Tief im Herzen: Roman (German Edition)
kann das nicht schaffen«, sagte sie und wärmte sich mit ihren Armen. Kälte durchdrang sie, obwohl sie in der prallen Sonne stand. Wie viele Schritte hatte sie auf die Liebe zugemacht, und wie viele mußte sie zurückgehen, um sich zu retten? »Ich weiß nicht, was ich mir dabei gedacht habe. Unsere persönliche Beziehung steht unserem gemeinsamen Interesse an Seth im Weg.«
»Zieh dich nicht von mir zurück, Anna.« Er spürte jetzt eine Furcht, die ihm unbekannt war. »Also haben wir ein paar falsche Schritte gemacht. Das bringen wie wieder ins Lot. Wir sind gut zusammen.«
»Wir sind gut im Bett«, sagte sie und blinzelte, als sie in seinen Augen einen Ausdruck aufblitzen sah, der wie Verletztheit aussah.
»Nur da?«
»Nein«, sagte sie langsam, als er auf sie zukam, »nicht nur da. Aber …«
»Ich empfinde tief für dich, Anna.« Er vergaß, daß seine Hände schmutzig waren, und legte sie auf ihre Schultern.
»Und da ist noch viel mehr an Gefühl. Diese Sache mit dir – zum erstenmal wollte ich nicht vom ersten Moment an möglichst schnell auf die Ziellinie zusteuern.«
Sie würden dennoch dorthin gelangen, wußte sie, und sie würde darauf vorbereitet sein müssen, daß er die Ziellinie vor ihr erreichte und überschritt. »Du darfst mich und meinen Beruf nicht mehr vermischen«, sagte sie leise. »Du mußt ehrlich mit mir sein, oder das übrige hat keine Bedeutung mehr.«
»Ich war offener zu dir als zu jeder anderen Frau bisher. Und ich weiß, wer du bist.«
»Na gut.« Sie legte die Hand an seine Wange, als er sich vorbeugte, um sie zu küssen. »Warten wir ab, was als nächstes geschieht.«
14. Kapitel
Es war ein schöner, frühlingshafter Nachmittag. Laue Luft, ein frischer Wind und gerade genug Wolken, um die Sonnenstrahlen zu filtern und zu verhindern, daß es zu heiß wurde. Als Ethan sein Arbeitsboot in den Hafen schleuste, wimmelte es am Ufer von Touristen, die gekommen waren, um den Fischern bei der Arbeit zuzusehen.
Er hatte seine Quote früh erfüllt, was ihm gut in den Kram paßte. Die Wassertanks unter der verschossenen gestreiften Markise seines Boots waren mit wütenden Krebsen gefüllt, die bei Einbruch der Nacht in irgendeinem Topf landen würden. Er würde seinen Fang abliefern und es seinem Partner überlassen, den Motor in Ordnung zu bringen, der eine Spur zu unregelmäßig lief. Er selbst hatte vor, zur Scheune zu gehen, um sich anzusehen, wie es mit den Klempnerarbeiten voranging.
Er brannte darauf, diese Arbeit erledigt zu sehen. Ethan Quinn war ein Mann, dem wenige Dinge wirklich wichtig waren, aber das Bauen von Booten war ein kleiner Traum,
der ihn schon seit geraumer Zeit begleitete. Er fand, daß die Zeit für seine Erfüllung nun reif war.
Simon ließ ein scharfes, freudiges Wuff vernehmen, als das Boot gegen die Pfähle stieß. Als Ethan sich anschickte, die Leinen zu sichern, griffen bereits andere Hände danach. Hände, die er erkannte, bevor er den Blick hob, um in das dazugehörige Gesicht zu blicken. Längliche, hübsche Hände ohne Ringe oder Nagellack.
»Ich hab’ sie, Ethan.«
Er schaute auf und lächelte Grace zu. »Danke. Was treibst du mittags am Hafen?«
»Ich sammle Krabben. Betsy fühlte sich heute morgen nicht wohl, deshalb fehlten zwei Hände. Meine Mutter wollte Aubrey ohnehin für ein paar Stunden zu sich nehmen.«
»Du solltest dir mal Zeit für dich nehmen, Grace.«
»Ach …« Geschickt band sie die Leinen fest, dann richtete sie sich auf und fuhr sich mit der Hand durch die kurzen Haare. »Es ist einer dieser gewissen Tage. Habt ihr schon den Schinkenauflauf gegessen, den ich neulich für euch gekocht habe?«
»Um den letzten Bissen haben wir uns noch gezankt. Der war toll. Danke.« Jetzt, da ihm kein Gesprächsstoff mehr einfiel und er neben ihr auf dem Anlegesteg stand, wußte er nicht, was er mit seinen Händen anfangen sollte. Um seine Unsicherheit zu überspielen, kraulte er Simon am Kopf. »Wir haben heute einen hübschen Fang eingeholt.«
»Ich sehe es.« Doch ihr Lächeln reichte nicht bis zu ihren Augen, und sie biß sich auf die Unterlippe. Ein sicheres Zeichen, dachte Ethan, daß Grace etwas auf dem Herzen hatte.
»Gibt es irgendwelche Probleme?«
»Ich möchte dir ungern deine Zeit stehlen, wenn du beschäftigt bist, Ethan.« Ihr Blick wanderte über den Hafen. »Könnten wir ein paar Schritte gehen?«
»Klar. Ich könnte was Kaltes zu trinken gebrauchen. Jim, kannst du den Rest allein schaffen?«
»Alles klar,
Weitere Kostenlose Bücher