Tief im Hochwald - Kriminalroman
habe einmal eine in Italien in den Bergen gefunden. Aber so eine findet man nicht alle Tage. Ist viel zu auffällig, da werden die Muggel eben auch neugierig.«
»Die Muggel?«, fragten Vanessa und Landscheid wiederum gleichzeitig.
»Ihr solltet mal zu Friedhelm gehen und euch für den Chor anmelden, ihr beide könnt das gut«, meinte Hajo grinsend.
»Also, was sind Muggel?«, wollte Landscheid noch immer wissen.
»Jonas hat mir erklärt, dass das aus den Harry-Potter-Romanen kommt. Im Jargon der Zauberer sind Menschen, die nicht zaubern können, Muggel.«
»Und aus Sicht der Cacher sind Leute, die keine Ahnung von Cachen haben, folglich Muggel?«, schloss Vanessa.
»Genau. Es besteht immer die Gefahr, dass Muggel einen Cache zerstören, mitnehmen, woanders verstecken oder auch unwissend als Müll wegwerfen oder so. Darum werden die Dosen gut versteckt und getarnt und liegen manchmal eben auch an Stellen, die nur schwer zugänglich sind und wo sie niemand im Vorbeigehen zufällig entdeckt.«
»Klingt gar nicht so schlecht«, meinte Vanessa, wogegen Landscheid brummte:
»Blödsinn. Wandern und dabei auch noch im Matsch wühlen, völlig überflüssig.«
»Also, Herr Landscheid, gab es eine solche Dose am Tatort?«, fragte Vanessa.
»Ich war nicht oben, aber der Kollege aus Hermeskeil, der mich an dem Tag unterstützt hat, der hat eine Brotdose auf dem Hochsitz gefunden. Er sagte, sie sei leer, ich habe ihn aber extra ein zweites Mal hochgeschickt, um sie zu holen, weil ich nicht wollte, dass Müll im Wald liegen bleibt. Wir haben damals keine Fingerabdrücke auf der Dose gefunden. Es ließ sich nicht feststellen, ob die Dose Zilk gehörte oder ob er sie auch nur in die Hand genommen hatte, da er Handschuhe trug, es schien aber auch nicht wichtig zu sein. Damals haben wir den Todesfall ja nicht mit Geocachen in Verbindung gebracht. Ich bin nicht sicher, was daraus geworden ist. In seinem Auto lag auch eine Brotdose, die auf dem Hochsitz sah aber völlig anders aus. Die auf dem Hochsitz war mit einem Deckel, den man auf vier Seiten festklickt, im Auto lag eine ganz normale Klappdose mit einem Verschluss.«
»Könnte es sein, dass Holger Zilk diesen Cache auf dem Hochsitz verstecken wollte, damit jemand anders diesen Gegenstand, um den es geht, wieder nach Nürnberg zurückbringt?«, wandte sich Vanessa an Hajo.
»Grundsätzlich wäre das möglich. Es gibt sogenannte Travelbugs und Geocoins, das sind Gegenstände, Medaillen oder Plaketten, die einen Auftrag zu erfüllen haben, sozusagen eine Mission. Sie sollen von der Stelle aus, wo sie in Umlauf gebracht werden, ein bestimmtes Ziel erreichen. Jonas wollte noch einen Cache legen, der von Hellersberg nach Florida soll, aber das hat er nicht mehr geschafft, er hatte zuletzt alles mögliche andere im Kopf, bevor er geflogen ist. Aber warum sollte er nicht einen Cache legen, der von Florida hierherkommt? Es kann gut sein, dass der Startpunkt von Hellersberg nach Nürnberg von dem Toten selbst festgelegt worden ist.« Hajo stutzte. »Nein, Moment mal, das kann gar nicht sein. Der Cache stand schon im Internet, deswegen wäre das unlogisch.«
»Herr Landscheid, fragen Sie bitte noch einmal bei dem Kollegen Wahlen nach, ob ihm unter diesen Umständen etwas einfällt, was wir bislang nicht in den richtigen Zusammenhang gesetzt haben«, sagte Vanessa.
Landscheid rief Wahlen, der inzwischen wieder in Hermeskeil arbeitete, von seinem Handy aus an, und Vanessa und Hajo hörten, wie sein Tonfall immer ungehaltener wurde.
»Ich habe ihn darauf angesprochen, ob da wirklich kein Taschenmesser gelegen hat«, schimpfte Landscheid, nachdem er aufgelegt hatte. »Sagt der mir doch, da hätte tatsächlich eins auf dem Boden des Hochsitzes gelegen, aber er hätte geglaubt, es wäre sein eigenes, und hat es eingesteckt. Wieder eingesteckt, wie er betont hat. Aber er meint, er würde zu Hause mal nachsehen, ob er sich vielleicht doch getäuscht hat und es gar nicht sein Messer gewesen ist.«
»Ich fass es nicht! Ist es üblich, sich erst einmal an Beweismitteln zu bedienen? Ich bin mal gespannt, was im Laufe der Ermittlungen noch alles ans Licht kommt«, meinte Vanessa zu ihrem Kollegen. »Herr Polizeihauptmeister, ich glaube wirklich, wir sollten uns die beiden Tatorte einmal zusammen ansehen.«
Der Weg war rutschig vom vielen Regen am Vormittag, und keiner von ihnen fühlte sich heute trittsicher. Vanessa trug Schuhe, die ihr nicht vertraut waren, Landscheid war das Gehen als
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