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Tief

Tief

Titel: Tief Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mike Croft
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abschätzen können, ob wir dem Job gewachsen sind.
    Die Wale begannen aufzusteigen, alle bis auf einen. Roddy schaute ihnen nach. Ihre Leiber blieben im entfernten Licht der Oberfläche schwach sichtbar.
    »Und jetzt?«, fragte Gerhardie.
    »Ich glaube, sie bereiten sich auf einen Tauchgang in große Tiefe vor. Bleiben Sie einfach an dem einzelnen Wal dran. Wir halten eine Kamera auf die Wale an der Oberfläche gerichtet. Können wir steil abtauchen?«
    »Nicht steiler als fünfundvierzig Grad.«
    Zwanzig Minuten lang gab es keine Veränderung. Die Tenacious glitt mit achtzehn Knoten durch den Nordatlantik. Ein einzelner Wal schwamm vor ihr her, und etwa zwanzig hielten sich oben an der Wasseroberfläche auf. Kate machte einen weiteren Bericht. Roddy starrte wie gebannt auf den Monitor der Kamera, die nach oben gerichtet war.
    »Jetzt geht es los«, flüsterte er schließlich.
    Weit über ihnen zeigte das Wasser erste Zeichen von Bewegung.
    »Tauchen, tauchen, tauchen«, rief er.
    Selbst im steilsten Winkel war die Tenacious der Aufgabe nicht gewachsen. Die Wale kamen innerhalb von dreißig Sekunden von oben herunter.
    »Was für ein Anblick«, krächzte einer der Kadetten.
    »Es regnet Wale«, sagte Kate in die Kamera. »Auf jeder Seite der Tenacious kommen die Pottwale herunter, kopfüber sinken sie herab wie Steine, es ist großartig zu sehen, wie diese riesigen Geschöpfe senkrecht nach unten tauchen. Zehn oder zwölf fallen wie riesige Wassertropfen am U-Boot vorbei, nur wenige Meter von der Außenhaut entfernt. Die Kameras folgen ihnen; alle Wale sind jetzt unter uns, ihre Schwanzflossen bewegen sich kaum, als sie in dem grünlichen Dunkel verschwinden, in das unsere Lampen ihnen nicht folgen können …«
    Kate schwieg. In der Offiziersmesse wurde es ganz still. Sie konnten hören, wie der Steuermann in der Kommandozentrale in regelmäßigen Intervallen ihre Tiefe ausrief.
    »Fünfhundert Meter … Sechshundert Meter … Siebenhundert Meter …
    Die Tenacious war allein am Rand des Sperrgebiets.
    »Eintausendachthundert Meter … Eintausendneunhundert Meter …«
    »Was machst du da?«, fragte Roddy Kate, als er merkte, dass sie die Augen fest geschlossen hatte und sich die Hand aufs Brustbein drückte.
    »Atemübungen.«
    »Bist du okay?«
    »Ja, ich bin okay. Es ist die Vorstellung der Tiefe, in der wir uns befinden.«
    Kommandant Gerhardie kam in die Offiziersmesse.
    »Die Schallleute sagen, die Wale sind eine Meile vor uns. Sie schweben etwa zwanzig bis vierzig Meter über dem Meeresboden nahezu bewegungslos auf der Stelle. Ich lasse hundert Meter Abstand zwischen uns«, sagte er zu Roddy.
    »Das ist nicht gut.«
    »Wie bitte?«
    »Wir müssen genauso tief tauchen wie die Wale. Wir sind hier, um den Meeresboden zu untersuchen, und die Scheinwerfer dringen nicht über zwanzig, dreißig Meter hinaus.«
    »Wir können doch nicht mit achtzehn Knoten fahren, ohne wenigstens hundert Meter Wasser unter dem Kiel zu haben.«
    »Dann drosseln Sie eben die Geschwindigkeit auf zehn oder meinetwegen auch auf einen Knoten, das ist egal. Aber wir müssen auf jeden Fall den Meeresboden sehen können.«
    Gerhardie griff zum Mikrofon.
    »Kapitän. Drosselt Geschwindigkeit auf zehn Knoten bei zweitausendzweihundert Metern. Drosselt Geschwindigkeit auf drei Knoten bei zweitausenddreihundert Metern, geht in die Waagerechte, wartet weitere Befehle ab.«
    Bei zweitausenddreihundert Metern ergaben die Schallmessungen, dass die Wale, wie Falkland sich ausdrückte, »immer noch warteten«. Sie waren eine halbe Meile vor ihnen. Die Tenacious reduzierte das Tempo auf einen Knoten und ging noch tiefer. Nach und nach wurde der Meeresboden im Schein der Tiefseedrucklampen sichtbar.
    »Schlamm?«, fragte Kate und blickte in die braune Brühe.
    »Das ist das Benthal. Alle Flora und Fauna, alles, was stirbt und im Meer zerfällt und nicht vorher gefressen wird, findet sich hier. Dadurch entsteht ein besonders üppiges Ökosystem. In den zwanzig bis fünfzig Metern Wasser unter uns ist mehr Leben als in der Meile Wasser über uns.«
    »Was für eine Art von Leben?«
    »Hauptsächlich mikroskopisch kleine Ein- oder Mehrzeller. Es gibt natürlich auch Würmer und Krustentiere und auch Fische.« Er begann die lateinischen Namen aufzuzählen, als Gerhardie verkündete: »Wir sind jetzt offiziell in SONAZ .«
    Die Tenacious schob sich vorwärts und wirbelte dabei die oberste Schicht des Benthal auf. Die Kadetten stellten laufend die

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