Tief durchatmen, die Familie kommt: Roman (German Edition)
Nase rum. Also, das sagt Hadi immer.«
»Ich verstehe.«
»Nicht böse sein, Gundel, du findest bestimmt liebe Leute, die sich um die Kinder kümmern, wenn … wenn …«
Sie versuchte sich erneut an meinen Arm zu klammern.
»Ach, das Leben ist so ungerecht. Wo ihr doch jetzt gerade das Haus einigermaßen fertig habt.«
»Ja, Gerald wird wohl auch erst mal drin wohnen bleiben.«
»Das ist doch viel zu groß für ihn!«
»Stimmt, Rose. Würdet ihr es denn eventuell nehmen?«
Roses Augen blitzten auf. »Es ist zu schrecklich, jetzt schon darüber zu reden. Na ja, aber bevor das Haus verfällt, kümmern wir uns natürlich drum. Da kannst du sicher sein.«
24.
Kapitel
Nachdem Rose verschwunden war, machte ich es mir mit meinem Grappaglas auf der Anrichte bequem und dachte über mein Leben nach. Aber dann kam Gerald in die Küche und nahm eine Flasche Rum aus dem Schrank.
»Was machst du da, Gerald? Du willst dich doch nicht betrinken?«
»Und du trinkst Wasser, oder was?«
»Klar.«
»Es ist schon überraschend, dass du erst das Haus mit Leuten füllst und es dann nicht für nötig hältst zu erscheinen.«
Ich hielt ihm mein leeres Glas hin. »Stimmt. Ist allein meine Schuld, dass die alle da sind. Tut mir wirklich leid. Übrigens werden Hadi und Rose bald hier einziehen.«
Geralds Augenbrauen hoben sich. Er sah mich an.
»Ich hab Rose erzählt, dass ich Krebs im Endstadium habe. Sie werden sich um das Haus kümmern, weil es für dich zu groß ist und du hier zu sehr an mich erinnert wirst.«
»Was redest du denn für einen Blödsinn?«
»War ein Experiment, und meine Vermutung ist hundertprozentig eingetroffen. Es ist immer gut zu wissen, woran man ist.«
»Gundula, du kannst den Leuten doch nicht erzählen, dass du sterbenskrank bist!«
»Die können sich doch freuen.«
»Glaub ich kaum. Ich glaube eher, dass du sie nicht alle beisammenhast. Rutsch mal rüber!« Er schob mich beiseite und suchte im Kühlschrank nach den Eiswürfeln. »Hast du keine Eiswürfel?«
»Nein.«
»Warum nicht?«
»Vergessen.« Ich konnte eine ziemliche Nervensäge sein.
»Du vergisst ganz schön viel in letzter Zeit, Gundula. Vielleicht solltest du dich mal untersuchen lassen.«
»Spinnst du jetzt komplett?«
»Entschuldige. Aber Eiswürfel wären jetzt wirklich gut.«
»Im Keller müssten noch welche sein.«
»Wo denn da?«
»In der Waschmaschine.«
Er sah mich müde an.
»Gerald, entschuldige mal, wo sollten sie denn wohl sein? Im Gefrierschrank natürlich. Hier war kein Platz mehr.«
Er wollte schon los, da hielt ich ihn noch einmal auf.
»Gerald?«
»Was denn?«
»Was ist eigentlich los mit dir? Du nörgelst nur noch an mir rum. Und wenn du nicht an mir rumnörgelst, bin ich Luft für dich.«
»Ist bei dir doch nicht anders. Du müsstest dich mal hören.«
»Du kannst es mir ruhig sagen übrigens.«
»Ich würde jetzt wirklich gern meine Eiswürfel holen.« Dann rief er Richtung Wohnzimmer: »Hans-Dieter? Die CD ist aus, kannst du mal eine neue einlegen? Am besten die Helene Fuscher!« Dann lächelte er mich an und sagte: »Vielleicht heitert dich das etwas auf.«
»Wo muss ich da drücken?« Hans-Dieter klang überfordert.
»Der mittlere Knopf!« Gerald verzog den Mund. »Nicht zu fassen, dein Bruder ist vollkommen beschränkt. Komm jetzt bitte wieder rüber, unsere Mütter kratzen sich gleich die Augen aus. Ich schaff das nicht allein, wirklich, Gundula, hör jetzt auf mit dem Mist.«
»Ich mach doch gar nichts!«
»Doch, du lässt mich mit den ganzen Irren allein und betrinkst dich hier still und leise.«
»Wie gesagt, du kannst es mir ruhig sagen.« Ich schwankte schon ein bisschen und musste mich am Spülbecken festhalten.
»Was denn?«
»Du kannst es mir ruhig sagen, wenn du eine andere hast. Stört mich nicht«, sagte ich, schenkte mir nach und nahm noch einen Schluck.
»Wie kommst du denn auf den Blödsinn? Ich fühle mich durch dich hundertprozentig ausgelastet.«
»Na, hätte mich auch gewundert.«
»Wie, gewundert?«
»In deinem Alter kriegt man nicht mehr so schnell Ersatz.«
»Gundula, jetzt hör doch mal auf.«
Ich starrte vor mich hin und versuchte meine Tränen zurückzuhalten.
»Wir sind überhaupt kein Paar mehr.«
»Können wir ein andermal darüber reden, wenn das Haus nicht voller Leute ist?«
»Das ist wieder so ein beschissenes Weihnachtsfest. Warum kriegen wir das nie hin? Warum ist bei uns alles immer so schrecklich?«
»Es war deine Idee, dieses Fest zu
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