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Tief im Hochwald - Kriminalroman

Tief im Hochwald - Kriminalroman

Titel: Tief im Hochwald - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Moni
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das hat mich richtig erschüttert.«
    »Kannten Sie die Lehrerin zu Lebzeiten?«
    Pastor Lämmle lachte auf. »Wäre es als Geistlicher möglich gewesen, Frau Ostermann zu entgehen? Sie kannten sie sicherlich nicht, oder?«
    »Ich konnte mir ein kurzes Bild von ihr am Tag vor ihrem Tod machen, als sie zum Klassentreffen nach Hellersberg gekommen ist. Sie ließ an keinem Schüler ein gutes Haar, ging von Tisch zu Tisch und kritisierte alle und alles. Also nicht nur die Schüler, die sie eingeladen hatten, sondern eigentlich hatte sie zum ganzen Dorf eine Meinung.« Vanessa sah die Frau in Gedanken vor sich.
    »Treffender hätten Sie das Wesen der alten Dame gar nicht beschreiben können. Natürlich hat sie auch an mir immer herumgenörgelt und mir erklärt, wie viel besser Pastor Feldmann früher alles gemacht habe«, bestätigte der Pastor und biss herzhaft in sein gebuttertes Brötchen.
    »Wissen Sie, was die beiden verbunden hat?«, fragte Vanessa kauend. »Ich meine, es ist seltsam, dass jemand Gnade vor ihren Augen gefunden hat.«
    »Ich glaube, es war die unnachgiebige Strenge, die ihr imponiert hat«, mutmaßte Lämmle nach einem kurzen Moment des Nachdenkens.
    »Er scheint zwar ebenfalls zu vielem eine Meinung zu haben, das ist mir auch aufgefallen, aber den Eindruck unnachgiebiger Strenge macht er auf mich nicht«, wunderte sich Vanessa.
    »Ein katholischer Pastor betreut seine Gemeinde normalerweise bis zum siebenundsechzigsten Lebensjahr und auch darüber hinaus. Pastor Feldmann müsste dreiundsechzig sein, ist aber schon seit drei Jahren im Ruhestand. Warum, weiß ich bis heute nicht.«
    Vanessa sah auf die Uhr. Es war nicht einmal neun, bis zur Beerdigung um zehn hatte sie reichlich Zeit, ihren Bericht zu schreiben.
    Die Wirtin kam an den Tisch und fragte, ob sie noch etwas benötigten. Pastor Lämmle schien froh über die Unterbrechung zu sein, er kam auf seinen Vorgänger auch nicht mehr zu sprechen. Er plauderte ein wenig mit Vanessa über den Hochwald im Allgemeinen weiter. Als er sich verabschieden wollte, fiel Vanessa noch etwas ein.
    »Pastor Lämmle, wir sind im Zusammenhang mit den Morden auf den Begriff ›Gemischtes Einzel‹ gestoßen. Der Begriff könnte einen religiösen Bezug, möglicherweise aber auch einen sexuellen haben, der sich uns nicht erschließt. Haben Sie eine Erklärung für uns?«, fragte Vanessa.
    Der Pastor blickte sie fragend an und schüttelte langsam den Kopf. »Tut mir leid, aber beim Thema Sexualität bin ich der falsche Ansprechpartner. Wir sehen uns später«, sagte Pastor Lämmle und ging an die Theke, um zu zahlen.
    Vanessa bekam mit, wie Ruth Eiden den Pastor bei dieser Gelegenheit fragte: »Wann wird eigentlich die Beerdigung von Franz Schuster sein?«
    »Der Schmied wird verbrannt, das dauert ein paar Tage, bis wir das genaue Datum festlegen können. Es liegt unter anderem am Bestatter, wann der kann«, erklärte der Pastor.
    »›Sarg Engel‹ aus Hermeskeil? Der macht doch im Moment das Geschäft seines Lebens«, meinte die Wirtin.
    »Traurigerweise schon. Ich denke, morgen werde ich in der Messe den Termin bekannt geben können. Ich spreche nachher bei der Beerdigung von Frau Jungblut mit dem Bestatter.«
    »Ein seltener Gast«, sagte die Wirtin zu Vanessa, als sie den Tisch abräumte.
    »Und wie häufig sind Sie Gast in seinem Haus?«, parierte Vanessa.
    »Sonntags habe ich die Gaststube schon geöffnet, wenn Messe ist«, verteidigte sich Ruth Eiden.
    »Genau, damit die Ehemänner zum Frühschoppen kommen können, während die Frauen sich den Segen abholen. Aber ich möchte nicht darüber urteilen, ich bin auch kein Kirchgänger«, versicherte Vanessa und verabschiedete sich auf ihr Zimmer.

    Der Kirchplatz war schon weit vor zehn Uhr bis auf den letzten Parkplatz voll, obwohl die meisten Hellersberger zu Fuß da waren. Gieselind Jungblut musste einen großen Kreis an Freunden und Verwandten gehabt haben, der laut Autokennzeichen auch von außerhalb angereist war, um ihr die letzte Ehre zu erweisen. Viele von Gieselind Jungbluts Weggefährten lebten nicht mehr, aber einige Altersgenossinnen und -genossen waren von ihren Familien oder dem Fahrdienst ihrer Altersheime zur Kirche gebracht worden. Die Familie war vollzählig mit allen Nichten und Neffen und Anverwandten anwesend. Hermann Jungblut gehörte dem Vorstand des Sportvereins an, Maria war Mitglied des Bastelkreises und hatte früher einmal den örtlichen Kramladen betrieben, in dem auch ihre

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