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Tief atmen, Frau Doktor!

Tief atmen, Frau Doktor!

Titel: Tief atmen, Frau Doktor! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
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allein hier bin.« Lucy sah überrascht aus. »Meine Frau ist über Nacht in Paris. « Er lächelte matt. »Und vergnügt sich mit einem Haufen von Geschäftsreisenden.«
    »Am besten untersuche ich Sie«, entschied Lucy. Es war immerhin möglich, daß er ein Magengeschwür oder vielleicht eine akute Blinddarmreizung hatte. Ihn nicht zu untersuchen, würde sie möglicherweise schweren Vorwürfen wegen schlechter ärztlicher Behandlung aussetzen. »Legen Sie sich auf das Sofa«, befahl sie.
    Er streifte den Kimono über seine nackte Brust. Als Lucy seine Pyjamahose ein wenig hinabstreifte, um sein Abdomen zu untersuchen, bemerkte er: »Darf ich mir die Bemerkung erlauben, daß Frau Doktor heute abend bezaubernd aussehen?«
    »Ich hatte ein Rendezvous.«
    »Beneidenswerter Bursche.«
    »Ihr Bauch ist ganz weich. Eine Operation ist nicht erforderlich.« Sie gab ihm einen Klaps auf die Haut, während sie sich aufrichtete.
    »Das erleichtert mich.« Sie warf ihm seinen Kimono vom Stuhl aus zu.
    »Sie haben ganz genau gewußt, daß es nichts Ernstes war, oder?«
    »Vermutlich«, gab er zu.
    Plötzlich tat er ihr leid. Wie so viele Männer, die an erfolgreiche Frauen gebunden sind, war er verletzlich wie ein Kind.
    »Es ist unsinnig, aber ich verabscheue es, allein hier zu sein«, gestand er. »Es passiert jedesmal. Greta muß naturgemäß viel reisen. Sie läßt mich einfach mit etwas zum Essen zurück — wie einen Hund. Heute abend war es einfach unerträglich, und ich dachte andauernd daran, wie nett Sie gestern in der Sprechstunde waren...«
    »Wenn die Leute den Arzt holen, weil sie sich einsam fühlen, hätten wir keine Zeit, die Kranken zu behandeln«, sagte Lucy steif.
    »Es tut mir leid«, entschuldigte er sich. »Aber wenn Sie schon hier sind, darf ich Ihnen etwas zu trinken anbieten?« Sie schüttelte den Kopf. »Nun, darf ich Ihnen dann meine Bilder zeigen?« fragte er mit einem Lächeln. »Sie sind vielleicht armselige Dinger, aber ich habe nicht oft Gelegenheit, sie einem intelligenten Publikum zu zeigen.«
    »Gut«, stimmte sie nach einem Augenblick zu. Es schien eine einfache Möglichkeit zu sein, ihm eine Freude zu machen.
    Er öffnete die Tür zu seinem verglasten Atelier im hinteren Teil des Landhauses. Eine halbfertige Leinwand stand auf der Staffelei, andere hingen an der Wand oder waren im Zimmer aufgestapelt, inmitten des Durcheinanders von Farbtöpfen und Pinseln und schmutzigen Lappen.
    »Die sind ja ausgezeichnet«, rief sie aus.
    »Das ist sehr freundlich von Ihnen.«
    »Ich mache keine leeren Komplimente. Ich wollte selbst Malerin werden. Aber meine Familie hat mich dazu gedrängt, die medizinische Fakultät anstatt die Kunstakademie zu besuchen.«
    »Wirklich?« sagte er eifrig. »Das erklärt alles. Weil Sie ein künstlerischer Mensch sind, habe ich mich zu Ihnen hingezogen gefühlt.«
    Die Bilder stellten Clowns dar, spindeldürre Akte, weiße Städte des Südens, das leuchtende blaue Meer mit weißen Segeln, die sich scharf vom Blau abhoben. Keine Spur von der weichen Schönheit der englischen Landschaft, die man durch das Fenster sah, dachte Lucy. Sein Stil war kraftvoll und maskulin. War das Malen seine psychologische Kompensation für eine ihn beherrschende Frau?
    »Sie wirken auf mich wie eine Kombination aus Dufy und Buffet«, sagte sie zu ihm.
    Er sah hocherfreut aus. »Wissen Sie, daß ich dieses Gefühl auch immer gehabt habe?«
    »Verkaufen Sie welche?«
    »Sagen wir vielleicht, ich warte darauf, entdeckt zu werden? Wie eine Nadel im Heuhaufen der Kunst. Ich verliere die Hoffnung nicht. Lowry mußte bis in seine mittleren Jahre warten. Viele mußten warten, bis sie tot waren. Wie wär's trotzdem mit einem Drink?«
    »Okay«, nickte sie. Er war angenehm. Er war einer Unterhaltung mit Fay vorzuziehen. Nach Adam waren die Aufmerksamkeiten eines jeden Mannes eine Wohltat.
    Im Wohnzimmer holte er eine Flasche hervor. »Probieren Sie einen Sambuca. Ein italienischer Likör. Die zollfreien Waren, die meine Frau kauft. Sie bringt mir immer ein kleines Geschenk mit.«
    »Ihre Ehe -« Lucy wagte eine Bemerkung. »Ist sie schwer aufrechtzuerhalten?«
    »Nicht im geringsten. Sie wird von Gretas Geld zusammengehalten.« Er schenkte zwei Gläser ein. »Sie könnten etwas für mich tun, Lucy - jetzt reden wir nicht mehr formell miteinander, oder?«
    »Natürlich nicht, Terry.«
    »Was mir riesiges Vergnügen bereiten würde.« Er grinste. »Erschrecken Sie nicht. Ich möchte eine Skizze von Ihnen

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