Tiamat-Zyklus 3 - Die Sommerkönigin 2 - Die Abkehr der Welt
unser Problem mit der Beschaffung des Wassers des Lebens gelöst.« Rings um den Tisch wurde gelacht und beifällig gemurmelt.
»Engstirnige Ansichten und Drohungen gegen ein einheimisches Staatsoberhaupt sind für mich kein Thema für Witze«, schnauzte Gundhalinu. Vhanu, der neben ihm saß, hob die Brauen.
Sandrine runzelte die Stirn und machte keinen Hehl aus seiner Verärgerung. »Ich wußte nicht, daß ich einen Witz gemacht hatte.«
»Wenn es kein Witz sein sollte, dann war es Verrat«, entgegnete Gundhalinu. »Ich habe ausdrücklich befohlen, daß die Polizeikräfte die Tiamataner mit Respekt zu behandeln haben. Diese Order gilt auch für Vertreter der Regierung.«
»BZ«, murmelte Vhanu auf Sandhi und drückte leicht seinen Arm. »Hier sind wir doch unter uns. Wir alle sind Techniker und verstehen einander. Eine Situation wie diese wäre auch unter den günstigsten Umständen nur schwer zu meistern, und die Umstände sind alles andere als rosig. Bitte, erlauben Sie uns, daß wir uns ein bißchen gehenlassen.«
Gundhalinu holte tief Luft. »Vielleicht haben Sie recht«, antwortete er leise auf Sandhi und merkte, wie fremd ihm seine Muttersprache geworden war; er hatte sogar angefangen, auf Tiamatanisch zu denken.
»Seit Sie hierhergekommen sind, haben Sie unsere Rechte als Volk eloquent verteidigt, Richter Gundhalinu«, sagte Wayaways. »Dafür sind Ihnen die Tiamataner sehr dankbar.« Er hob die Hände in einer Art Achselzucken. »Wieso sind Sie plötzlich gegen eine Tradition wie den Wechsel, den es bei uns schon lange vor dem Hegemonischen Zyklus des Abzugs und der Rückkehr gegeben hat?«
»Eben weil dieser Brauch so uralt ist, will ich ihn ab schaffen«, erklärte Gundhalinu, der sich wieder in der Gewalt hatte. »Jetzt herrscht hier eine neue Ordnung und die Gesetzmäßigkeit des Wechsels ist damit hinfällig geworden. Er hat keine sinnvolle Funktion mehr sondern wäre ein Akt reiner Barbarei. Die meisten Neuerungen, die eure Königin während unserer Abwesenheit eingeführt hat, finden meine Billigung, weil sie gut sind, und weil sie der Beziehung entsprechen, die ich zwischen unseren beiden Völkern aufbauen will jetzt, da der Kontakt von Dauer ist. Menschenopfer passen nicht mehr in diese Welt.«
»Aber sie sind Bestandteil unserer Religion.« Wayaways deutete auf die Daten, die der Bildschirm zeigte und seine Stimme nahm einen empörten Klang an. Seine kalten, wissenden Blicke verhöhnten Gundhalinu »Mit diesem Argument verteidigten Sie doch die Haltung der Königin bezüglich der Mers, erinnern Sie si noch? Sollten Sie die Entscheidung darüber, ob die alte Rituale noch eine Bedeutung haben, nicht lieber uns überlassen? Oder haben Sie vielleicht ein persönliche Interesse am Wohlergehen der Sommerkönigin, weil Sie so entschieden alles ablehnen, was ihr gefährlich werden könnte?«
Gundhalinu merkte, daß Vhanu ihn überrascht an sah; er hörte auch, wie die anderen Konferenzteilnehmer miteinander tuschelten.
»Ich habe die Gründe genannt, weshalb ich gegen ei ne weitere Ausübung dieses Brauchs bin; näher brauche ich sie nicht zu erklären«, versetzte er kurzangebunden.
»Aber die Tatsache bleibt bestehen, Richter«, mischte sich Vhanu ein, »daß die Beseitigung der Sommerkönigin unseren Interessen sehr entgegenkäme. Sie ist eigensinnig und fanatisch; sie regiert auf Lebenszeit, und in absehbarer Zeit wird sie nicht eines natürlichen Todes sterben. Ich finde, wir sollten diese Möglichkeit, die Königin loszuwerden, ernsthaft in Betracht ziehen.«
Gundhalinu warf ihm einen raschen Blick zu und schaute gleich wieder weg; er hatte Angst, sich durch seine Miene zu verraten.
»Der Premierminister und die Hegemonische Gesellschaft werden uns die Hölle heißmachen, wenn sie ankommen, und kein Wasser des Lebens vorfinden«, meinte Borskad, der Minister für Handel.
»Dann gibt es kein Festival, sondern einen Aufstand«, prophezeite Wayaways. »Wenn Sie versuchen, ein Ritual zu verhindern, das ein fundamentaler Bestandteil unserer Kultur ist, wird es zu öffentlichen Protesten und Ausschreitungen kommen, das garantiere ich.«
»Drohen Sie etwa der Hegemonie, Bürger Wayaways?« fragte Gundhalinu mit scharfer Stimme.
Wayaways erstarrte und lehnte sich in seinen Sessel zurück.
»Der Premierminister und die Hegemonische Gesellschaft sind reine Repräsentationsfiguren ohne echte Macht«, erklärte Gundhalinu gereizt, während er den Blicken der anderen standhielt. »Von den
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