Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tief im Hochwald - Kriminalroman

Tief im Hochwald - Kriminalroman

Titel: Tief im Hochwald - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Moni
Vom Netzwerk:
Kirche noch nie was am Hut? Waren Sie nicht damals Messdiener?«, konterte Gunter.
    »Wer war das nicht? Die Eltern wollten das so, es gehörte zum guten Ton im Dorf. Und im Hochwald ist ja sonst nix los, da war das schon in Ordnung. Da hat man nicht lange überlegt, alle waren Messdiener. Aber als ich Hellersberg seinerzeit verlassen habe, habe ich mich auch von der Kirche abgewandt, schon als ich damals ins Internat gegangen bin. Das passte nicht mehr in mein Leben, da ich sowieso alles in Frage gestellt habe.«
    »Sie sind also nicht gläubig?«, fragte Charlotte.
    »Na, ich glaube schon, aber eben an die Seelen der Materialien, mit denen ich arbeite, an Elementarwesen wie Erd- und Naturgeister. Selbstverständlich lasse ich nie eine Schublade offen stehen wegen der Geister, aber an die christliche Kirche im engeren Sinne glaube ich nicht.«
    »Ein ganz anderes Thema, Herr Trost: Kennen Sie sich mit Pilzen aus?«, stellte Gunter direkt die nächste Frage.
    »Als Kind war ich mit meinem Opa Pilze sammeln, aber das ist schon lange her. Ich habe genauso viel oder wenig Ahnung von Pilzen wie jeder andere im Hochwald.«
    »Herr Trost, noch mal: Wie war Ihr Verhältnis zu Pastor Feldmann?«, fragte Charlotte.
    »Wie erklärt man einer Psychologin, dass ein Nein auch nein bedeutet? Ich sagte doch schon, ich hatte mit Kirche nichts am Hut«, sagte Trost grinsend.
    »Gerade das ist es ja, was uns stutzig macht. Kommunion, Firmung, Messdiener und plötzlich keinen Bezug mehr zur Kirche? Sind Sie seinerzeit von Feldmann missbraucht worden? Oder belästigt? Oder waren Sie Zeuge bei solchen Taten?«, fragte Charlotte.
    Trost lächelte anzüglich. »Oh, die Psychologin möchte wissen, wie mein Sexleben so aussieht. Wie süß.«
    »Haben Sie Erfahrung mit Psychologen? Bei Ihrer Erkrankung?«, fragte Gunter, und Trost starrte ihn eine Weile lang an, ohne mit der Wimper zu zucken.
    »Was wollen Sie damit sagen?«
    »Ich spreche von Ihrer Depression. Und von Ihrem zwanghaften Wunsch, sich von niemandem in die Karten sehen zu lassen. Welche Medikamente nehmen Sie?«, fragte Gunter.
    »Wovon reden Sie überhaupt? Wieso Medikamente? Erzählt irgendjemand im Ort Scheiße über mich?«, brauste Trost auf.
    Vanessa war sich bewusst, dass sie von den Medikamenten im Grunde nichts wissen dürften, da dies der Schweigepflicht des Apothekers und der Ärztin unterlag. Aber Gunter wechselte bereits das Thema.
    »Noch eine andere Frage: Was sagt Ihnen der Name ›Trostspender‹?«
    Trost lachte. »Worauf möchten Sie diesmal hinaus?«
    Vanessa überlegte, wie viel sie preisgeben könnten. »Nutzen Sie diesen Namen im Internet?«
    »Meinen Sie, ich sei der einzige Tröster der Witwen und Waisen? Da gibt es sicher noch mehr. Trost ist auch wirklich ein verlockender Name, um damit zu spielen.«
    »In welcher Beziehung standen Sie zu Jürgen Rommelfanger, Thomas Jungblut und Franz Schuster?«, fragte Gunter.
    »Lassen Sie mich überlegen. Ach ja: Wir sind alle Hellersberger.«
    Trost konnte jede Frage entkräften, und er verwickelte sich in keinerlei Widersprüche im Laufe der Befragung. Gunter verzog sich in das vordere Büro, und Vanessa hörte, wie er telefonierte. Trost schabte in der Zwischenzeit mit dem Daumennagel Schmutz unter seinen Fingernägeln hervor und grinste siegessicher.
    »Ich habe mit dem Staatsanwalt telefoniert«, erläuterte Gunter und setzte sich wieder hinter den Schreibtisch. »Sie kennen das schon aus dem Fernsehen: Verlassen Sie Hellersberg nicht, halten Sie sich zu unserer Verfügung. Wir werden Sie in den nächsten Tagen sicher noch einmal zur Wache bestellen, dann können Sie auch das Vernehmungsprotokoll von heute unterschreiben.«
    »Habe die Ehre«, sagte Trost mit einem süffisanten Grinsen und stapfte in seinen Sicherheitsschuhen zur Tür hinaus.
    »Mussten wir den wirklich laufen lassen?«, fragte Vanessa erbost.
    »Der Staatsanwalt sieht keine Gefahr im Verzug, Beweise hätten wir keine, meint er, darum müssten wir Trost wieder laufen lassen«, erklärte Gunter.
    Draußen fing die Kirchenglocke erbarmungslos an zu läuten, sodass sie ihr Gespräch unterbrechen mussten, weil kein Wort mehr zu verstehen war. Beide sahen gleichzeitig auf die Uhr. Warum läutete die Glocke an einem Dienstagmorgen um elf Uhr achtzehn so lange? Der 3. Oktober war schließlich kein kirchlicher Feiertag, es gab somit keinen Anlass für eine Messe. Sie mussten sich fast anschreien, um sich zu verstehen, und nutzten darum die

Weitere Kostenlose Bücher