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Tiamat-Zyklus 3 - Die Sommerkönigin 2 - Die Abkehr der Welt

Titel: Tiamat-Zyklus 3 - Die Sommerkönigin 2 - Die Abkehr der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joan D. Vinge
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breiter Krempe; es war die Alltagstracht eines Geschäftsmanns oder Händlers von Kharemough. Auf der Straße hätte sie ihn keines zweiten Blicks gewürdigt. Er hingegen staunte über ihre traditionelle Kleidung, die sie bevorzugte, sofern politische und zeremonielle Anlässe sie nicht zwangen, ihre Garderobe den Erwartungen anderer anzupassen.
    Er trat ins Zimmer und blinzelte, um seine Augen an das Dämmerlicht zu gewöhnen. Als er endlich den Blick von Mond abwenden konnte, bemerkte er Clavally und
    »Richter Gundhalinu«, stellte Fate mit ruhiger Stimme fest.
    Er deutete ein Lächeln an. »Sie haben mich an meinem Gang erkannt.«
    »Sie tragen keine Uniform, und sie haben anderes Schuhwerk an«, sagte sie. »Aber ich erkenne Sie trotzdem. Willkommen. Was führt Sie zu mir?«
    »Ich habe Ihnen etwas mitgebracht, Fate Ravenglass.« Er ging weiter ins Zimmer hinein, und Mond folgte ihm, wobei sie auf die Katzen achtete. Schweigend sah sie zu, wie er etwas aus seinem Mantel zog und es auf die leimverschmierte Tischplatte legte. Nachdem er den Behälter geöffnet hatte, holte er sehr vorsichtig etwas heraus – ein glitzerndes, grobmaschiges Netz, das den Kopfsets ähnelte, die viele Außenweltler benutzten. Doch ein Gebilde wie dieses hatte Mond noch bei keinem gesehen.
    »Hier ...« BZ legte das Netz auf Fates Stirn und streifte ihr unendlich behutsam die Schlingen über. Fasziniert beobachtete Mond, wie die sich ausbreitenden Fäden lebendig zu werden schienen und sich wie von selbst Fates Kopfform anpaßten.
    Fate, die -die ganze Zeit über regungslos dagesessen hatte, stieß plötzlich einen leisen Schrei aus und schien zu erstarren; sie hob eine Hand, aber nicht um das Netz abzustreifen oder um es zu berühren. Sie griff nach Gundhalinu; langsam erhob sie sich von ihrem Stuhl, während er sie an die Hand nahm und sie führte, bis sie dicht vor ihm stand und ihm ins Gesicht schaute. Ihre Augen füllten sich mit einem Ausdruck des Staunens. »Richter Gundhalinu«, murmelte sie. »Ich kann Sie sehen!« Sie hob die Hand an sein Gesicht und streichelte seine Wange, wie wenn sie sich vergewissern müßte, daß sie nicht träumte.
    »Gut«, sagte er leise auf Tiamatanisch, das er fast akzentfrei sprach. »Das ist gut ... so soll es auch sein.« Er lächelte.
    Fate wandte sich von ihm ab; sie bewegte sich unsicher, weil sie die plötzlichen visuellen Eindrücke erst mit ihren anderen Sinneswahrnehmungen koordinieren mußte. Sie richtete den Blick auf Mond und sah sie geraume Zeit an. Obwohl ihre Augen immer noch verschlossenen Fenstern glichen, merkte man an ihrem Gesichtsausdruck, daß sie sehen konnte. Fates zögerndes Lächeln wurde strahlender, als sie endlich glauben konnte, was ihr widerfahren war. »Herrin ... Mond Ich erinnere mich an dich«, murmelte sie. »O ja, mein Liebe ... Ich weiß noch genau, wie du an meine Tür kamst, wie ein verirrtes Kind. Ich erinnere mich an de Augenblick, als ich dir die Maske der Sommerkönigin aufsetzte.« Beinahe zärtlich streichelte sie Monds Wan ge; dann ging sie zu Clavally, die sie noch nie zuvor ge sehen hatte. »Du bist genauso, wie ich dich mir immer vorgestellt habe, Clavally Bluestone«, stellte sie zufrieden fest. Clavally nahm ihre Hand und drückte sie.
    Danach wandte sich Fate wieder Gundhalinu zu; dieses Mal hob sie die Hand und berührte die glänzende Fäden, die sich um ihren Kopf schmiegten. »Mit diese Sensor sehe ich viel besser als mit dem alten, den ich vor dem Letzten Abflug besaß. Selbst in meinen Träumen habe ich nie so klar gesehen ...« Ihre Hände zitterten leicht.
    »Das ist das beste Sensorsystem, das man ohne ein chirurgischen Eingriff bekommen kann.«
    »Ich danke Ihnen«, murmelte Fate. Ihre ruhelos Augen forschten in seinem Gesicht. »Ich hatte es schon ganz vergessen.«
    »Mein Versprechen?« fragte er. »Aber ich nicht. Leider hat es eine Weile gedauert, bis die Bürokratie diesen Sonderwunsch genehmigt hat.«
    »Richter Gundhalinu«, sagte Clavally und sprach die Frage aus, die auch Mond bewegte. »Warum haben Sie das getan?«
    Er sah sie an, wie wenn er sich wunderte, daß jemand diese Frage überhaupt stellen konnte. Dann schaute er wieder zu Fate hin, die überglücklich das ganze Zimmer inspizierte. »Um ein altes Unrecht wiedergutzumachen.«
    »Sprechen Sie vom Letzten Abflug?« fragte Mond; sie dachte an die vielen Dinge, die die Hegemonie beim Abschied mutwillig zerstört hatte, wie Fates Sehfähigkeit.
    »Ach, ihr Schönen!«

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