Tief im Hochwald - Kriminalroman
die angekreuzten Ziffern«, bat Hajo und reichte Vanessa den Lottoschein.
Sie diktierte, und Hajo ordnete die Zahlen nach einem System, das anscheinend für ihn als Cacher, aber nicht unbedingt für Vanessa einen Sinn ergab: neunundvierzig, siebenundzwanzig, vierhundertfünfunddreißig und darunter elf, vier, vierhundertzwölf. Hajo schrieb noch etwas unter die Ziffern und zeigte Vanessa mit triumphierendem Lächeln den Zettel.
»49°Nord, 27.435 und 11°Ost, 04.412. Was auch immer sich dort befindet, es ist irgendein Hinweis!«
Mit anerkennender Bewunderung nahm Vanessa den Zettel entgegen und warf einen hilflosen Blick darauf. »Was bedeutet das?«
»Das sind Koordinaten, ich weiß nur nicht, wo sich der angegebene Punkt befinden soll. Kannst du das nicht in deinen Computer eingeben?«
Vanessa tippte die Zahlen ein und ließ verschiedene Suchmaschinen für sich arbeiten, aber sie gelangte zu keinem Ergebnis.
Hajo sah auf seine Uhr. »Darf ich ein Ferngespräch führen?«
»Du möchtest, dass Jonas uns hilft?«, fragte Vanessa.
»Für den wird das ein Kinderspiel sein, er kennt sich mit so was aus.« Hajo grinste stolz.
Jonas hatte gerade keinen Zugriff auf seinen Computer, weil er mit seiner Gastfamilie am Strand lag, aber er versprach, sich das Ganze nachher zu Hause anzusehen. Sie sollten ihm die genauen Koordinaten per E-Mail schicken, er würde auch an diese E-Mail-Adresse antworten. Da sie aber eben erst an den Strand gefahren und die Wellen so toll seien und sie außerdem auf dem Heimweg noch einkaufen wollten, würde es sicher spät werden, es werde sich daher für sie nicht lohnen, die ganze Zeit vor dem Computer zu sitzen und auf seine Antwort zu warten.
»Wie spät ist es momentan in Florida?«, erkundigte sich Vanessa.
»Beste Mittagszeit, das kann dauern. Wir bekommen wahrscheinlich erst heute Nacht eine Antwort. Vielleicht sollten wir uns morgen abermals hier treffen. Ich schlage vor, du kommst nach dem Frühstück noch einmal zu mir raus, du hast nämlich vorhin in der Eile vergessen, die ganzen Kleidungsstücke einzupacken. Dann sehen wir uns gemeinsam Jonas’ Nachricht an und sind danach hoffentlich einen Schritt weiter. Was ich aber bis jetzt nicht verstanden habe: Wozu ist das alles überhaupt wichtig?«
Vanessa schüttelte ihren Kopf mit den langen roten Haaren und fuhr sich mit der Hand über die verspannten Schläfen.
»Hajo, ich weiß es nicht. Aber es scheint momentan unser einziger Ermittlungsansatz zu sein. Zurzeit habe ich nur den Eindruck, dass es wichtig ist, aber ich kann mir bislang keinen Reim darauf machen.«
Hajo kehrte auf ein Bier in der »Post« ein und traf dort wie erwartet den alten Pastor, der gerade ein halb leeres Bierglas vor sich hatte.
»Gott zum Gruß, lieber Hajo. Ich habe dich heute bei den Vorbereitungen zur Kirmes und für den Wettbewerb vermisst. Hattest du Wichtigeres zu tun? Oder ist dir dieser Tote so sehr in die Glieder gefahren, dass du deine Pflichten als Dorfmitglied vernachlässigst?«, erkundigte sich Josef Feldmann. »Ich mache mir ernsthafte Sorgen um dich. Du weißt, ich bin zwar nicht mehr der Pastor, aber ich fühle mich noch immer als Seelsorger. Wenn du dich mir anvertrauen möchtest, stehe ich dir immer zur Verfügung.«
Beschwichtigend legte Hajo die Hand auf den Arm des Pastors.
»Lieber Josef, ich weiß deine Fürsorge zu schätzen, aber ich war heute durchaus nicht untätig. Ich habe mit der Kommissarin zusammengearbeitet und versucht, ihr bei der Auflösung der beiden Morde behilflich zu sein.«
Erstaunt zog Feldmann die Augenbrauen hoch. »Du? Wäre das nicht eher Heiners Aufgabe gewesen?«
Hajo lächelte. »Es hat sich herausgestellt, dass ich in diesem Fall das größere Fachwissen habe«, ließ er geheimnisvoll verlauten. »Ich mache mich auch gleich wieder auf den Heimweg, es waren zwei harte Tage für mich, und ich hoffe, dass ich Vanessa morgen ebenfalls weiterhelfen kann.«
»Vanessa?« Der Pastor, der zwar nur vier Jahre älter war als Hajo, aber von Berufs wegen Frauen abhold sein sollte, runzelte fragend die Stirn.
»Na, diesen Nachnamen kann doch niemand aussprechen. Und ich fand es ganz übel, wie sie gestern vom ganzen Dorf behandelt worden ist, da schadet es ihr sicher nicht, wenn sie das Gefühl hat, dass sie sozusagen unter Freunden ist.«
Der Pastor schien sich noch immer mahnende Worte zu überlegen, als Hajo sein Bierglas energisch auf den Tisch stellte. »Sag mal, Josef, jetzt verstehe ich erst,
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