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Tiamat-Zyklus 2 - Die Sommerkönigin 1 - Der Wandel der Welt

Titel: Tiamat-Zyklus 2 - Die Sommerkönigin 1 - Der Wandel der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joan D. Vinge
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Trotz der späten Stunde lagen noch Gläubige ausgestreckt vor dem Hochaltar und den funkelnden Bildern aus Licht. Er wirbelte herum, als die schwere Flügeltür hinter ihnen aufgestoßen wurde. »Verdrückt euch!« zischte er. »Ich lenke die Kerle ab ... Heh! Polizei!« brüllte er, wobei für Kedalion nicht zu erkennen war, ob es ein Warnruf oder eine Aufforderung zum Näherkommen sein sollte.
    »Reede ...«, begann Kedalion; doch Reede war bereits vorgeprescht und hob sich als schwarze Silhouette gegen das blendende Licht ab. »Bei den Göttern, worauf wartet ihr noch?«
    Kedalion drängte Ananke nach vorn durch den Wald aus Kandelabern. Er hoffte, sie könnten sich unbemerkt unter die Gläubigen mischen, die vom Gebet aufsprangen und zu den Ausgängen flitzten. Den Jungen am Arm mit sich ziehend, pflügte er sich durch die Menge. Ananke folgte ihm wie in Trance, Kedalion spürte, wie er am ganzen Leib zitterte.
    Kedalion schaute zurück, als Leute aus der sich zerstreuenden Menge aufschrien. Er sah, wie Reede auf den vergoldeten Altar stieg und in einem Akt ungeheuren Frevels bis zur Spitze emporklomm. Entsetzt schnappte Ananke nach Luft, während Kedalion voller Anteilnahme und Abscheu fluchte, als die schwarzuniformierten Polizisten Reede umzingelten.
    Und dann sprang Reede – er stieß sich vom Altar ab und warf sich in die Umarmung des Lichts, in die Abbildungen des Himmels.
    Kedalion hörte ein Splittern und Krachen; wie erstarrt blieb er stehen und schnappte vor Verblüffung nach Luft. Das Bild war gar kein Hologramm – sondern eine von hinten beleuchtete gläserne Wand. An der Stelle, wo Reede hindurchgehechtet war, klaffte nun ein großes schwarzes Loch. Kedalion stöhnte auf, seine Empfindungen ließen sich nicht in Worte fassen.
    Er wollte weiterhasten, doch zu spät. Gepanzerte Hände fielen auf seine Schultern, rissen ihn herum und zwängten ihn in ein Körpereisen. Unter einem Hagel von Faustschlägen und Fußtritten brach er in die Knie und übergab sich.
    Die Polizisten schleiften ihn nach draußen. Ihre Flüche waren so bildhaft, daß er die meisten davon gar nicht hätte übersetzen können ... aber vielleicht waren es auch Versprechungen dessen, was ihm blühte. Blutend und halb betäubt taumelte Ananke neben ihm her. Irgend etwas unter seinem Rock stach ihm in die Rippen – die kostbare Flasche mit dem Wasser des Lebens.
Süße Edhu,
dachte er,
ich muß sterben. Dafür werden sie uns töten. Und ich hatte nicht mal Gelegenheit, das Wasser des Lebens zu kosten.
Er konnte nicht anders, er fing auf einmal hysterisch an zu kichern, und jemand verpaßte ihm einen brutalen Schlag.
    Hinter dem Tempel, mitten in einem Berg aus glitzernden Glasscherben, umstanden die übrigen Polizisten Reedes ausgestreckten Körper. Bei dem Gedanken, er könne tot sein, drehte sich Kedalion der Magen um. Doch als man ihn näher heranschleppte, sah er, wie die Männer Reede hochhievten; sein Gesicht war blutverschmiert, die Augen waren weitaufgerissen. Dann schlugen sie ihn und stießen ihn in die Glassplitter zurück.
    Am Liebsten hätte Kedalion weggesehen, aber er bekam mit, wie ein Mann, offenbar ein Offizier, Reede auf die Füße zerrte und ihn heftig schüttelte. »Glaubst du, das sind Schmerzen, du käsegesichtiger Abschaum? Du weißt noch gar nicht, was richtige Schmerzen sind!«
    Reede starrte ihn mit wildem Blick an und lachte, als nähme er die Drohung nicht ernst. Kedalion schnitt eine Grimasse.
    »Bringt ihn ins Inquisitorium!« schnauzte der Offizier und deutete auf ein Polizeifahrzeug, das an der gegenüberliegenden Seite des Platzes bereit stand. Widerstandslos und ohne zu protestieren, ließ Reede sich fortschleifen. »Die anderen auch!«
    Reede schaute zurück, als er endlich begriff, was der Offizier befohlen hatte. Plötzlich stemmte er sich gegen seine Häscher und weigerte sich, in den Wagen zu steigen. Mit wütender Miene sah er zu, wie man seine Kameraden herbeischleppte. »Wartet!« schrie Reede und wich der Faust aus, die auf sein Gesicht zielte. »Elasark! «
    Der zweite Offizier, der dabeigewesen war, als man Kedalion ergriff, schwenkte herum, jählings aus seiner Betrachtung der zerstörten gläsernen Tempelwand gerissen. »Du?« fragte er Reede mit ungläubigem Staunen. Fluchend trat er an das Fahrzeug heran, blieb eine Weile, die Kedalion wie eine Ewigkeit vorkam, vor Reede stehen, und wandte sich dann mit zornig funkelnden Augen ab. »Laßt ihn frei!«
    Der andere Offizier, der Reede

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