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Tief

Tief

Titel: Tief Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mike Croft
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Flutlampen strahlten die Umgebung an, doch dahinter lag eine andere Lichtquelle. Sie wurde immer stärker, bis alles um sie herum erleuchtet war. Kommandant Gerhardie starrte durch eine halbe Meile Wasser, direkt vor ihnen schwammen zwanzig Wale, und in der Ferne …
    Kate nahm ihren Bericht wieder auf.
    »Wir befinden uns ganz nah am Meeresboden in der Tiefsee, begleitet von Pottwalen. Wir haben riesige, groteske Kreaturen gesehen, die auf dem Meeresboden liegen wie Murmeln auf einem Teller. Die Wale haben uns durch diese verstörenden Szenen zu dieser hier geführt, die anders ist, aber ebenso unerklärlich für mich. Vor uns ragt etwas auf, das ich nur als strahlende Lichtwand bezeichnen kann, und wir gleiten mit drei Knoten Geschwindigkeit langsam darauf zu …«
    Es überstieg ihren Horizont. Zwischen ihnen und der Wand lagen nur die Wale und die wolkigen Aufwirbelungen der Benthal-Schicht, die unheimlich illuminiert war, wie dichter Morgennebel vor einer niedrigen Wintersonne.
    Roddy stellte fest, dass die Wale langsamer wurden.
    »Drosseln Sie die Geschwindigkeit«, drängte er. »Nein, stoppen Sie, die Wale halten an.«
    »Kapitän«, sagte Gerhardie ins Mikrofon. »Geschwindigkeit null. Wiederhole, Geschwindigkeit null.«
    Nur ein paar Hundert Meter von der Lichtwand entfernt machten die Wale und das U-Boot halt.
    Roddy verließ die Offiziersmesse und lief in die Kommandozentrale.
    »Wie weit sind wir vom Graben entfernt?«, fragte er den Navigator.
    »Wir müssten direkt darüber stehen«, kam die Antwort.
    In diesem Moment rief jemand aus der Offiziersmesse: »Sir, kommen Sie schnell.« Er kam gerade noch rechtzeitig, um zu sehen, wie ein einzelner Wal sich von der Hauptgruppe löste und in der leuchtenden Wand verschwand. Roddy starrte in das Licht. Ihm war etwas aufgefallen. Wie ein kochend heißer Lavastrom, der sich langsam über einen flachen Hügel ergießt, breitete sich das Licht klar erkennbar auf dem Meeresboden aus.

2
    Ein zweiter und dritter Wal waren im Licht verschwunden, bevor die Tenacious bereit war. Als der vierte Pottwal sich von der Gruppe löste und durch die Mauer schwamm, rief Gerhardie ins Mikrofon: »Steuermann, los, los, los. Viel Glück uns allen!«
    Das U-Boot drängte sich durch die verbleibenden Wale, die zur Seite rückten, als die schwarze Maschine vorbeiglitt. Das U-Boot war zwar doppelt so schnell wie der Wal, dem es folgte, konnte aber nur halb so effektiv beschleunigen. Alle kniffen die Augen zu, als sie durch die gleißende Helligkeit drangen, in der der Wal verschwunden war.
    »… folgen einem Wal ins Licht, ein Licht auf dem Meeresgrund, über das wir nichts wissen … Ich kann, ich, wir sind durch, wir sind darin, wir sind mitten im Licht, es ist, als ob das Wasser selbst leuchtet. Vor uns kann ich den Wal sehen, er taucht leicht, unter uns befindet sich ein Tiefseegraben, und … Jetzt sucht einer der Kadetten den Boden mit einer ferngesteuerten Kamera ab. Es ist, als würde man auf einer Klippe stehen und dreihundert Meter tief hinunterschauen. Ich kann zwar nichts Außergewöhnliches sehen, aber es ist schon außergewöhnlich, dass ich überhaupt etwas sehen kann …«
    Roddy starrte auf den einzelnen Wal. Was war los? Das Tier wurde immer langsamer, je näher es dem Boden des Grabens kam. Die Tenacious , die zuerst hundert Meter entfernt gewesen war, war jetzt nur noch fünfzig Meter weit weg. Der Boden des Grabens war weniger als hundert Meter entfernt.
    »Irgendetwas stimmt nicht«, sagte jemand.
    Das Wasser um den Wal herum bekam einen grünlichen Schimmer. Das Tier schwamm noch, aber immer schwerfälliger. Ganze Hautlappen lösten sich und glitten über das U-Boot. Es dauerte nicht lange, bis Schwanz und Schwimmflossen blutrot waren, ohne Fleisch und Haut, die grauweiße Fettschicht löste sich vom Körper. Aus der Seite drang plötzlich ein dünner Blutstrahl, wie von einem Schnitt. Dann quoll immer mehr Blut. Die Sehnen, so dick wie zusammengeknotete Taue, lagen bloß. Der Wal löste sich auf. Die Eingeweide trieben heraus, verschwanden. Man sah die Muskeln, die inneren Organe, aber noch schwamm das Tier immer weiter, wie durch Säure. Schließlich wurde es langsamer, ein paar letzte schwache Zuckungen … Dann war der Wal nur noch ein Skelett, das langsam zu Boden sank.
    Falklands Kindergesicht zitterte. Gerhardie hatte es die Sprache verschlagen, und er überlegte voller Panik, ob die Tenacious wohl der chemischen Suppe, durch die sie offensichtlich

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