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Tiamat-Zyklus 2 - Die Sommerkönigin 1 - Der Wandel der Welt

Titel: Tiamat-Zyklus 2 - Die Sommerkönigin 1 - Der Wandel der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joan D. Vinge
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Arbeiter unter ihnen, die nach zwei Jahrzehnten immer noch die gleiche Tätigkeit verrichteten, und deren Leben stabil und ohne jede Veränderung verlief. Zu beiden Seiten des Palasteingangs standen Konstabler Wache; statt der von den Außenweltlern kopierten Uniform trugen sie jetzt schlichte Alltagskleidung. Lediglich eine Armbinde und ein Helm kennzeichneten sie als Ordnungshüter.
    Sanft setzten die drei Hovercrafts auf dem Alabaster-platz auf. Die hohen, reichverzierten Flügel des Palastportals schwenkten nach außen, wie zwei sich ausstreckende Arme.
    Er verdrängte das Bild, als die Luke des Hovercrafts sich öffnete, und der Atem der Stadt hereinwehte; die Luft war geschwängert mit exotischen Gerüchen, die ihm gleichzeitig fremdartig und vertraut vorkamen. Er stieg aus dem Gleiter und wurde von einer Phalanx von Wachen flankiert; die Männer trugen die gleiche blaugraue Uniform wie er früher, er hätte einer von ihnen sein können.
    Ihm schwindelte, als er plötzlich fühlte, wie die Jahre von ihm abfielen. Aus der Ferne, wie aus einer anderen Welt, hörte er Stimmen, die Tiamatanisch sprachen. Die Arbeiter scharten sich in einer Ecke des Platzes zusammen, tuschelten und zeigten mit Fingern. Mit Hilfe von Indoktrinationsbändern hatte er seine Sprachkenntnisse aufgefrischt, aber hier, zwischen den hallenden Mauern der Stadt, klangen die Worte auf eine undefinierbare Art und Weise anders – realer.
    Er drehte sich um und betrachtete den Palast. Das Tor stand offen, aber der Eingang war nicht mehr leer. Als die kleine Schar, die ihn umringte, zur Seite trat und ihm Platz machte, erkannte er, wer dort auf ihn wartete. Plötzlich existierten nur noch er und diese Person, selbst die Zeit blieb stehen. Während er die Frau anstarrte, die auf der Schwelle zum Palast stand, glaubte er zu träumen, denn in seinen Träumen hatte er diesen Augenblick oft erlebt.
    Aber er wachte nicht auf, und die Frau verschwand nicht. Sie sah noch genauso aus, wie er sie in Erinnerung hatte – und um keinen Tag älter. Er schaute an sich hinab, halb in der Erwartung, seine alte Uniform zu sehen. Ihm war zumute, als sei er durch einen finsteren Zauber dieser unheimlichen Stadt um Jahrzehnte zurückversetzt worden.
    Doch statt der blauen Uniform trug er die schmucklose schwarze Tracht des Obersten Richters. Das Sibyllenkleeblatt baumelte auf seiner Brust. Er hob den Blick und fragte sich, ob er vielleicht halbblind oder verrückt geworden war.
    Vhanu drückte seinen Arm und gab ihm diskret zu verstehen, daß er handeln mußte. »Man erwartet uns; Sie müssen hingehen, Richter.«
    »Ja, natürlich.« In einer zwanghaften Geste strich sich Gundhalinu den Rock glatt und schaute zu den wartenden Gestalten hin. Dann wandte er sich an die Wachen, die ihn umgaben. »Ihr drei ...« – er deutete auf die Männer, die ihm am nächsten standen – »kommt mit!«
    »Aber, Richter ...«, protestierte Echarthe. »Finden Sie nicht, daß ...«
    »Wir sind vollkommen sicher«, entgegnete Gundhalinu gereizt. »Die anderen sollen lieber die Hovercrafts bewachen; die Fahrzeuge sind durch die Neugier der Leute gefährdeter als wir.« Gemessenen Schrittes ging er los, wobei ein Gefühl der Verfremdung von ihm Besitz ergriff. Die Frau im Eingangsportal war immer deutlicher zu sehen, jede Einzelheit nahm er wahr – trotzdem war keine Spur von Alter zu erkennen. »Sie hat sich überhaupt nicht verändert«, murmelte er fassungslos. Er hatte die Jahre gezählt, die für sie beide vergangen waren, und er wußte, daß sie mindestens genauso alt sein mußte wie er.
    »Dann nimmt sie das Wasser des Lebens«, konstatierte Sandrine unverblümt. »Das ist der einzige Weg, um sich so jung zu halten.«
    »Das glaube ich nicht«, widersprach er. Dennoch sah er mit eigenen Augen, daß die Zeit an ihr spurlos vorübergegangen war. Sie blickte ihm entgegen, doch in den sonderbar gefärbten Augen lag kein Ausdruck des Wiedererkennens. Das Haar trug sie immer noch lang
    und offen, es reichte ihr fast bis zur Taille. Ihre Kleidung war aus einem bunten Material geschneidert, das offenbar nicht von Tiamat stammte; es war ein ehemaliges Außenweltlergewand, abgeändert, um es der praktischen, schlichten Mode Tiamats anzupassen. Die Frau musterte sein Gesicht, seine Bekleidung, das Sibyllenkleeblatt und seine Gefährten ... alles mit der gleichen Faszination, aber vollkommen emotionslos.
    Er blieb vor ihr stehen und fragte sich, wann dieser Traum aufhören würde; ob sie

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