Tiamat-Zyklus 3 - Die Sommerkönigin 2 - Die Abkehr der Welt
würden, falls die Königin sich weiterhin weigert, das Wasser des Lebens gegen hochwertige Handelsgüter einzutauschen ... vorausgesetzt, der Wechsel findet auf traditionellem Wege statt. Was unseren Zielen natürlich wunderbar entgegenkommt.«
»Was bedeutet das, ›auf traditionellem Wege‹?« Funke beugte sich vor.
»Daß die Königin im Meer ertränkt wird, was denn sonst«, erwiderte Kirard Set.
Fassungslos starrte Funke ihn an; seltsamerweise war er sich mit einem Teil seines Bewußtseins darüber im klaren, wie absurd er aussehen mußte. »Du mutterloser Bastard! Du sitzt hier und sagst mir ins Gesicht, daß du planst, meine Frau beim Fest opfern zu lassen, wie wenn es darum ginge, deinen Schneider zu wechseln? Hast du vor, auch mich zu ertränken, wie Arienrhod es damals beabsichtigte?« – Er stemmte sich halb aus dem Sessel hoch.
»Bei den Göttern.« Kirard Set hob beschwichtigend die Hände. »Nach so vielen Jahren bist du immer noch ein Heißsporn. Setz dich wieder hin, Funke, und laß mich erklären.«
»Es besteht keine echte Gefahr, daß die Königin geopfert wird ... oder du, Dawntreader«, mischte sich die Quelle mit kalter Stimme ein. »Das ist nicht der Sinn der Übung. Wenn du jemals in unsere Kreise aufsteigen willst, mußt du lernen, nicht jedes Wort für bare Münze zu nehmen. Du wirst nie deine Möglichkeiten und Chancen erkennen, wenn du so naiv bist, alles zu glauben, was du siehst oder hörst.«
Funke lehnte sich in seinen Sessel zurück und bracht es irgendwie fertig, sich seinen Zorn nicht anmerken zu lassen. »Verzeihung«, murmelte er. »Dann kläre mi bitte auf.«
»Es geht um die Königin, das ist richtig; aber in erst Linie geht es um deinen Rivalen, BZ Gundhalinu. E liebt deine Frau – und nur er hat die Macht, sich über ihre Befehle hinwegzusetzen und das Wasser des Lebens zum Handel freizugeben. Wir wollen ihn vor die Wahl stellen, was ihm wichtiger ist – das Leben der Mers, oder das Leben der Königin. Egal, wie er sich entscheidet, es wird ihm viel Ärger und Kummer bescheren ... Wenn er darüber zu befinden hat, wer geopfert werden soll – die Königin oder die Mers, was glaubst du, wie seine Entscheidung ausfallen wird?«
Funke schwieg eine geraume Weile. »Wahrscheinlich läßt er eher die Mers sterben ... Aber genau das verlangt doch die Goldene Mitte von ihm; denn dann kontrolliert sie die Verteilung des Wassers des Lebens, und nicht die Bruderschaft. Welchen Vorteil hätten wir davon?«
»Während der kurzen Zeit, bis wir unsere eigene Vorräte haben, gelangen wir einfach in den Genuß dieses Elixiers. Solange das Wasser des Lebens hergestellt wird, bekommen wir immer unseren Anteil, dafür ist gesorgt. Auf längere Sicht gesehen hat es viele Vorteile, wenn wir dem Obersten Richter diesen Konflikt aufzwingen, aber jemand wie du ist gar nicht imstande, alle zu erkennen. Du, als getreues Mitglied der Bruderschaft, wirst dich vorerst mit der Auskunft zufriedengeben müssen, daß dir selbst kein Schaden zugefügt wird; der Mann hingegen, der versucht, dir deine Frau zu stehlen, wird schwer zu leiden haben.«
»Er will dir nicht nur deine Frau wegnehmen, sondern auch deine Kinder«, murmelte Kirard Set und ho eine Augenbraue. »Wie verkraften Ariele und Tammis eigentlich das ganze Hin und Her?«
Funke maß ihn mit einem kalten Blick. »Ich sagte dir schon einmal, ich habe keine Kinder. Wahrscheinlich weißt du besser, wie es ihnen geht, als ich.«
Kirard Set zog eine Grimasse, wie wenn er sich entschuldigen wollte. »Nun, ich glaube, zur Zeit kennt Kullervo sich mit Arieles intimsten Gefühlen wohl am beiden aus. Was meinst du dazu, Kullervo?«
Funke wandte sich Kullervo zu; es krampfte ihm das Herz zusammen, wenn er sich seine Tochter –
nicht meine Tochter, sondern ... –
seine Tochter vorstellte, wie ‚die sich von diesem morbiden Typen besteigen ließ.
Kullervo erstarrte und hörte auf, an seinen Fingerknöcheln zu nagen. Er faltete die Hände und legte sie auf den Tisch. Funke sah die Abdrücke seiner Zähne in der Haut. »Hattest du schon mal Darmparasiten, Wayaways?« fragte er, seine Hände betrachtend.
»Nein«, antwortete Kirard Set verdutzt.
»Schade«, meinte Kullervo.
»Ja ...«, murmelte die Quelle, »erzähl uns ein bißchen über deine Beziehung zu Ariele, Reede. Seit einiger Zeit bist du fast jede Nacht mit ihr zusammen. Seit Mundilfoere ist sie die erste ...« Er legte eine Kunstpause ein, und Funke sah, wie Kullervo den Atem
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