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Tiamat-Zyklus 3 - Die Sommerkönigin 2 - Die Abkehr der Welt

Titel: Tiamat-Zyklus 3 - Die Sommerkönigin 2 - Die Abkehr der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joan D. Vinge
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ihren Sohn und ihren Gemahl von den Toten auferstehen zu lassen.
    Mond schaute zu Boden.
    »Herrin ...«, flüsterte Reede. »Ist es wirklich wahr ...?« Er streckte ihr die Hand entgegen.
    »Ja.« Sie ballte die Fäuste, als die Seite ihres Ichs, die trauerte, sich sträubte, seine Hand zu nehmen. Doch sie überwand sich und umschloß mit ihren Fingern sachte seine geschwollene Hand. Sie hielt seinen Arm ruhig, während Merovy tief Luft holte und das Blutserum in eine vom Gift verfärbte Vene injizierte.
    Reede erstarrte und gab einen Laut von sich, der sie erschauern ließ. Als Merovy die Nadel herauszog, murmelte er etwas in einer Sprache, die sie nicht kannte. Danach erschlaffte sein Körper und seine Hand rutschte aus ihrem Griff.
    Mond sah, wie Merovy nach dem Puls suchte. »Er lebt noch, Ama ...«, murmelte Merovy. Sie stieß ein kurzes, zwitscherndes Lachen aus, teils erleichtert, teils betroffen von der bitteren Ironie.
    Mond nahm Reedes schlaff herabbaumelnden Arm und legte ihn vorsichtig aufs Bett. Sie wandte sich ab, doch als die Reaktion bei ihr einsetzte, fing sie plötzlich an zu taumeln. Sie tat einen Schritt nach vorn und wurde von Jerusha aufgefangen, als sie stürzte; das war das letzte, woran sie sich erinnern konnte.
     

BIG BLUE
Syllagong. Strafkolonie # 7
    D u siehst ja sehr fröhlich aus«, meinte der Polizistenkiller, als Gundhalinu aus seinem knarrenden Verschlag hervorgekrochen kam, das Bündel mit der Ausrüstung hinter sich herschleifend.
    Mühsam, mit steifen Gelenken, richtete Gundhalinu sich auf; er wappnete sich gegen den peitschenden Wind und schützte die Augen vor den Asche- und Schlackewolken; der grelle Glast der untergehenden Sonne blendete ihn.
    Aber während dieser Arbeitsschicht bemerkte er kaum die beißend kalte Luft und die schmerzenden Gesteinspartikel auf seiner Haut. Er konnte gar nicht mehr aufhören zu lächeln. »Heute nacht hatte ich einen schönen Traum«, erklärte er. In Gedanken war für ihn die Zeit, während der er schlief, immer noch die »Nacht«, obwohl auf dieser Welt in Wirklichkeit Tag herrschte, Tagsüber versteckte sich die Sonne meistens hinter Big Blue, und es war pechfinster und bitterkalt. Sie arbeiteten nachts, im ewigen Zwielicht, das vom Planeten reflektiert wurde. Echtes Tageslicht sahen sie nur wenige Minuten lang, wenn die Sonne auf- oder unterging. Nun spähte er in die Sonne, während eine Vision aus goldenem Licht ihn umhüllte, und ihre Stimme flüsterte:
Schlaf weiter, mein Liebster .. . es dauert nicht mehr lange... nicht mehr lange...
»Es war ein guter Traum«, murmelte er.
    »Muß wirklich ein toller Traum gewesen sein«, knurrte der Polizistenkiller und kratzte sich den Bart. Im Laufe der Zeit hatte sich Gundhalinu so an die nuschelnde Sprechweise des Mannes gewöhnt, daß er ihn nun nahezu mühelos verstand. »Andernfalls hast du den Verstand verloren, Verräter. Nur ein Irrer grinst, wenn hier die Schicht beginnt ...« Er zuckte die Achseln. »Ein guter Traum ist vielleicht ein gutes Omen. Möglicherweise stoßen wir heute auf eine frische Ernte.«
    Seufzend zerrte Gundhalinu an seinem Bündel. »Eine schöne Vorstellung«, sagte er und stopfte sich eine Keksration in den Mund. Normalerweise stand er als erster auf und hielt sich bereit, ehe die anderen kamen. Er wollte den cholerischen Polizistentöter nicht reizen und sich beim Piraten nicht unbeliebt machen. Doch heute hatte er verschlafen, durchwärmt und getröstet von der halluzinogenen Realität seines Traums; zum erstenmal hatte er den Anbruch der Arbeitsschicht nicht herbeigesehnt, der ihn aus den endlosen kalten Stunden erlöste, die seine Freizeit sein sollten.
    Unter den gleichgültigen Blicken des Polizistenkillers kaute und schluckte er seine Kekse. Dem Geschmack und der Konsistenz nach hätte es genausogut gepreßtes Sägemehl sein können, doch das Zeug hielt ihn am Leben, und deshalb mußte es nahrhaft sein. Mit einem Schluck Wasser aus seiner Feldflasche spülte er es hinunter. Meistens fühlte er sich nach dem Essen noch hungriger, ebenso wie er sich nach seinem Traum noch leerer vorkam. »Wir können gehen.«
    Der Polizistenkiller packte das Seil ihres Schlittens und zog daran, während Gundhalinu von hinten schob. Die Kufen gaben ein hohes Wimmern von sich, wie wenn sie protestierten, und dann marschierten sie durch das Camp in eine leblose Ebene. Als sie an der Bude des Piraten vorbeikamen, sah Gundhalinu die tote Pflanze neben der Tür, ein verdorrter

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