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Tiamat-Zyklus 2 - Die Sommerkönigin 1 - Der Wandel der Welt

Titel: Tiamat-Zyklus 2 - Die Sommerkönigin 1 - Der Wandel der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joan D. Vinge
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niedergeschlagen hatte, brach in einen aufgeregten Schwall von Protesten aus, dem Kedalion kaum zu folgen vermochte. Der erste Offizier antwortete ihm auf Ondineanisch, wobei lediglich die Worte ›Reede‹ und ›Humbaba‹ zu verstehen waren. Er beendete seine Tirade mit einer einfachen, aber bildhaften Geste des Kehle durchschneiden. »Laßt ihn frei!« wiederholte er.
    Der zweite Offizier rührte sich nicht. Die übrigen Polizisten standen mit verdrießlichen Gesichtern da und glotzten abwechselnd die Gefangenen und ihre Befehlshaber an. Schließlich trat Elasark in Aktion und löste Reede selbst aus dem Körpereisen. Niemand hinderte ihn daran.
    Reede kletterte von dem Wagen herunter, in den man ihn hineingezerrt hatte, und schüttelte seine Gliedmaßen. Er drehte sich um, warf einen Blick auf Kedalion und Ananke und wandte sich abermals Elasark zu. »Die beiden arbeiten für mich«, behauptete er.
    Elasark erstarrte, und der matte Hoffnungsschimmer in Kedalion erlosch. »In drei Tagen ist das Fenster vollständig repariert«, fuhr Reede fort, »außerdem erhält der Fonds der Kirchenpolizei eine großzügige, anonyme Spende.« Langsam ging Elasark zu Kedalion und Ananke und befreite auch sie von den Körpereisen. Mit nur mühsam unterdrückter Wut stieß er sie vom Wagen herunter. Dann brüllte er einen Befehl, und die Polizisten setzten sich ohne ihre Gefangenen in den Transporter. Die Türen wurden zugeschlagen, und heulend wie ein Tier, dem man die Beute weggenommen hat, brauste das schwarze Vehikel davon.
    Schweigend sah Ananke dem Wagen hinterher, bis er aus ihrem Blickfeld verschwand. Plötzlich schaute er gen Himmel, verdrehte die Augen und brach zusammen.
    Froh über die Gelegenheit, selbst Bodenberührung zu bekommen, kniete Kedalion neben dem Jungen nieder und hielt seinen Kopf.
    »Ist er verletzt?« fragte Reede, der mehr erstaunt als besorgt aussah.
    »Nein«, entgegnete Kedalion gereizt. »Gleich kommt er wieder zu sich. Und wie geht es dir?«
    Abwesend strich sich Reede mit der Hand über sein lädiertes Gesicht, wobei er nicht mit der Wimper zuckte. Dafür krümmte sich Kedalion zusammen. Mit gelindem Ekel betrachtete er seine geröteten Finger, als klebe lediglich Farbe an ihnen, und nicht sein eigenes Blut. Seelenruhig wischte er sich die Hände an der Hose ab. »Mir geht's gut.« Höhnisch lachend blickte er über den Platz in die Richtung, in der der Polizeiwagen verschwunden war. »Dämliche Typen«, murmelte er.
    »Du hast uns allen das Leben gerettet«, sagte Kedalion, wohl wissend, daß die Vertreter der Kirchenpolizei alles andere als Trottel waren. Überdies war ihm klar, daß es auf dem ganzen Planeten höchstens sechs Leute gab, die den Einfluß haben konnten, den Reede soeben demonstriert hatte. »Du brauchst das gar nicht herunterzuspielen«, fuhr er mit zittriger Stimme fort. Er faßte in eine der zahlreichen Taschen seines Rocks und stellte lest, daß die silberne Flasche heil geblieben war.
    Reede sah ihn an und hob die Schultern. »Tut mir leid«, sagte er ohne Überzeugung.
    »Verflucht!« schimpfte Kedalion und strengte sich an, die Flasche aus der Rocktasche zu ziehen. Er öffnete den Verschluß und trank gierig einen großen Schluck von der silbrigen Flüssigkeit. Beinahe zärtlich streichelte das Getränk seine Kehle, die Verkrampfung löste sich aus seinem Körper, und seine Lebensgeister kehrten zurück. »Bei den Göttern«, flüsterte er andächtig. »Das tut ja genauso gut wie Sex.«
    »Ich mag Männer, die wissen, worauf es ankommt«, spöttelte Reede.
    »Wenn du geglaubt hast, ich würde wegen der Aufregung heute nacht auf eine Kostprobe deines Geschenks verzichten, dann mußt du verrückt sein«, konterte Kedalion, dem es mittlerweile schnuppe war, ob Reede noch ganz bei Trost war oder nicht.
    »Wer bist du eigentlich?« fragte er, ohne mit einer Antwort zu rechnen.
    »Ich arbeite für Sab Emo Humbaba«, erwiderte Reede und stocherte in seinen Zähnen herum. »Aus diesem' Grund habe ich einen gewissen Einfluß bei der Polizei.«
    »Für Humbaba arbeiten viele Leute«, versetzte Kedalion. »Ich selbst war auch schon für ihn tätig. Aber damit kann ich bei der Polizei keinen Eindruck schinden.«
    Reede seufzte und setzte eine schmerzliche Miene auf. »Mein voller Name ist Reede Kulleva Kullervo. Ich bin sozusagen Humbabas Gehirn. Mir unterstehen seine Abteilungen für Forschung und Entwicklung. Falls mir etwas zustoßen sollte ...« Er hob vielsagend die Schultern.

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