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Tiamat-Zyklus 2 - Die Sommerkönigin 1 - Der Wandel der Welt

Titel: Tiamat-Zyklus 2 - Die Sommerkönigin 1 - Der Wandel der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joan D. Vinge
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Kedalion.
    Kedalion fluchte und rutschte von seinem Stuhl herunter, während Shalfaz und Ananke aufstanden. Reede bemerkte ihre Panik. »Ihr müßt von hier verschwinden ...« Noch während er sprach, sprang er auf und griff nach Shalfaz' Arm. »Kennst du einen zweiten Ausgang?«
    Sie nickte und strebte den hinteren Räumlichkeiten des Clubs zu, dichtauf gefolgt von Ananke. Kedalion marschierte hinterher stutzte, machte kehrt und holte die silberne Flasche von ihrem Tisch. Dann stürzte er sich wieder in die Masse der aufgeregten Gäste, wie ein Mann, der in den Ozean hinabtaucht; ob seiner kleinen Statur ging er augenblicklich in dem Gewimmel und Gewühl unter, hin und hergeschubst von Menschen in Panik. Fluchend bahnte er sich seinen Weg in die Richtung, von der er glaubte, daß Shalfaz sie eingeschlagen hatte, doch die anderen waren nicht mehr zu sehen. Er hatte sie aus den Augen verloren.
    Jemand umklammerte seine Taille, starke Hände zerrten ihn zurück und stemmten ihn in die Höhe. Zappelnd versuchte er, sich aus dem Griff zu befreien, und boxte seinen Gegner mit aller Kraft in den Bauch.
    »Verdammt!«
    Zu spät merkte er, daß der Mann keine Uniform trug.
    Reede fluchte und krümmte sich vor Schmerzen. »Du Arschloch!« Mühsam richtete er sich wieder auf und klemmte sich Kedalion unter den Arm wie ein störrisches Kind.
    Leise vor sich hin fluchend, verzichtete Kedalion auf seine Würde und ließ sich statt dessen im Eiltempo durch die zusammengepferchten Leiber und danach durch ein Labyrinth aus düsteren Tunneln tragen, bis sie endlich draußen in einer übel riechenden, finsteren Gasse standen. Die anderen warteten schon auf sie, im Dunkeln kaum zu erkennende, schemenhafte Gestalten. Reede stellte ihn wieder auf die Füße.
    »Haut schnell ab«, flüsterte Shalfaz und feuerte sie mit Gesten an. »Ich muß wieder zurück.«
    »Aber ...« Kedalion schnappte nach Luft. »Wird dir auch nichts passieren?«
    Resigniert ließ sie die Schultern hängen. »Ich bin nur eine Frau, und man wird mich nicht zur Rechenschaft ziehen. Wenn ich sie ...«
    »Nein!« fiel Ananke ihr ins Wort. »Geh nicht zurück. Komm mit uns!« Verzweifelt zerrte er an ihrem Arm.
    »Der Ohrring«, sagte Reede. »Die Steine sind echt. Damit kannst du dich freikaufen, du weißt ja, wie es hier zugeht.« Sie nickte, und er gab Ananke einen Schubs. »Beweg dich!« Dann hob er Kedalion wieder hoch.
    »Verdammt noch mal, laß mich runter!« schimpfte Kedalion, als Reede losrannte. »Ich kann ...«
    »Nein, du kannst nicht.«
    »Gott verdammt, ich bin kein ...«
    »Doch, du bist jemand, der in großen Schwierigkeiten steckt. Über deinen verletzten Stolz kannst du später jammern«, zischte Reede. Er blickte über die Schulter nach hinten, als er Rufe hörte. Vor ihnen blitzte ein Licht auf und durchschnitt wie eine Lanze die mit Schlammziegeln gepflasterte, beidseitig von Hauswänden gesäumte Gasse. Sie prallten gegen Ananke, als der jählings stehenblieb. »Wir sitzen in der Falle!« schrie der Junge mit hoher, schriller Stimme.
    Reede blickte nach oben, schien irgend etwas Undefinierbares in der Dunkelheit zu erblicken und stieß einen knurrenden Laut aus. »Sie versuchen, uns aus der Luft zu erwischen.« Er machte eine Kehrtwendung und bugsierte sie in einen schmalen Tunnel zwischen zwei Gebäuden, der auf einen kleinen, offenen Platz mündete. Kedalion nahm nichts als Schlammziegel und Schatten wahr, und an sein Ohr drangen nur wütende Stimmen, die sie zum Stehenbleiben aufforderten. Er machte die Augen zu. Gleich würde Reede, von irgendeiner Waffe getroffen, zu Boden gehen, und dann würde diese schändliche Groteske ihr vorhersehbares Ende finden.
    Durch eine hohe Flügeltür stürmten sie in ein Gebäude, das aufzuragen schien wie ein Berg. Das Innere war eine gigantische Höhle, deren verwirrende Finsternis selbst durch eine Unzahl von Kerzen nur schummerig erhellt wurde. Aber vor ihnen, über ihren Köpfen, erstrahlte ein Hologramm in einem schier atemberaubenden Glanz – tausend Bilder vom Paradies, mit Licht gemalt, strebten ekstatisch zu einer Spitze empor, einem Finger gleich, der gen Himmel weist, die Pyramidenstruktur des Gebäudes wiederholend.
    »Wir sind in einem Tempel«, keuchte Kedalion. »Könnten wir hier nicht um Schutz bitten?«
    »Vor der Kirchenpolizei? Was glaubst du, für wen die arbeiten?« spottete Reede. Er stellte Kedalion auf die Füße und schaute sich in der von Kerzen beleuchteten, düsteren Halle um.

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