Tief im Herzen: Roman (German Edition)
Männer Briefmarken und sie dazu anhielt, unbezahlte Sklavenarbeit zu verrichten, sein Ego zu streicheln und ihm möglicherweise auch sexuell zu Diensten zu sein.
Obgleich Mackensie zugeben mußte, daß letztere Beurteilungen die interessanteren waren, so wurde diese Ansicht doch nur von einigen wenigen vertreten. Und da er ein erfahrener, vorsichtiger Mann war, erkannte er, daß die Wahrheit vermutlich irgendwo zwischen dem Heiligen und dem Sünder zu suchen war.
Seine Aufgabe war es nicht, Raymond Quinn, Versicherungsnummer 005-678-LQ2, heiligzusprechen oder aber zu verdammen. Er wollte lediglich Fakten sammeln und diese Fakten würden darüber entscheiden, ob die Ansprüche aus der Versicherungspolice ausbezahlt oder einbehalten werden würden. So oder so wurde Mackensie nach Zeit- und Arbeitsaufwand bezahlt.
Er hatte in einem kleinen Eßlokal namens Bay Side Eats haltgemacht und ein Sandwich bestellt. Seine Schwäche galt fettem Essen, schlechtem Kaffee und Kellnerinnen, die Namen wie Lulubelle trugen.
Das war auch der Grund, warum er mit achtundfünfzig Jahren zwanzig Pfund Übergewicht – fünfundzwanzig, wenn er den Zeiger ein paar Striche vor die Null setzte, bevor er auf die Waage stieg – und chronische Magenbeschwerden
hatte und zweimal geschieden war. Außerdem wurde er allmählich kahl und litt unter Hammerzehen, und einer seiner Eckzähne setzte ihm außerordentlich zu. Mackensie wußte, daß er körperlich nicht gerade fit war, aber er beherrschte sein Metier, hatte zweiunddreißig Jahre bei der True Life Insurance auf dem Buckel, und seine Berichte waren so makellos wie das Herz einer Nonne.
Er lenkte seinen Ford auf den Kiesplatz neben der Scheune. Ein kleiner Wurm mit Namen Claremont hatte ihm den Weg dorthin beschrieben. Dort würde er Cameron Quinn antreffen, hatte er ihm mit einem schmallippigen Lächeln anvertraut.
Mackensie hatte schon nach fünf Minuten Gesellschaft eine Abneigung gegen den Mann gefaßt. Er war aufgrund seiner Arbeit und im Laufe der vielen Jahre mit vielen Menschen zusammengekommen. Er konnte Gier, Neid und schlichte Bosheit auch dann erkennen, wenn sie unter einer äußeren Schicht von Charme verborgen waren. Claremont war in seinen Augen ein Kriecher durch und durch.
Mackensie rülpste und schmeckte noch einmal das Gurkensandwich mit Dill, das er zum Mittagessen genossen hatte. Er sah sich um und bemerkte, daß vor dem Gebäude ein Lieferwagen, ein in die Jahre gekommener Sedan und ein flotter, klassischer Corvette standen. Mackensie gefiel der Corvette, obwohl er sich weder für Liebe noch für Geld hinter das Steuer einer dieser Todesfallen gesetzt hätte. O nein. Dennoch nötigte er ihm Bewunderung ab, als er sich aus seinem Auto hievte.
In diesem Moment kamen zwei Männer aus dem Haus. Der ältere trug ein rotkariertes Hemd und einen Schlips. Ein Bürokrat, entschied Mackensie. Er konnte Menschen gut einordnen. Der jüngere war zu schlank, zu hungrig, zu scharfsichtig, um viel Zeit mit Papierkram zu verschwenden. Wenn er auch nicht mit den Händen arbeitete, dachte Mackensie, so war er doch durchaus dazu imstande. Und
er sah wie ein Mann aus, der wußte, was er wollte – und einen Weg fand, es zu bekommen.
Wenn dies Cameron Quinn war, dann hatte Ray Quinn zu Lebzeiten keine ruhige Minute gehabt.
Cam entdeckte Mackensie, während er den Installateur für sanitäre Anlagen nach draußen begleitete. Er war recht zufrieden mit den erzielten Fortschritten. Es würde zwar noch eine Woche dauern, bis das Bad komplett war, aber er und Ethan konnten ohne weiteres noch eine Zeitlang ohne diese kleine Bequemlichkeit auskommen. Er wollte endlich anfangen, und da die Verkabelung abgeschlossen war, bestand kein Grund mehr zu warten.
In Mackensie vermutete er einen Schreibtischtäter. Cam konnte sich nicht erinnern, für diesen Tag noch eine Verabredung getroffen zu haben. Ein Vertreter, vermutete er, als Mackensie und der Installateur aneinander vorbeigingen.
»Sie müssen Mr. Quinn sein«, sagte Mackensie in liebenswürdigem Ton und mit abschätzendem Blick.
»Der bin ich.«
»Mein Name ist Mackensie, True Life Insurance.«
»Wir sind bereits versichert.« Er vermutete es zumindest. »Mein Bruder Phillip kümmert sich um diese Angelegenheiten.« Dann machte es klick, und Cam wurde wachsam. »True Life?«
»Genau. Ich stelle Ermittlungen für die Versicherung an. Wir müssen noch einige Fragen klären, bevor die Ansprüche aus der Police Ihres Vaters
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