Tief im Herzen: Roman (German Edition)
Kinder bei sich aufgenommen hatte, mehr als zehn Jahre seinen Sohn ignorieren können? Er wollte nicht weiter darüber nachdenken. Sie hatten schon genug Probleme. Es galt, das Versprechen einzulösen, den Jungen zu behalten.
Phillip ging zurück und sah, daß auf der hinteren Veranda
Licht brannte. Cam saß auf den Stufen, Ethan im Schaukelstuhl.
»Morgen früh fahre ich nach Baltimore zurück«, verkündete Phillip. »Mal sehen, was der Anwalt deichseln kann. Die Sozialarbeiterin heißt Spinelli, sagtest du?«
»Ja.« Cam hielt eine Tasse Kaffee in den Händen. »Anna Spinelli.«
»Sie muß aus diesem Bezirk sein, wahrscheinlich aus Princess Anne. Das werde ich ihm sagen.« Details, dachte er. Er würde sich auf die Fakten konzentrieren. »Wie ich es sehe, müssen wir uns alle drei als Musterbürger präsentieren. Ich habe bereits bestanden.« Phillip lächelte leicht. »Ihr beide werdet noch an eurem Image arbeiten müssen.«
»Ich habe der Spinelli gesagt, daß ich mir einen Job suche.« Schon bei dem Gedanken daran wurde Cam flau im Magen.
»Damit würde ich noch ein Weilchen warten.« Das kam von Ethan, der sachte hin und her schaukelte. »Ich habe nämlich eine Idee. Aber ich muß noch darüber nachdenken. Mir scheint«, fuhr er fort, »daß du dich, wenn Phillip und ich hier wohnen und arbeiten, um den Haushalt kümmern könntest.«
»O Gott.« Mehr brachte Cam nicht heraus.
»Ich stelle es mir so vor. Du wärst das, was man die wichtigste Bezugsperson nennt. Du bist da, falls die Schule anruft, falls Seth krank wird und so weiter.«
»Klingt vernünftig«, sagte Phillip, und da er sich schon besser fühlte, grinste er Cam zu. »Du bist Mommy.«
»Verpiß dich.«
»So was darf Mommy aber nicht sagen.«
»Wenn du glaubst, daß ich auf ewig deine dreckigen Socken wasche und die Toilette schrubbe, hat die feine Ausbildung, auf die du so stolz bist, nichts gebracht.«
»Es wäre ein vorübergehendes Arrangement«, sagte Ethan, obgleich er die Vorstellung, daß sein Bruder eine Schürze tragen und mit einem Staubwedel auf Spinnwebenjagd gehen würde, genoß. »Wir werden uns abwechseln.
Seth sollte ebenfalls regelmäßig im Haushalt helfen. Das war bei uns auch so. Aber in den nächsten Tagen wirst du schon allein damit fertigwerden müssen, wenn Phillip sich um den rechtlichen Aspekt kümmert und ich mir überlege, wie ich meine Zeit einteilen kann.«
»Ich muß auch noch meine Angelegenheiten regeln. Meine Sachen sind über ganz Europa verstreut.«
»Nun, Seth ist ja den ganzen Tag in der Schule, oder?« Zerstreut streichelte Ethan den Hund, der neben seinem Stuhl lag und schnarchte.
»Fein. Großartig.« Cam gab sich geschlagen. »Aber du«, sagte er und zeigte mit dem Finger auf Phillip, »bringst gefälligst Lebensmittel aus der Stadt mit. Uns fehlt es hier an fast allem. Und Ethan kann dann daraus eine Mahlzeit zubereiten. Jeder macht sein eigenes Bett. Ich bin schließlich kein Dienstmädchen.«
»Was ist denn mit dem Frühstück?« fragte Phillip trokken. »Du schickst deine Männer doch wohl nicht in die feindliche Welt, ohne daß sie morgens eine warme Mahlzeit kriegen, oder?«
Cam musterte ihn niedergeschlagen. »Du genießt das wohl noch, wie?«
»Warum denn nicht?« Er ließ sich neben Cam auf den Stufen nieder. »Einer von uns sollte Seth mal ins Gewissen reden, daß er auf seine Sprache achten muß.«
»O ja.« Cam lachte auf. »Klingt vielversprechend.«
»Wenn er vor den Nachbarn, der Sozialarbeiterin und seinen Lehrern weiter mit Kraftausdrücken um sich wirft, wird das einen schlechten Eindruck machen. Wie steht es überhaupt mit seinen Leistungen in der Schule?«
»Woher soll ich das wissen?«
»Also, Mutter …« sagte Phillip und lachte, als Cam ihm den Ellbogen in die Rippen bohrte.
»Mach nur weiter so, und ich ruiniere noch einen deiner Anzüge, Sportsfreund.«
»Ich zieh’ mich eben nur schnell um, dann können wir uns fetzen. Oder besser noch …« Phillip hob eine Braue,
sah zu Ethan hinüber und dann wieder Cam. Dieser fand den Plan gut. Er kratzte sich am Kinn und stellte seine leere Tasse ab. Sie sprangen beide so schnell auf, daß Ethan kaum Zeit hatte zu blinzeln. Er holte aus, sein Schlag wurde aber abgewehrt, und dann wurde er trotz seiner deftigen Flüche an Armen und Füßen vom Schaukelstuhl gezerrt. Simon bellte fröhlich und sprang um die Männer herum, die sein sich heftig wehrendes Herrchen von der Veranda trugen.
In der Küche spielte
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