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Tiamat-Zyklus 3 - Die Sommerkönigin 2 - Die Abkehr der Welt

Titel: Tiamat-Zyklus 3 - Die Sommerkönigin 2 - Die Abkehr der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joan D. Vinge
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Kharemoughi zurück, der immer noch demonstrativ Abstand hielt; sein dunkles Gesicht wirkte verschlossen und mißtrauisch. Gemeinsam gingen sie die Straße hinunter.
    Jerusha sah ihnen hinterher, bevor sie sich wieder dem Grüppchen Tiamataner zuwandte. Ariele las Verärgerung und Tadel in ihrem Blick. Jerusha machte den Mund auf – doch dann besann sie sich anders, wie vorhin Gundhalinu, und behielt für sich, was sie eigentlich hatte aussprechen wollen. Statt dessen meinte sie: »Du siehst aus wie eine Nutte.«
    »Was ist eine Nutte?« fragte Ariele.
    »Eine Hure«, erklärte Jerusha nüchtern. »In dieser Aufmachung siehst du aus wie eine Hure.«
    Ariele zog die Stirn kraus und merkte, wie sie rot wurde. Vor der Ankunft der Außenweltler hatte sie diesen Ausdruck noch nie gehört. »Du aber auch«, erwiderte sie ruppig. Sie warf den Kopf hoch und gab ihren Freunden dadurch zu verstehen, daß sie ihr folgen soll- ten. Sie fühlte ihre streichelnden Hände, hörte, wie man sie beglückwünschte, wie man blöde kicherte und murmelte; in ihren Ohren klangen die Stimmen wie das sinnlose Geschrei der Seevögel, als sie losmarschierte und die Frau stehenließ, die einmal die loyalste Beschützerin ihrer Mutter gewesen war und vielleicht auch die ihre.
     
    Gundhalinu seufzte schwer und rieb sich das Gesicht, während er mit Vhanu den Weg fortsetzte. Dieser blickte ihn prüfend an und beobachtete dann die Schar von tiamatanischen Jugendlichen, die sie eben überholte, rüde Bemerkungen und schrille Pfiffe ausstoßend. Vhanu gab einen Laut des Abscheus von sich. »Verbrecher«, murmelte er auf Sandhi.
    Gundhalinu gab keine Antwort, sondern beobachtete die Teenager; sein Blick folgte einem weißblonden Haarschopf, der in der Gruppe auf und ab wippte, und er wartete darauf, ob Ariele Dawntreader sich nach ihm umschaute. »Entschuldigung, NR – was sagten Sie?« Er riß sich aus seinen Gedanken, als er merkte, daß Vhanu immer noch zu ihm sprach.
    Vhanu zeigte auf die Tiamataner, die in der Menschenmenge vor ihnen untertauchten. »Ich sagte, genauso hatte ich es kommen sehen. Sie lachen uns aus, dieses elende Pack!«
    »Auf Tiamatanisch, bitte, NR«, unterbrach Gundhalinu ihn abrupt. »Sprechen Sie Tiamatanisch, nicht Sandhi. Wir brauchen alle noch eine Menge Übung.«
    Vhanu sah ihn an und zügelte seine offensichtliche Ungeduld. »Wie Sie wünschen. Diese elenden kleinen ...« Er brach ab, weil ihm der passende Ausdruck in der Fremdsprache nicht einfiel. »Sie kleiden sich wie wir, und sie schneiden sich das Haar ab, aber deshalb sind sie noch lange nicht unseresgleichen. Sie benehmen sich immer noch wie ... wie ...
Dashtanu.«
In seiner Not verfiel er wieder in Sandhi.
Barbaren.
»Verflucht, PalaThion peitscht uns zusammen mit den neuen Rekruten durch diese Indoktrinations-Sitzungen. Bei allen Göttern, selbst Sie und ich haben uns die Bänder doch mindestens ein halbes Dutzend Mal reingezogen. Ich kenne den Inhalt Wort für Wort auswendig.«
    »Es macht einen guten Eindruck, wenn die Truppe sieht, daß wir das Material auch studieren«, sagte Gundhalinu in sachlichem Ton, wobei er sich resigniert fragte, wann Vhanu endlich anfangen würde, von den Informationen zu profitieren.
    »Aber es kommt doch nicht darauf an – und diesen Punkt scheint PalaThion überhaupt nicht zu verstehen –, daß wir lernen, wie die Tiamataner leben, sprechen und denken. Sie müssen sich
uns
anpassen. Solange ihnen das nicht gelingt, bleiben sie
Dashtanu
in modischer Kleidung, nicht wert, Bürger der Hegemonie zu sein und in den vollen Genuß dieser Privilegien zu kommen. Sehen Sie sich doch nur diese kleine
Yiskat
an, diese Schlampe, der wir gerade begegnet sind. Sie ist die Tochter der Königin und führt sich auf wie eine
Mekru.
Man sollte sie öffentlich auspeitschen lassen, das hätte mehr Wirkung als ...«
    »Vhanu!« Gundhalinu verbiß sich seinen aufwallenden Zorn, als sein Begleiter ihn verdutzt ansah. »Hauptsächlich kommt es darauf an, daß beide Seiten versuchen, sich gegenseitig zu verstehen. Das weiß Jerusha PalaThion nicht nur, sondern sie handelt auch danach. Deshalb wollte ich, daß sie zusammen mit Ihnen die Truppe ausbildet. Und wenn wir mehr Kooperation und weniger Pfiffe einheimsen wollen, müssen wir uns ebenfalls danach richten. Verstehen Sie, was ich meine?«
    Vhanu nickte steif. »Aber bei allen meinen Vorfahren«, sagte er mit scharfer Stimme, »Sie haben doch selbst gehört, was sie heute abend nach dem Treffen

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