförmigen Klinge heraus, das auf Tiamat nur zu einem einzigen, rituellen Zweck diente. Tammis war unter Sibyllen aufgewachsen und kannte die Zeremonie. Danaquil Lu stimmte einen Sprechgesang an – ein Gebet; noch nie zuvor hatte Tammis diese Melodie gehört. Ihre Ursprünge gingen auf das Sommervolk zurück, denn die Winter kannten keine Rituale für die Sibyllenweihe, und wie die Prozedur bei den Außenweltlern gehandhabt wurde, wußte niemand.
    Nach ein paar Takten fiel Mond in den Gesang ein. Selten hatte Tammis seine Mutter singen hören, doch er wußte, daß sie eine wunderschöne Stimme hatte, einen hellen, reinen Sopran. Plötzlich schimmerten wieder Tränen in ihren Augen.
    Als das Lied zu Ende war, fuhr Danaquil Lu mit der Klinge über Monds Handgelenk, es war ein rascher, geschickt ausgeführter Schnitt. Tammis sah, wie seine Mutter die Lippen zusammenpreßte, und wie das Blut aus der Wunde hervorquoll. Dann nahm Danaquil Lu Tammis' Hand in die seine, und ehe er es sich versah, blutete er auch. Danaquil Lu preßte die beiden Schnittwunden gegeneinander und rezitierte noch schnell ein Gebet.
    Tammis kam es so vor, als verginge eine Ewigkeit, während er nichts spürte außer einem dumpfen, durchdringenden Schmerz im Arm. Plötzlich rann es ihm eiskalt den Rücken herab; seine Nerven schienen wie in einem Fieber zu glühen. In seinem Kopf begann es zu rauschen, er vernahm die Stimme des Meeres ...
    Dunkelheit schlug wie mit Wogen über ihm zusammen, und dann fühlte er nichts mehr ...
    Bis jetzt, wo er aus vagen, erschreckenden Träumen aufgewacht war und sich in seinem eigenen Zimmer wiederfand. Er starrte auf sein bandagiertes Handgelenk, und auf das seiner Mutter. Im Raum befanden sich noch Danaquil Lu, und dieses Mal auch Clavally. Dann fiel sein Blick auf Merovy; verkrampft saß sie da, die Hände im Schoß gefaltet, und als sie merkte, daß er sie erkannte, verwandelte sich ihre Besorgnis in Erleichterung.
    Wo ist Da?
hätte er am liebsten gefragt; doch er traute sich nicht, aus Angst, sein verändertes Gehirn könnte womöglich unberechenbar reagieren ... und aus Angst vor der Antwort, die man ihm vielleicht geben würde. Den Ausdruck in den Augen seines Vaters hatte er nicht vergessen.
    Seine Mutter bot ihm eine Tasse mit gesüßtem Tee an; dankbar trank er sie leer, und er spürte, wie durch die Wärme und die anregenden Kräuter die Spannkraft in seinen schlaffen Körper zurückkehrte. »Bald wird es dir wieder gutgehen«, flüsterte Mond; als sie mit einer halbvergessenen Geste seinen Kopf streichelte, fühlte er sich wieder in seine Kindheit zurückversetzt.
    Doch dann stand sie auf und blickte zur Tür. »Ich muß jetzt gehen«, erklärte sie.
    Unbeholfen richtete er sich auf und griff nach ihr. Sie berührte kurz seine Hand und schüttelte den Kopf. »Ich kann wirklich nicht länger bleiben, Tammis ... Sobald du dich kräftig genug fühlst, bringen Danaquil

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