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Tiamat-Zyklus 3 - Die Sommerkönigin 2 - Die Abkehr der Welt

Titel: Tiamat-Zyklus 3 - Die Sommerkönigin 2 - Die Abkehr der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joan D. Vinge
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Kullervo!« Die Stimme, die seinen Namen rief, schien aus sämtlichen finsteren Hauseingängen in der mitternächtlich stillen Allee zugleich zu schallen. In den Straßen Karbunkels wurde es niemals völlig dunkel, aber die Nacht ließ Schatten an Stellen wachsen, wo tagsüber keine überlebten.
    Jählings blieb Reede stehen und faßte nach seiner Waffe, als sich schemenhafte Gestalten aus den schwarzen Torbögen und Passagen lösten.
    »Verdammter Mist!« knurrte Niburu verblüfft und griff nach seiner Waffe, während Ananke hinter ihm herumwirbelte. Plötzlich waren sie von einem halben Dutzend Blauer umzingelt, mitten auf einer Allee, die im Handumdrehen wie leergefegt wirkte; die wenigen Passanten, die sich soeben noch dort aufgehalten hatten, waren wie vom Erdboden verschluckt.
    »Waffen fallenlassen!« ertönte jetzt eine Stimme hinter seinem Rücken; er sah, daß die Blauen ihre Stunner bereits gezückt und auf sie gerichtet hatten. Die heruntergeklappten Visiere ihrer Helme machten sie zu gesichtslosen, voneinander nicht unterscheidbaren Klonen. Reede ließ die Waffe fallen und entledigte sich danach betont langsam seiner anderen Kampfmittel; Niburu und Ananke folgten seinem Beispiel.
    »Vergiß das Messer in deinem Stiefel nicht!« mahnte eine leise Stimme, und er wußte, daß man sie elektronisch filzte. Er schmiß das Messer weg und hob die Hände. »Was wollt ihr von mir?« fragte er, mehr verblüfft als eingeschüchtert. Vigilantismus war keine Eigenschaft der Blauen. »Ich habe nichts verbrochen.«
Bei
den Göttern, ich habe meinen Schuß noch nicht gekriegt; ich brauche das Wasser des Todes. Angenommen, sie sperren mich ein ... wie lange kann ich wohl durchhalten . . .?
    »Verdammt, verdammt, verdammt ...«, flüsterte er unentwegt vor sich hin, wie wenn er ein Adhani rezitierte.
    »Du bist ein Fremder, fern von deiner Heimatwelt, Kullervo«, sagte jemand. »Ein anderer Fremder möchte sich mit dir über alte Zeiten unterhalten.«
    »Ohne mich«, lehnte er ab und wollte sich umdrehen. Doch etwas, das sich wie ein feuchter Mund anfühlte, streifte seinen Nacken, und tiefste Finsternis umfing ihn.
     
    Es schien ihm, als sei nur ein kurzer Augenblick vergangen, als er wieder zu sich kam, doch wahrscheinlich war ein viel längerer Zeitraum verstrichen. Vorsichtig setzte er sich hin; er befand sich auf einer ganz gewöhnlichen Couch in einem ordentlich aufgeräumten, nüchtern eingerichteten Wohnzimmer; es hätte beinahe seine eigene Behausung sein können. Er schüttelte den Kopf, um einen Traum loszuwerden, der gar nicht sein eigener zu sein schien, so fremdartig kam er ihm vor. Doch als er an sich hinunterschaute, erkannte er seine Bekleidung und seine Tätowierungen an den Armen, und er wußte, er hatte gar nicht geträumt, sondern nur die Wirklichkeit erlebt. Hoffnungslosigkeit und Fatalismus ergriffen von ihm Besitz.
    »Hallo, Kullervo-eshkrad«, sagte eine vertraute Stimme.
    Erschrocken drehte er sich um; am Türrahmen lehnte BZ Gundhalinu, der Oberste Richter von Tiamat. »Was machen Sie hier?« fragte Reede verdutzt.
    »Ich wohne hier«, antwortete Gundhalinu. Er trug eine lange Hose und einen weitgeschnittenen Morgenmantel; der vorn offenstand und seine bandagierte Brust sehen ließ. Sein Haar war verstrubbelt. Er sah aus wie jemand, den man gerade aus dem Bett geholt hatte; allem Anschein nach kam diese Begegnung für ihn genauso unverhofft wie für Kullervo selbst. Doch der Ausdruck auf Gundhalinus Gesicht verriet deutlich, daß er auf dieses Treffen schon geraume Zeitlang gewartet hatte.
    Reede beugte sich vor und legte die Hände auf seine Knie. »Wo sind meine beiden Männer?
    »Niburu und Ananke?« Gundhalinu deutete ein Lächeln an, wie wenn er die zwei in weitaus besserer Erinnerung hätte als ihren Boss. »Sie warten auf Sie«, sagte er lediglich. Doch indem er Reede anschaute, veränderte sich seine Miene. und dann lächelte er wirklich. »Es ist schön, Sie wiederzusehen«, sagte er in einem Ton, wie wenn ihn diese Feststellung selbst überraschte. Dann senkte er plötzlich den Blick.
    Während Reede ihn anstarrte, erinnerte er sich lebhaft an jede Einzelheit ihrer letzten Konfrontation am Feuersee. Immer mehr Erinnerungen wurden in ihm wach, Erinnerungen, die ihm viel echter, dafür um so beunruhigender erschienen. Er berührte flüchtig seine Lippen und ließ die Hand wieder sinken. Dann lehnte er sich auf der Couch zurück und versuchte sich zu entspannen. »Was wollen Sie von mir,

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