Tiamat-Zyklus 3 - Die Sommerkönigin 2 - Die Abkehr der Welt
leichtherzigen Ton a »Die Regierung der Außenweltler hat mich davon Kenntnis gesetzt, daß bereits in wenigen Monaten d Premierminister und die Hegemonische Gesellschaft Tiamat ihren schon traditionellen Besuch abstatte werden.«
»In wenigen Monaten?« staunte Fate. »Ist das nicht ein bißchen früh? Sonst kamen sie doch alle ... zweiundzwanzig Jahre, nicht wahr?«
»Vergiß nicht; ohne den Stardrive hätten sie mit ihrem Besuch noch hundert Jahre warten müssen.« Mon lächelte. »Sie freuen sich so darüber, uns als neues Juwel in ihrer Krone zu haben, daß sie mit ihrer eigenen Tradition brechen und uns außerplanmäßig besuchen.« Ihre Stimme und ihr Lächeln wurden ironisch.
»Tatsächlich?« wunderte sich Fate.
»So lautet ihre Begründung«, erwiderte Mond. »Was sie in Wahrheit denken, ist eine andere Sache. Aber die Außenweltler hätten gern, daß wir bei der Ankunft unser traditionelles Fest ausrichten, um ›die neue Vereinigung unserer Kulturen‹, wie sie es nennen, zu feiern. Ich habe zugesagt – warum auch nicht?« Sie merkte, wie sich etwas in ihr regte, es war wie ein neues Erwachen, ein Hauch von Frühling. »Wir sollten Veränderungen freudig begrüßen, wie wir es auf unsere Weise immer getan haben; denn wir werden uns dem Wechsel anpassen müssen, ob wir wollen oder nicht. Das ist ja auch die Bedeutung des Festivals, seit jeher hat es symbolisiert, daß wir eine Veränderung als etwas Schönes und Begrüßenswertes auffassen, das gefeiert werden muß, damit man diesen Augenblick nicht vergißt.«
»Wird es auch eine Nacht der Masken geben?« fragte Fate, indem sie sich vorbeugte.
»Selbstverständlich.« Mond berührte ihre Hand und dachte an die Maske der Sommerkönigin. »Wir müssen unser altes Leben in einem angemessenen Ritual abwerfen, weil uns das neue Leben bereits geschenkt wurde.«
»Aber es dauert Jahre – Jahrzehnte –, um genügend Masken für alle herzustellen. Früher haben ganze Familien von Maskenmachern von einem Festival zum nächsten gearbeitet, damit die Masken fertig wurden ...« Mond sah Fate die Enttäuschung am Gesicht an; dieses Mal würde sie keine Maske mehr anfertigen.
»Heutzutage gibt es Fabriken«, sagte Mond und drückte Fates Hand. »Sie übernehmen die Serienarbeit. Dieses Mal sind die Masken keine Kunstwerke mehr, aber sie werden fertig sein. Und auf das nächste Fest können wir uns besser vorbereiten. Tor hat mir einen Mann namens Coldwater empfohlen; sie meint, er würde die Masken für uns herstellen, und sein Betrieb sei nach einigen geringfügigen Umstellungen gut dafür ausgerüstet. Sie glaubt auch, daß wir auf diese Weise eine Menge von dem Schund verwerten können, mit dem die Außenweltler uns so reichlich beschenken.« Sie pellte die Plastikfolie von ihrer Fleischpastete. »Den Müll kann man wieder in Rohstoffe umwandeln und daraus die Formen für die Masken pressen. Tor dachte sich, wenn du Lust hast, dann könntest du vielleicht Coldwater in Angelegenheiten wie Muster und Verzierung beraten ...«
Fates Miene hellte sich auf, während sie Mond zuhörte und sich überlegte, welche Vorteile der Wechsel wohl brächte. »Ja ... ja, das könnte ich sicher tun. Ich ...«
Es klopfte an der Tür; alle drei erschraken. »Heu reißen die Überraschungen nicht ab«, meinte Fate.
Clavally wollte aufstehen; Mond winkte ab und ging selbst zur Tür. Die Verwunderung der beiden Frauen blieb unausgesprochen, war aber spürbar. Unschlüssig griff Mond nach dem Türknauf; aus irgendeinem Grund rechnete sie damit, daß Funke hergekommen war, um Fate zu besuchen, um ihr all die Dinge anzuvertrauen über die er mit seiner Frau nicht mehr sprach. Plötzlich brannte sie darauf, ihm zu erzählen, daß ein neuerlich Wechsel kurz bevorstand, daß sie eine zweite Chance bekämen, ihr altes Leben wegzuwerfen und ein neue zu beginnen ... Sie öffnete die Tür.
Nach Luft schnappend, starrte sie auf ein Gesicht, das sie am wenigsten erwartet hätte. »BZ«, flüsterte sie. Sie sah, daß er genauso überrascht war wie sie.
»Mond?« Prüfend musterte er die Hausfassade, spähte an ihr vorbei ins Innere des Hauses, und zum Schluß schaute er ihr wieder ins Gesicht. »Wohnt hier eine Fate Ravenglass?«
Sie nickte und trat zur Seite, während sie die untere Türhälfte öffnete, um ihn hereinzulassen. Er war allein, ohne Leibwächter, und nicht in Uniform. Statt dessen trug er eine weitärmelige Tunika und lange Hosen, einen dunklen Mantel und einen Hut mit
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