Tiamat-Zyklus 3 - Die Sommerkönigin 2 - Die Abkehr der Welt
Fünf Jahre vor dem Wechsel kamen Sie hierher, nicht? Ich entsinne mich noch, Sie bei Hof gesehen zu haben, zusammen mit Kommandantin – Chefinspektorin –PalaThion, die damals noch im Range einer Inspektorin stand. Da fällt mir ein amüsanter Vorfall ein ...« Er brach ab, als Gundhalinus Miene sich verfinsterte. »Aber Ihre Begegnung mit Starbuck haben Sie sicher schon lange vergessen. Noch lebhafter ist mir dieser spektakuläre heroische Augenblick im Gedächtnis, als während des Großen Festes der junge Inspektor Gundhalinu in die Halle der Winde gestürmt kam, um zu verhindern, daß Arienrhod Mond Dawntreader in die Grube werfen ließ. Im Handstreich und ganz allein retteten Sie die Frau, die dann die neue Königin wurde.«
»Bei den Göttern«, murmelte Vhanu auf Sandhi und starrte Gundhalinu an, als sähe er ihn zum erstenmal. »Davon haben Sie mir noch nie etwas erzählt, BZ.«
»Er übertreibt«, erwiderte Gundhalinu abrupt, wobei auch er Sandhi sprach. »Mond Dawntreader hat sich selbst gerettet.« Er wechselte wieder auf Tiamatanisch über. »Haben Sie etwa vergessen, wie sie den Wind bezähmte, während Sie zusammen mit dem Pöbel in der Halle der Winde standen?«
»Keineswegs«, entgegnete Wayaways und schüttelte den Kopf. »Es war unglaublich. Wie macht sie das nur, hat Sie es Ihnen erzählt? – Aber Sie sind viel zu bescheiden, Richter. Wenn Sie Ihre Autorität als Polizist nicht ins Feld geführt hätten, wäre Mond Dawntreader vom Mob in die Grube gestürzt worden.«
»Vater aller meiner Vorfahren«, sagte Vhanu. »Wieso wollte die Schneekönigin Mond Dawntreader überhaupt töten? Arienrhod konnte doch gar nicht wissen, daß sie die Sommerkönigin werden würde.«
»Nun ja, Mond war ...« Wayaways zögerte und sah Gundhalinu plötzlich mit einem durchdringenden Blick an – »... eine Sibylle. Sie wissen ja, Kommandant, mit welchen abergläubischen und dummen Vorurteilen wir die Sibyllen behandelten, ehe die Sommerkönigin uns aufklärte.« Er lachte, und Gundhalinu kniff die Lippen zusammen. »Aber es steckte noch mehr dahinter ... Zum Beispiel war da noch die Geschichte mit Funke Dawntreader, mit dem Mond versprochen war. Die Königin hielt ihn sich als Liebhaber, und Mond wollte ihn zurückerobern. Eifersucht hat der Historie schon immer neue, zufällige Impulse gegeben, wissen Sie ... Aber Ihnen brauche ich das wohl nicht zu erklären, wenn man bedenkt, in welchen Positionen Sie sich selbst befinden. Listig flitzte sein Blick zwischen Vhanu und Gundhalinu hin und her. »Kein Wunder, daß die Königin Sie so gern mag, Richter. Schon damals muß sie Ihnen ja viel bedeutet haben, wenn Sie bereit waren, Ihr Leben für sie zu riskieren.«
»Ich tat nur meine Pflicht als vereidigter Polizist«, sagte Gundhalinu stirnrunzelnd. »Mehr nicht.«
»Aber nach so langer Zeit kehrten Sie nach Tiamat zurück, und Sie wußten, daß sie Königin ist. Und mit welchem Eifer Sie ihre Politik unterstützen ...«
»Was damals passiert ist, hat keinerlei Einfluß auf die Gegenwart.«
»Wie lernten Sie Mond Dawntreader eigentlich kennen, BZ?« fragte Vhanu, einen kleinen Skandal witternd.
»Ach was, das hat er Ihnen nie erzählt?« rief Wayaways in gespielter Überraschung.
»Es ist eine lange, und in keiner Weise interessante Geschichte«, versetzte Gundhalinu schroff.
»Aber nicht die Version, die ich kenne«, widersprach Wayaways. »Sie handelt von Techschmugglern und nomadisierenden Räuberbanden im Landesinnern; Sie und Mond waren im Outback verschollen ...«
»Wir sind da.« Gundhalinu blieb stehen und schnitt Wayaways brüsk das Wort ab. Er blickte auf das neu angebrachte Schild über dem alten Eingangsportal, das die wiedereröffnete Survey-Halle kennzeichnete. Dann wandte er sich an Wayaways und betrachtete ihn mit einem kalten, warnenden Blick. »Ein anderes Mal«, sagte er und legte Vhanu die Hand auf die Schulter.
Wayaways nickte und zuckte die Achseln. »Bis später«, erwiderte er und trat einen Schritt zurück. »Ich wünsche Ihnen einen angenehmen Abend. Für Fremde wie Sie, die sich fern von Ihrer Heimatwelt befinden, muß die Survey Halle eine Oase der Ruhe und des Friedens sein.« Zum Abschied hob er die Hand drehte sich um und verschwand in der Menge.
Gundhalinu starrte dem Tiamataner hinterher; innerlich bebend, schwankte er zwischen dem Wunsch, Wayaways nachzulaufen und der Erleichterung, ihn endlich loszusein. Schließlich sah er Vhanu an.
»Ob das eine zufällige Bemerkung
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