Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tief im Hochwald - Kriminalroman

Tief im Hochwald - Kriminalroman

Titel: Tief im Hochwald - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Moni
Vom Netzwerk:
noch nichts tun. Aber trotz allem, was er sich früher hat zuschulden kommen lassen, scheint er im Moment Opfer zu sein und nicht Täter. Dennoch – oder gerade deshalb – ist es wichtig, dass wir ihn zum Reden bringen. Und bei allem Verständnis, das ich möglicherweise für die Motive des Täters haben könnte, leben wir hier in einem Rechtsstaat, der keine Selbstjustiz zulässt. Verdammt noch mal, warum zeigt er den Pastor nicht an? Warum stellt er sich nicht auf den Kirchplatz und klärt die Hellersberger darüber auf, was sie jahrelang geduldet, vertuscht, ignoriert haben?« Vanessa hatte sich in Rage geredet. »Johannes, was du erzählst, erklärt zwar, was mit Udo passiert ist, aber wie kommt ihr darauf, dass die Morde damit zusammenhängen?«
    »Wir haben über diese Serie an Todesfällen nachgedacht, sowohl über die Morde, die eindeutig einen religiösen Bezug haben, als auch über die, deren Bezug zur Kirche nicht sofort zu erkennen war. Bei diesem ersten Cache, dem Lottoschein-Cache, bin ich mir nicht sicher, da ist das Thema nicht klar angeschnitten«, führte Hajo aus.
    »›Der Teufel hat das Spielen erfunden, vielleicht treibt er es bis heute‹«, zitierte Vanessa die Cachebeschreibung aus dem Gedächtnis. »Der Besitzer nannte sich ›Sehenden Auges‹, und das Ziel sollte eine Kirche in Nürnberg sein. Wir müssen prüfen, ob Feldmann einen Bezug zu dieser Kirche hat oder ob es nur irgendeine Kirche in Nürnberg sein sollte, um den Zusammenhang zu Kirche überhaupt und zu diesem Buchstaben ›N‹ für ›Norden‹ herzustellen. Okay, gehen wir mal davon aus, dass unsere Annahme stimmt. Zweiter Cache?«
    »›Hier wurden Grenzen überschritten‹«, zitierte dieses Mal Hajo. »Und ›Maria und Josef‹ als Owner, wieder ein religiöser Bezug. Der Name Josef wurde sogar erwähnt, ihr seid nur nicht darüber gestolpert, weil ihr die Zusammenhänge seinerzeit nicht kanntet. Und vielleicht war gar nicht die Grenze zwischen Rheinland-Pfalz und Saarland gemeint, sondern ethisch-moralische Grenzen.«
    »Auch das leuchtet mir ein. Die Religionslehrerin wurde in der Kapelle ermordet, die dem heiligen Lutwinus geweiht ist, da erkenne selbst ich den religiösen Bezug. Und Nummer vier war der Schmied, bei dessen Cache sich einige Fragen um die Hellersberger Kirche drehten. ›Gemischtes Einzel‹ hingegen könnte auf eine unsittliche Beziehung zwischen einem Geistlichen und einem Minderjährigen anspielen«, sagte Vanessa.
    »Der Tod auf dem Friedhof geschah in unmittelbarer Nähe der Kirche, da muss man nicht lange nach einem Bezug suchen. Bleibt nur die Frage, ob da auch wieder ein Cache dazugehört«, fasste Johannes zusammen.
    »Die viel wichtigere Frage ist, wie es weitergeht. Wo könnte der nächste religiöse Zusammenhang hergestellt werden? Müssen wir die Kirche selbst überwachen? Den Pastor werde ich jedenfalls in Gewahrsam nehmen müssen. Was ist, wenn ein wütender Mob über ihn herfällt? Wenn die Mütter und Väter plötzlich einsehen, dass ihre Kinder damals die Wahrheit erzählen wollten und sie ihnen nicht geglaubt haben? Ich weiß gar nicht, wie es mit einer Anklage aussieht. Die Verjährungsfristen hängen inzwischen zum Glück mit der Schwere der Tat und dem Alter der Opfer zusammen. Es wird die entscheidende Frage sein, wann sich welche Tat ereignet hat. Aber damit müssen sich Leute befassen, die sich besser damit auskennen als ich. Wichtig ist, wie gesagt, dass sich jemand traut, den Pastor anzuzeigen. Ich glaube, es ist alles andere als leicht, mit dieser Schmach, mit diesem erlittenen Leid an die Öffentlichkeit zu gehen und Anklage zu erheben. Habt ihr denn eine Vermutung, wer noch betroffen sein könnte? Ich kann nicht einfach heute Abend in die ›Post‹ gehen, mich an die Theke stellen und laut in die Runde fragen, wer von Pastor Feldmann in den vergangenen dreißig Jahren sexuell belästigt worden ist. Ich kann diese Männer nicht geradeheraus im Verhör fragen, ob sie als Kinder sexuell missbraucht wurden und darum heute Vergeltung suchen. Ich bin keine Psychologin, ich bin nur Polizistin. Und selbst wenn ich meine Kollegin Charlotte Baumgart hinzuziehe, stehen die Leute nicht wieder Schlange vor der Polizeiwache, um endlich eine Aussage machen zu können. Mal abgesehen davon, dass ihr beide ja meint, auffallend viele hätten Hellersberg früh verlassen. Die anderen sind vielleicht froh, dass sie ihre Erinnerungen ganz tief in sich vergraben konnten. Die möchten nicht daran

Weitere Kostenlose Bücher