Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tief atmen, Frau Doktor!

Tief atmen, Frau Doktor!

Titel: Tief atmen, Frau Doktor! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
Vom Netzwerk:
machen. Sie haben ein faszinierendes Gesicht.«
    »Aber ich muß zurück in die Praxis. Es könnten weitere Anrufe kommen. Außerdem muß ich schließlich auch irgendwann einmal schlafen gehen.«
    »Es dauert nicht lang. Ehrlich«, bat er sie flehentlich.
    »Na ja, einverstanden«, sagte sie abermals. »Vielleicht kann ich sie in der Praxis aufhängen, anstelle des Hirschgeweihes?«
     

20
     
    Am nächsten Tag um die Mittagszeit war Mr. Windows gerade dabei, sich in gute Laune zu versetzen, indem er auf dem Harmonium spielte, als Greta Fanshawe mit einem zusammengerollten Blatt Papier durch die Eingangstür trat. »Wo ist Frau Doktor Drake?«
    Er erhob sich würdevoll. »Haben gnädige Frau einen Termin?«
    »Ich brauche keinen.« Sie fegte an ihm vorbei auf Lucys Sprechzimmer zu, wo diese gerade dabei war, mit Fay die Wirbelsäule auf dem Röntgenbild des Bezirksgeometers zu erörtern.
    »Guten Morgen, Frau Doktor Drake«, begann Greta energisch. »Vielen Dank, daß Sie meinen Mann gestern abend behandelt haben.«
    »Zum Glück war alles in Ordnung.« Betroffen sah Lucy ihren Gesichtsausdruck.
    »Gar nichts war in Ordnung. Sie trafen um fünf Minuten vor zwölf vor meinem Haus ein. Mein Mann verabschiedete sich um sechs Minuten nach zwei von Ihnen -sehr zärtlich, in seinem Pyjama.«
    »Woher wissen Sie denn das?« fragte sie ganz verblüfft.
    »Von einem Nachbarn. Dem Kaplan des Bischofs, Reverend Arthur Dawney.«
    »Der bei mir wegen Schlaflosigkeit in Behandlung war«, rief Fay aus. »Hätte ich ihm doch nur wirklich starke Tropfen gegeben!«
    »Aber Mrs. Fanshawe - ich habe Ihrem Mann nur erlaubt, eine Skizze von mir anzufertigen. Wenn er damit fertig ist, werde ich sie im Wartezimmer aufhängen.«
    »Sicher werden Ihre Patienten sie passend finden«, sagte sie wütend und rollte eine Kohlezeichnung von Lucy, nackt, frontal, auf.
    »Das ist ein Werk der puren Phantasie!« fauchte Lucy.
    »Das ist keine Entschuldigung. Nicht für jemanden, der sich über den Ruf Terrys im klaren ist. Und niemand ist sich darüber mehr im klaren als ich. Gott weiß, wie viele dieser jungen Dinger an der Kunstakademie er vernascht hat. Und es würde mich nicht wundern, wenn darunter auch die Hälfte der Verkäuferinnen und Bardamen von Mitrebury wären.«
    »Mrs. Fanshawe«, sagte Lucy aufgebracht. »Sie bilden sich das ein. Terry ist ganz einfach nicht der Typ des Schürzenjägers.«
    »Sie werden Gelegenheit haben, vor dem Ärztekollegium Gründe dafür anzuführen, Frau Dr. Drake. O ja, ich bin eine Frau von Welt, ich kenne meine Rechte. Und ich zerfließe auch nicht in Ehrfurcht vor sich wichtig dünkenden Körperschaften. Ich habe vor, gegen Sie Meldung zu erstatten, wegen berufswidrigen Verhaltens. Ich werde unverzüglich meinen Anwälten in London Anweisung erteilen, ein Verfahren einzuleiten. Ich bin mir bewußt, daß es ungewöhnlich ist, eine Anschuldigung gegen eine Ärztin vorzubringen. Aber Frauen, die Männervorrechte genießen, müssen selbstverständlich auch mit Männerstrafen rechnen.«
    Sie warf die Zeichnung auf den Schreibtisch und marschierte hinaus.
    »Ach Lucy!« sagte Fay.
    »Aber es ist absolut nichts passiert«, protestierte Lucy.
    »Nichts?«
    »Ich habe ein Glas getrunken und mir seine Bilder angesehen.«
    »Du meinst wohl seine Briefmarkensammlung?«
    »Dies ist nicht der geeignete Zeitpunkt für Medizinerwitze«, sagte Lucy wütend.
    »Hat er dich geküßt?«
    »Natürlich nicht. Na ja. Vielleicht als ich wegging.«
    »Ach Lucy!«
    »Ich war durcheinander wegen Adam Vane.«
    »Ich auch. Aber ich bin nicht ausgegangen, um nach Männern im Pyjama Ausschau zu halten.«
    »Du bist mir wahrlich keine Hilfe. Das könnte furchtbar ernst werden.«
    »Sie wird es nicht durchziehen.«
    »O doch. Die Frau ist ein Biest durch und durch.«
    »Das Ärztekollegium ist heutzutage viel nachsichtiger«, sagte Fay tröstend. »Schließlich ist der Gasmann genauso oft mit einer jungen und attraktiven Hausfrau allein wie der Arzt.«
    »Ja, aber sie muß sich nicht ausziehen, damit er ihre Gasuhr ablesen kann.«
    Sie verfielen in Schweigen.
    »Ach Lucy«, sagte Fay kummervoll.
    »Ich flehe dich an, sag' nicht andauernd >Ach Lucy<. Kannst du nicht konstruktiv denken? Egal was Mrs. Fanshawe tut, mein Ruf steht auf dem Spiel. Was soviel heißt wie der Ruf der Praxis. Du bist genauso darin verwickelt wie ich.«
    »Natürlich nicht«, widersprach Fay. »Ich habe mir immer die größte Mühe gegeben, in Mitrebury eine

Weitere Kostenlose Bücher