Tief im Hochwald - Kriminalroman
tief in ihre Handgelenke einschnitt.
»Dein Freund läuft schon nicht weg, aber du bist ein mutiges kleines Fräulein. Aber ich werde ihn trotzdem fesseln!«
Diana tastete nach ihren Fesseln, aber sie spürte, wie ihre Finger zu kribbeln begannen. Die Blutzufuhr war abgeschnürt, und sie hielt die Hände wieder still.
»So, ihr beiden, ihr bleibt noch einen Moment dort stehen, Gesicht zur Wand«, kommandierte der Mann und schubste die beiden Jugendlichen. Diana gab einen Schmerzenslaut von sich, als sie mit der Nase gegen die Wand stieß, da sie sich nicht mit den Händen abstützen konnte. Erst jetzt wurde sie sich bewusst, dass sie am Ende des Ganges standen.
»Doch schmerzempfindlich?«, fragte die Stimme hämisch. »Ich dachte schon, ich müsste mir für dich etwas Besonderes einfallen lassen. Aber eigentlich will ich gar nichts von euch. Erst einmal muss ich den Pastor erledigen, danach kann ich mich um euch kümmern. Ihr wartet hier, bis alles vorbei ist. Mein Zeitplan geht sonst nicht auf. Und diese rothaarige Hexe ist schlau, ich kann nicht länger warten.«
Er entfernte sich von ihnen, ging zurück in den großen Raum und kramte dem Geräusch nach anscheinend in einer Kiste mit metallischen Gegenständen. Als er zurückkam, stieß er beide abermals mit den Köpfen gegen die Wand. Diana drehte den Kopf zur Seite, um nicht wieder mit der Nase anzustoßen, und sofort schlüpfte der Mann in die Gegenrichtung, damit sie ihn nicht sehen konnte. Diana schöpfte Hoffnung. Ihr Vater hatte einmal nach einem Seminar, das er besucht hatte, erzählt, dass Geiselnehmer, die sich nicht zeigten, einen eher am Leben ließen als Geiselnehmer, die später vom Opfer identifiziert werden könnten. Auch war es wohl schwieriger, ein Opfer von Angesicht zu Angesicht in Schach zu halten als von hinten.
Dieses Mal war Philipp mit der Stirn gegen die Wand geschlagen. »Scheiße, ich glaube, ich blute«, zischte er mit weinerlicher Stimme.
»Halt durch, alles wird gut«, wisperte Diana zurück und lehnte sich ein wenig nach rechts, um ihren Kopf an Philipps Schulter zu lehnen. Hinter ihnen wurde etwas Metallisches mit schweren Schlägen in die Wand getrieben. Der Mann trat hinter sie und drehte beide so, dass sie den Gang vor sich hatten. Aus der Seitenwand des Ganges ragte ein großer metallischer Ring wie der vor dem Metzgerladen, an dem man seinen Hund anbinden konnte.
»War schon praktisch, dass ich den vom Schmied mitgenommen habe. Ich wusste da noch gar nicht, wozu er einmal gut sein würde. Aber hier wird er mir gute Dienste leisten.« Er schob die beiden bis zu dem Ring, drehte sie mit den auf dem Rücken gefesselten Händen zur Wand, zog ein weiteres Seil durch ihre Handfesseln und vertäute sie damit an dem Ring.
»Auf Dauer wird es vielleicht etwas beschwerlich, so stehen zu müssen, aber ihr seid jetzt nicht wichtig. Ihr habt meine Pläne durchkreuzt, aber ich kann euch nicht kurzerhand umbringen. Das muss wohlüberlegt sein. Und im Moment habe ich andere Dinge im Kopf, die gehen vor. Ich kann nicht einfach so mal dies, mal das tun. Jedes Werk muss vollendet werden, danach erst kann ich das nächste Werk beginnen. Was glaubt ihr denn, wie schwer es war, erst den Schmied zu vergiften und zu warten, bis er endlich tot war? Und trotzdem musste ich zwischendurch diese Lehrerin töten, ich konnte doch nicht warten. Die Gelegenheit war zu gut, so eine hätte sich mir so schnell nicht wieder geboten.« Wieder dieses Lachen, so völlig dieser Welt entrückt, unwirklich, irgendwie unmenschlich.
Zum ersten Mal stand der Mann vor ihnen, aber er stand so, dass er den Gang fast völlig ausfüllte und somit kaum Licht zu ihnen drang. Er war groß und kräftig, das konnte man erkennen, aber der Rest ließ sich im schwachen Licht der Kerzen nur erahnen. Vor seinem Gesicht trug er eine Maske, die Diana spontan an das Visier eines Ritterhelms erinnerte. Eine metallene Platte mit einem gläsernen Visier vor den Augen, das kurz im Flackern einer Kerze aufblitzte, als er sich zur Seite drehte.
»Ihr seid jetzt schön leise, ich muss noch etwas vorbereiten, bevor ich den Pastor holen kann«, ermahnte er die beiden. Er drehte sich zu dem großen Raum um, aber auch im Profil war er durch die Maske nicht zu erkennen. Plötzlich drehte er sich wieder zurück und kam ganz nah an die beiden heran.
»Sagt mal, wart ihr es nicht auch, die gestern den Musiker gefunden haben?«
Diana glaubte zu erkennen, wie Philipp nickte, was der Mann aber
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