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Tief

Tief

Titel: Tief Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mike Croft
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Worten, alles bleibt, wie es ist. Business as usual.« Roddys Stimme klang müde und zynisch. »Bis die Leute endlich kapieren, dass eine Welt mit begrenzten natürlichen Ressourcen nicht endlos ausgebeutet werden kann und dass wir endlich ein ökonomisches Modell finden müssen, dessen Erfolg an Lebensqualität statt an zunehmendem Konsum gemessen werden muss.«
    »Na ja, du hast jetzt die Chance, dieses Bild zurechtzurücken – du weißt ja, wie scharf er darauf ist, dich endlich kennenzulernen und mit Orden zu dekorieren.«
    »Klar will er mich treffen – vor laufenden Kameras. Ich habe seinen Lakaien gesagt, sie sollten sich verpissen.«
    »Wie diplomatisch von dir«, sagte Whitaker. »Hey, mal abgesehen von der Tatsache, dass der Planet im Sterben liegt, geht es dir gut?«
    »Ja, ja …«
    »Es kommt mir nicht so vor.«
    »Ach Gott. Ich fühle mich seltsam, weißt du. Wale wieder ins Meer zu bringen und zu wissen, dass sie doch sterben müssen … Und …«
    »Und?«
    Blackfin. Theresa. Kate. Ich. Selbst Rattigan … »Ach, vergiss es. Ich muss wieder an den Strand.« Er stand auf und mühte sich mit dem Gummi-Overall ab. »Ally Rattigan hat mich angerufen«, sagte er. »Sie meinte, sie würde sich vielleicht bei dir melden.«
    »Ally Rattigan? Das hat Ally Rattigan gesagt? Ally Rattigan hat gesagt …«
    »Du liebe Güte, fall nicht gleich in Ohnmacht.«
    »Was hat sie denn sonst noch gesagt?«
    »Sonst nichts.«
    »Na komm schon, erzähl mir alles, was sie gesagt hat.«
    »Es gibt nichts zu erzählen«, antwortete Roddy. Er ergriff sein Atemgerät und verließ das Zimmer.
    »Warum hat sie dich denn angerufen?«, rief Whitaker hinter ihm her. Er wirbelte mit seinem Rollstuhl herum und stieß sich das Gipsbein an einem Tisch. »Au! Scheiße! Hey, Roddy – wann ruft sie mich denn an?«
    Jungs und Mädchen, dachte Roddy; das wird immer so weitergehen. Er durchquerte die Lobby des Imperial und nickte verschiedenen Helfern zu, die ihn alle bewundernd anblickten. Schon drinnen war der Gestank schlimm genug, aber draußen wurde einem übel. Roddy setzte sich die Atemmaske auf und ging nach draußen. Früher einmal, vor einem anderen Hotel am Strand, hatten ihn die Leute angespuckt und als Mörder beschimpft. Aber daran dachte Roddy jetzt nicht. Er war in Gedanken bei Ally, die ihm den wahren Grund für ihren Anruf genannt hatte. »Mama möchte Sie gerne begrüßen«, hatte sie gesagt, und ehe Roddy wusste, wie ihm geschah, redete er zum ersten Mal seit zwanzig Jahren wieder mit Theresa. Seltsam. Es konnte einem beinahe Angst machen, aber es war auch – wie er sich zögernd eingestehen musste – wundervoll.
    *  *  *
    Der Sand um Blackfin herum ist blutgetränkt. Fliegenschwärme summen um Roddy herum, als er zu dem alten Pottwal geht und ihm die Hand auf die Schnauze legt. Voller Mitgefühl betrachtet er die schwere Kette um die Schwanzwurzel, die Infektion, die sich schon über den gesamten unteren Bereich von Blackfins Körper ausgebreitet hat. An einer Flanke hat er zahlreiche Schnitte und Kerben. Eigentlich müsste er schon tot sein, denkt Roddy, und doch lebt er. Warum klammert er sich so ans Leben?
    »Warum?«, sagt Roddy laut. Nichts passiert, aber er hat das sichere Gefühl, es müsse etwas passieren – er reißt sich die Atemmaske vom Gesicht und keucht, als ihn die volle Wucht des Gestanks trifft.
    Blackfin hat auf ihn gewartet.
    Roddy drückt seine Handflächen auf die Haut des Wals und blickt in das enigmatische, dunkle Auge, das langsam trüb wird. Der Wal ist dem Tode nah. Aber jetzt ist sein Freund da, der Mann, der ihn verstanden hat, der seinen Artgenossen mit einem Mannfisch gefolgt ist, der das böse Leuchten gesehen hat. Die Ozeane, die Wale können jetzt vielleicht überleben.
    Eine Welle des Friedens überflutet das großartige Geschöpf, und Roddy sieht, dass sein Auge immer trüber wird. Ein Wal stirbt, und Roddy schämt sich seiner Tränen nicht. Er drückt sein Gesicht an Blackfins raue Haut. Geh, sagt er stumm zu dem Tier, geh jetzt.
    Blackfin nimmt den Mann, der neben ihm steht, kaum noch wahr. Sein Unbewusstes hat von ihm Besitz ergriffen und vermittelt ihm elementare Wahrheiten, die nur den Sterbenden gewährt werden. Jetzt weiß Blackfin nicht nur, dass der Mann alles verstanden hat, er kann es auch sehen. In seinen letzten Augenblicken hat er eine seltsame Vision des kalten Tals im Ozean: böses Leuchten . Er sieht den Mann, seinen Freund mit der weichen, warmen Stimme, wie

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