Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tief im Hochwald - Kriminalroman

Tief im Hochwald - Kriminalroman

Titel: Tief im Hochwald - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Moni
Vom Netzwerk:
hat. Er hat sich seiner Oma anvertraut, aber die war damals selbst nach einem Schlaganfall sehr krank und konnte ihm nicht helfen. Sie war nicht fähig zu sprechen, hat ihm nur zugehört, was ihm durchaus guttat, denn er hatte endlich das Gefühl, dass ihm jemand glaubt. Als sie sich nach Jahren wieder erholt hatte, war Udo bereits tot. Möglich, dass Oma Jungblut den Zusammenhang gar nicht verstanden hatte. Ich denke, sie war auch genug mit ihrer eigenen Genesung beschäftigt. Und mit ihrer großen Trauer. Udo hatte mich gebeten, mit ihm zur Polizei zu gehen, aber ich war noch immer der Meinung, das sei nicht wirklich passiert. Udo war gerade von seiner ersten Freundin verlassen worden, und ich hatte das Gefühl, er suche nur nach einer Ausrede, warum das nicht an ihm gelegen haben soll. Er erklärte mir damals, er sei nicht beziehungsfähig, er könne sich auf kein Mädchen einlassen. Er überlege manchmal, ob er in Wirklichkeit schwul sei, weil er sich nicht erklären könne, warum der Pastor ihm sonst so nahe gekommen wäre. Irgendwann konnte ich es nicht mehr hören und hatte auch Angst vor Udo. Ich wollte nicht mit ihm in Verbindung gebracht werden, falls er tatsächlich schwul wäre. Mein Gott, ich war selbst noch ein Kind und hatte keine Ahnung. Ich war vierzehn oder fünfzehn, keine Erfahrung mit Mädchen, wir kannten alles nur sehr theoretisch, aus Zeitschriften und so. Ich konnte mit seinen Andeutungen leider nichts anfangen. Ich war zu feige, und ich bin alles andere als stolz darauf. Wir haben gar nicht mehr über das Thema gesprochen, monatelang nicht. Irgendwann lief mir Lenny über den Weg, und ich war froh, beweisen zu können, dass ich eine Freundin haben kann, dass ich in meiner Beziehungsfähigkeit zu Mädchen ganz normal war. Obwohl es mein ganzes Leben beeinflusst hat, war ich froh, dass Lenny damals schwanger wurde. Udo und ich hatten uns immer weiter auseinandergelebt, er warf mir Feigheit vor, und ich hatte ihm mit meinem Verhalten auch allen Anlass dazu gegeben. Als Udo starb, war ich sicher, dass es mit diesem Missbrauch zusammenhing, aber ich wusste, ich konnte es nicht mehr ändern. Ich hatte eine junge Familie, um die ich mich kümmern musste. Ich hatte Lenny, die das alles nicht verstanden hätte. Ich weiß doch, wie im Dorf geredet wird, und ich hätte nicht die Kraft gehabt, mich und die anderen diesem Gerede auszusetzen. Darum bin ich direkt nach dem Abi von Hellersberg weggezogen. Und wenn ich es richtig überlege, sind das viele von uns, was den Verdacht nahelegt, dass es nicht nur Udo in diesem Maße getroffen hat. Maria hat mich eben darauf angesprochen, wie es zu dem Bruch zwischen uns kam, wo ich doch früher wie ein zweiter Sohn für sie war. Sie fragte von sich aus, was ich von diesen Andeutungen wüsste, und da habe ich ihr alles erzählt.« Johannes wirkte erschöpft von seinem ausgiebigen Geständnis.
    Vanessa brach nach einer Weile das Schweigen. »Habe ich das richtig verstanden, dass du selbst auch betroffen warst, aber Feldmann dich nicht körperlich belästigt hat? Weißt du, ob er noch mehr Jungs körperlich missbraucht hat?«
    »Ich bin mir sogar absolut sicher. Bei einem war ich Zeuge, aber es war dunkel, und ich weiß nicht genau, wer es war. Vermutlich einer der Zwillinge.«
    »Moment, ich verstehe das nicht ganz. Wieso hast du Udo nicht geglaubt und warst doch selbst Zeuge?«, wandte Vanessa ein.
    »Wir waren damals mit den Firmlingen in so einer Art Schullandheim. Wir wollten Tischtennis spielen. Der Raum war abgesperrt, aber ich wusste, dass der Pastor den Schlüssel in seinem Zimmer neben der Tür an einem Haken hängen hatte. Ich habe geklopft, von drinnen aber nichts gehört. Also habe ich versucht, ob die Tür offen ist, um mir nur schnell den Schlüssel zu greifen. Im Zimmer war es dunkel, und als ich die Tür öffnete, hörte ich ein Stöhnen. Ich dachte erst, der Pastor würde vielleicht schlafen und hätte im Schlaf gestöhnt. Ich wollte ihn nicht aufwecken und war darum ganz leise. Als ich genauer hinsah, erkannte ich, dass neben dem dicken Pastor noch eine kleine, schmale Gestalt im Bett lag. Ich muss vielleicht dreizehn gewesen sein, ich habe die Situation damals nicht verstanden. Ich habe all die Jahre nicht mehr daran gedacht. Und jetzt, nach dieser langen Zeit, bin ich mir noch weniger sicher, was ich damals wirklich gesehen habe. Jedenfalls habe ich mir den Schlüssel genommen und bin mit den anderen in den Tischtenniskeller gegangen. Und da

Weitere Kostenlose Bücher