Tief im Hochwald - Kriminalroman
»Vielleicht müssen wir ganz weg von Tennis und müssen uns darüber hinaus Gedanken um Paarungen machen.«
»Ein gemischtes Einzel wäre demnach aber doch der Normalfall, oder? Männlein und Weiblein eben«, meinte Landscheid.
Die Psychologin hatte sich die ganze Zeit aus dem Gespräch herausgehalten und stattdessen in der Akte geblättert und zuletzt die Zettel an der Wand begutachtet. Nun drehte sie sich zu Vanessa um. »Und wenn vielleicht jemand darauf hinweisen möchte, dass es in dem Fall keine gewöhnliche Pärchenbildung gibt? Zum Beispiel gleichgeschlechtlich, was schließlich nicht im Sinne der Kirche wäre, oder?«, warf Charlotte Baumgart ein.
Die anderen sahen sie erstaunt an.
»Wenn ich das recht sehe, ist der Mörder ein äußerst intelligenter Mensch, bei dem es keine Zufälle gibt. Vielleicht mit Ausnahme des ersten Mordes, da bin ich nicht sicher, ob er den von langer Hand geplant hatte.«
»Moment, das musst du näher ausführen. Die Koordinaten, 49°Nord, das passt doch alles, das sieht doch durchaus geplant aus, wenn unsere Theorie stimmt«, wandte Gunter ein.
»Das ist schon richtig, aber ich bin nicht sicher, ob er an diesem Tag schon damit gerechnet hatte, seinem ersten Opfer über den Weg zu laufen. Dafür würde auch sprechen, dass zwischen dem ersten und dem zweiten Mord die bislang längste Zeitspanne lag, danach wurden die Abstände immer kürzer«, fuhr Charlotte fort.
»Das klingt logisch«, räumte Vanessa ein. »Und wie passt Martin Winter ins Bild?«
»Zuerst dachte ich auch, da gäbe es keinen Bezug. Aber ihr habt doch herausgefunden, dass er gebürtig aus Hellersberg kam. Hat jemand bei der Familie nachgefragt, warum er Hellersberg verlassen hat?«
»Ich hatte mit seiner Tante gesprochen. Seine Eltern sind tot, Geschwister gab es keine. Und seine Tante sagte, er sei weggezogen, um eine Ausbildung zu machen«, erzählte Landscheid.
»Das ist eine mögliche Erklärung, aber vielleicht nicht die einzige«, überlegte Charlotte. »Steckte vielleicht mehr dahinter, warum er Hellersberg seinerzeit verlassen hat?«
»Ich werde seine Tante Cordula Marx noch mal fragen«, schlug Landscheid vor.
»Okay, Charlotte, der dritte Mord war der an der Religionslehrerin. Die hatte einen Bezug zum Ort und zur Kirche. Quasi jeder Hellersberger hat sie gekannt – und nicht gerade gemocht«, fasste Vanessa zusammen.
»Genau. Der Tod des Schmieds ist mir allerdings nach wie vor ein Rätsel. Da gibt es zwar ganz klar einen Bezug zum Ort, aber wo ist der Bezug zur Kirche?«, fragte Charlotte. »Also abgesehen davon, dass sich ein paar Fragen um die Kirche drehten, scheint es keinen inhaltlichen Bezug zu geben.«
»Und da er keine Angehörigen hatte, können wir auch niemanden fragen«, schloss Landscheid.
»Was ist, wenn jemand durch den Mord Schusters Lebensweise anprangern möchte? War er vielleicht in einer Beziehung, die nicht so recht ins Dorf passte?«, fragte Charlotte.
»Eine gleichgeschlechtliche Beziehung? Nein, nicht, dass ich wüsste«, verwarf Landscheid die Idee.
»Möglicherweise nicht gleichgeschlechtlich, aber vielleicht in anderer Form ungewöhnlich: ein großer Altersunterschied, eine andere kulturelle Herkunft«, warf Gunter ein.
»Ich muss jetzt wieder an meinen Stand, wir sehen uns dann später«, meinte Hajo zu Vanessa.
»Ist gut. Und ich werde mit Pastor Lämmle sprechen und ihn fragen, ob ihm hierzu ein religiöser Bezug einfällt«, schlug Vanessa vor.
Vanessa hatte sich mit Hajo an einen der Biertische auf dem Kirchplatz gesetzt, nachdem sie am Ortsausgang nach Kell zwar den Cache, aber dabei nichts Verdächtiges gefunden hatten.
»Für mich wäre das nichts, den ganzen Tag hinter einem Stand zu stehen. Mir tun ja so schon abends die Füße weh«, sagte Vanessa.
»Mir macht das nichts aus, ich bin da robust und standhaft«, konterte Ursula Greimerath, die neben Hajo saß. Es missfiel ihr sichtlich, dass Vanessa so viel Zeit mit Hajo verbrachte, und anscheinend musste sie sich dringend in ein besseres Licht rücken. Vanessa lächelte ihr zu.
»Es freut mich, dass Sie sich in Ihr Schicksal fügen. Mein Schicksal sind eben diese Todesfälle, Ihres sind die Apfelkuchen.«
Ursula lief rot an.
»Erfahrungen sind wie Apfelkuchen: Selbst gemacht ist immer noch am besten«, steuerte Hajo bei. »Johannes kommt übrigens heute Abend auch. Er möchte auf jeden Fall morgen bei Oma Jungbluts Beerdigung dabei sein. Und da seine Frau ihn wohl in diesem Punkt gar nicht
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