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Tiamat-Zyklus 3 - Die Sommerkönigin 2 - Die Abkehr der Welt

Titel: Tiamat-Zyklus 3 - Die Sommerkönigin 2 - Die Abkehr der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joan D. Vinge
Vom Netzwerk:
ein künstlich konstruiertes Wesen, eine Datenbank ... Vanamoinens Reinkarnation, wenn man so will. Ich benutze Reede Kullervo, um das zu tun, was unverzüglich getan werden muß. Das Netzwerk, das ich miterschaffen habe, holte mich zurück, weil es versagt. Die Mers sind ein Bestandteil des Systems, sie müssen mit dem Sibyllennetz in Wechselwirkung treten und für seine Instandhaltung sorgen; es handelt sich um ein technogenetisches System mit zwei radikal verschiedenen Komponenten.«
    Er brach ab, weil er ihnen ansah, daß sie ihm nicht folgen konnten. Einen neuen Anlauf nehmend suchte er nach verständlicheren Ausdrücken. »Die Gesänge der Mers enthalten Informationen, die die Smartmatter des Computers benötigt; bestimmte Chemikalien, die während des Paarungszyklus der Mers freigesetzt werden, lösen Kontrollsequenzen aus, die Fehler im Computerprogramm beseitigen und etwaige Abweichungen in den logischen Funktionen korrigieren.
    »Während der – Paarung?« staunte Tammis. »Ich dachte, sie paaren sich im Meer.«
    »Es ist ein Prozeß, der in zwei Phasen verläuft.« Reede zuckte die Achseln. Es begann damit, daß sich sämtliche Mers innerhalb des Computers versammelten; ihre Vereinigung mit dem Zentrum des Sibyllennetzes steuerte ihren biologischen Rhythmus, so daß sie bei der Paarung auch empfangen konnten. Er hatte es so eingerichtet, um ihre Anzahl stabil zu halten; und es sollte ihnen Freude bereiten, damit sie gern zurückkämen, zu ihrem eigenen Vergnügen und zum Nutzen der Sibyllenmaschinerie.
    Er lächelte halb ironisch, halb schmerzlich. »Wir dachten, wir hätten alles perfekt geplant. Wir rechneten nicht damit, daß die Menschen, denen das Sibyllennetz ja dienen sollte, die Mers töten würden ... Wir machten uns gar keine Gedanken darüber, welche Kräfte auf ein so langlebiges, altes System einwirken könnten.« Sein Lächeln wurde um eine Spur zynischer. »Versucht
ihr
mal, ein fehlerfrei funktionierendes System mit übermenschlicher Intelligenz zu erfinden, das ewigen Bestand haben soll ...« Er lachte einmal kurz auf. »Wir haben einen Fehler gemacht; schließlich waren wir auch nur Menschen ...«
    Mond und Tammis starrten ihn staunend und fasziniert an. Als er ihre Blicke erwiderte, spürte er eine unverhoffte Anwandlung von Zärtlichkeit; diese beiden waren die Nachkommen, die Erben, die Menschen, für die er das alles geschaffen hatte. Er sah ihre Kleeblattmedaillons, dasselbe Symbol, das auch er einst getragen hatte; in ihrem Blut befand sich dasselbe Technovirus, mit dem er sich als erster geimpft hatte. Er hatte die Initiationsstätten errichtet, an denen Menschen wie sie erwählt wurden, er hatte darauf gebaut, daß Menschen wie diese hingehen und sich weihen lassen würden; und nach über zweitausend Jahren erfüllten sich immer
    noch seine Pläne, selbst wenn so vieles schiefgelaufen war.
    Er lächelte, obwohl Reede Kullervos Körper zappelte und unruhig hin und her rutschte. Mit dem Ärmel wischte er sich den Schweiß vom Gesicht, und plötzlich wünschte er sich, er hätte auf das Getränk verzichtet, das sie ihm gegeben hatten. Beim bloßen Gedanke an essen und trinken drehte sich ihm der Magen um. Er schluckte krampfhaft und geriet langsam in Panik, ohne zu wissen, wer sich fürchtete, wer er überhaupt war ...
    »Was?« sagte er, als . zu ihm durchdrang, daß die Königin ihn etwas gefragt hatte.
    »Kann ich ... kann ich Ihnen irgendwie helfen?« wiederholte sie.
    Er schüttelte den Kopf und streckte seine verkrampften Finger. »Hören Sie mir nur zu; viel Zeit bleibt uns nicht mehr. Wissen Sie, wieso es in der Stadt plötzlich dunkel wurde?«
    »Nein«, sagte die Königin und blickte ihn scharf an. »Wissen Sie es denn?«
    »Ja.« Er spähte hinaus auf den Himmel und dessen Spiegelbild im Meer. Flüchtig erinnerte er sich an eine andere Dunkelheit, in der es nur einen Hauch von Licht gab, so schwach, daß er es sich auch einbilden konnte; dieser matte Funke machte die Finsternis nur um so schrecklicher. »Weil jetzt der exakte Zeitpunkt gekommen ist, an dem Änderungen möglich sind. Die Turbinen, die Karbunkel und den Sibyllen-Nexus mit Energie versorgen, hören einmal in jedem Hohen Jahr auf zu arbeiten, wenn die Mers in die Stadt strömen. Zu jeder anderen Zeit verhindern die Turbinen einen Zugang zum Computer. Jeder, der versuchen würde, sich an ihnen vorbeizumogeln, müßte sterben. Nur an diesen drei Tagen ist der Weg passierbar, damit die Mers den Ort erreichen

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