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Tief durchatmen, die Familie kommt: Roman (German Edition)

Tief durchatmen, die Familie kommt: Roman (German Edition)

Titel: Tief durchatmen, die Familie kommt: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Sawatzki
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führten unbeeindruckt die Unterhaltung weiter.
    »Ich hab die Lichter vergessen!«, rief ich etwas lauter.
    »Welche Lichter?« Das war der erste Satz, den Gerald seit seinem Spaziergang an mich richtete.
    »Die Lichterkette vom Baum!«
    »Die kann man doch jetzt auch noch drüberwerfen.«
    Hans-Dieter verstand noch nicht ganz: »Ach, ihr macht das mit Strom? Das ist ja nicht so gut für die Umwelt.«
    »Verstehst du nicht, Gerald, wir haben keine Lichterkette, die letzte hat Gulliver auf dem Gewissen.«
    »Warum hast du denn keine neue gekauft, wenn du das wusstest?«
    »Weil ich es vergessen habe!« Hatte ich geschrien? Mir reichte es jetzt! Ich rannte aus dem Wohnzimmer und stieß im Türrahmen mit Rose zusammen.
    »Ach, Gundula, und wegen der Mitternachtsmesse, wenn ihr uns nicht fahren könnt, wie –«
    Rose war die Meisterin des guten Timings. Ich ignorierte sie. Da trat Susanne aus der Küche, sie trug eine Schürze und sah aus wie Klementine aus der Waschmittelwerbung.
    »Aber Gundula-Schätzchen, was ist denn los, reg dich doch nicht so auf!« Sie hatte die grandiose Idee gehabt, Kanapees zu machen. Für den kleinen Hunger vor der Bescherung. Da zu wenig Belag für alle da war, hatte sie kurzerhand Othellos Schinken abgewaschen, den Käse aus dem Spülbecken gefischt und alles verarbeitet.
    »Susanne, das ist nicht dein Ernst, das können wir doch nicht mehr essen«, sagte ich.
    »Ach, papperlapapp, die Kriegsgeneration hätte die Hunde früher gleich mitgegessen. Ihr habt doch gar keine Ahnung, was wir durchgemacht haben. Weißt du, du hast dich, wenn ich das sagen darf, ein bisschen verkalkuliert mit deinen Einkäufen, da müssen wir improvisieren. So. Tataa! Na, das sieht doch ganz herrlich aus!« Sie nahm das Tablett und balancierte die Kanapees an Rose und mir vorbei ins Wohnzimmer. Rose schnappte sich eines mit Schinken und schlang es mit einem Mal hinunter. Ich würde lieber verhungern, als von diesen Happen zu essen.
    Auf dem Weg nach oben hielt mich Rose auf. »Gundula!«, sagte sie, immer noch kauend, im Gesicht die pure Verzweiflung. »Was machen wir denn jetzt ohne die Lichter? Das ist doch nicht schön so?«
    »Ich frag mal Rolfi, vielleicht kann man das Teil irgendwie anstrahlen.«
    »Was für ein Teil? Wie anstrahlen?«
    »Rose, stell dich doch nicht so blöd an! Den Baum anstrahlen, mit einem Scheinwerfer oder so, Taschenlampe, was weiß ich …«
    »Das meinst du nicht im Ernst.« Als würde von dem erleuchteten Weihnachtsbaum unser Leben abhängen!
    »Rose, was soll ich denn machen? Ich habe keine Kerzen!« Dann tätschelte ich ihr den Oberarm. Es schwabbelte. Ohne zu überlegen, sagte ich: »Wie geht es dir eigentlich gesundheitlich, Rose? Hast du dich mal untersuchen lassen?«
    Sie machte große Augen. »Wieso?«
    »Na, weil du ja in letzter Zeit, also seit wir uns das letzte Mal gesehen haben, da hast du ja schon ganz schön, im Vergleich zu früher …« Ich konnte sie ja schlecht fragen, warum sie so unermesslich fett geworden war. Strategiewechsel! »Na, also, ist auch egal, du siehst richtig toll aus, hast auch endlich mal ein bisschen was auf den Hüften, das scheint dir gutzutun.«
    »Ja«, strahlte sie. »Der Arzt sagt zwar, ich hätte leichtes Übergewicht, und wegen dem Zucker und Bluthochdruck und der Herzklappeninsufizienz sei das nicht so optimal. Aber ich war schon immer ein guter Esser, und der Hadi sagt auch immer, was der Herrgott einem schenkt, soll man nicht ablehnen. Uns geht’s gut! Aber, ganz ehrlich, Gundula, nimm’s nicht persönlich, du siehst so schlecht aus. Ich wollte dich ja vorhin schon fragen, aber hab mich nicht getraut, du bist so klapperdürr geworden und richtig faltig.« Sie lachte zutraulich. »Aber du machst das ganz toll, und dafür, dass du bald fünfzig wirst, siehst du noch richtig gut aus. Da gibt’s ja ganz andere. Und das Wichtigste ist auch gar nicht, wie man aussieht, das Wichtigste ist ein gutes Herz, und das sieht man eh nicht von außen.« Sie strich mir scheu über den Handrücken.
    »Ja, Rose, das find ich auch.« Ich zwang mir ein Lächeln ab und marschierte an ihr vorbei.
    Du blöde fette hässliche schleimige Kröte, du hässliches Furzgewächs, du schwachsinnige Schwabbelkuh, du Schafsgesicht …
    »Gundula, was machst du denn für ein Gesicht?« Meine Mutter kam mir auf der Treppe entgegen. Sie hatte Vater im Schlepptau und hielt etwas in der Hand.
    »Nichts, Mami, der Weihnachtsbaum hat keine Lichter, das Weihnachtsessen

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