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Tief im Wald und unter der Erde - Winkelmann, A: Tief im Wald und unter der Erde

Titel: Tief im Wald und unter der Erde - Winkelmann, A: Tief im Wald und unter der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Winkelmann
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greifen.
    Aber zweierlei sprach dagegen.
    Er hatte kein Chloroform dabei.
    Die beiden Begleiter auf dem Parkplatz.
    Nein, er musste warten. In seinem Versteck befand sich außerdem die Neue. Zunächst musste er sich mit ihr beschäftigen. Doch er spürte schon, dass es nicht von Dauer sein würde. Nicht nachdem er diese dunkle Schönheit erblickt hatte.
    Er musste sie haben!

4.
    Tag, abends
    Noch immer fiel es Nele Karminter schwer, einen Punkt zu finden, an dem sie die Ermittlungen bis zum nächsten Morgen ruhen lassen konnte. Vor drei Jahren hatte sie diesen Punkt überhaupt nicht gekannt und bis weit über den Grad der Erschöpfung hinaus gearbeitet. Jeder machte Fehler, wenn er übermüdet war. Sie hatte Fehler gemacht damals, war bei einer Überwachung eingeschlafen und hatte dadurch einem Mann ermöglicht, eine Wohnung zu betreten, in der eine Frau schlief, die sich durch die Polizei bewacht fühlte. Es war allein Neles Schuld gewesen. Sie hätte sich auch ablösen lassen können. Aber damals war der Mörder auf der Flucht gewesen, und eine innere Stimme hatte ihr gesagt, sie könne nicht einfach Feierabend machen, solange ein Mörder auf der Flucht war. Wenn sie den Gedanken damals schon konsequent zu Ende gedacht hätte, wäre ihr aufgefallen, dass sie mit einer solchen Einstellung niemals wieder hätte Feierabend machen können.
    Trotzdem fiel es ihr auch heute schwer.
    Sie war ausgelaugt, die Müdigkeit lastete bleischwer auf ihren Lidern. In ihrem Kopf schien alles taub zu sein, ihre Ohren summten ununterbrochen. Wie sollte sie die Besprechung um acht mit Döpner und Hendrik durchstehen?
    Ein Blick auf die Uhr.
    Noch keine sieben. Vielleicht würde die Rückfahrt reichen, um ein bisschen Energie zu tanken und den Kopf frei zu bekommen. Sie verabschiedete sich von dem Kollegen
der Nachtschicht, sagte ihm, er solle auf ihrem Handy anrufen, wenn sich etwas tat, stieg dann in ihren Wagen und verließ Friedburg.
    Kaum hatte sie das Ortsschild hinter sich gelassen, da merkte sie schon, dass sie den Kampf gegen die Müdigkeit während der Fahrt verlieren würde, wenn sie nicht etwas unternahm. Also öffnete sie das Fenster und drehte die Musik laut. Von draußen schwappte kühle Luft gegen ihre Wangen, aus dem Radio einschläfernde Musik an ihre Ohren. Temperatur gegen Berieselung, was würde wohl gewinnen? Sie fand es nicht heraus, da sie ein paar Kilometer außerhalb des Ortes an einer geschlossenen Bahnschranke halten musste.
    Nele stellte den Motor ab und stieg aus. Sie war allein. Alle vierzehn Übergänge in der näheren Umgebung wurden durch Streifen überwacht, aber eben nur sporadisch, da es anders nicht möglich war. Nele öffnete den Verschluss des Achselholsters, in dem sie ihre Dienstwaffe trug. Sicher war sicher. Dann trat sie vor bis an die Schranke und legte ihre Hände darauf.
    Es war sehr still hier draußen.
    Was mochte in dem Mann vorgehen? Warum lauerte er ausgerechnet an Bahnübergängen? Es musste irgendwo eine Verbindung geben, doch noch hatte sie niemand gefunden. Es gab immer eine Verbindung. Später würden sie sich wahrscheinlich vor den Kopf schlagen und sich fragen, warum sie nicht gleich darauf gekommen waren.
    Die Schienen begannen zu singen. Schnell schwoll das metallene Geräusch an, dann war der Zug da. Ein mächtiger eiserner Körper, angetrieben von einem Dieselmotor, dessen Dröhnen den Boden erzittern ließ, dessen Kraft die Luft teilte und Neles Haar verwirbelte. Nach wenigen Sekunden
war der Güterzug in der Dunkelheit verschwunden mit seiner Ladung nagelneuer Autos.
    Die Schranken blieben geschlossen.
    Nele drehte sich um, beobachtete den Waldrand. Das rote Licht der Ampeln beleuchtete zwar ein Stück der Straße, machte den Wald aber nur noch undurchdringlicher. War es bei Jasmin und Frauke ebenso gewesen? Hatten sie diese Einsamkeit gespürt und sich unwohl gefühlt? War ihnen eine Gänsehaut den Rücken hinuntergelaufen? So wie bei Nele jetzt – trotz der geladenen Waffe.
    Mit dem Rücken zur Schranke blieb Nele stehen und behielt den Waldrand im Auge. Nichts geschah. Wäre ja auch zu schön gewesen. Würde er sich in dieser Gegend überhaupt noch eine holen, jetzt, wo alles voller Polizei war? Dann müsste der Typ schon ziemlich übergeschnappt sein. Und dumm. Oder ihm war alles egal. Wer konnte auch nur im Ansatz erahnen, wie solche Menschen dachten?
    Nele drehte sich zu den Schienen um, lehnte sich über die Schranke und warf einen Blick in jede Richtung. Von

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