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Tief

Tief

Titel: Tief Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mike Croft
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schließlich traf und das Tier über das Wasser davonflatterte.
    Rattigan, der nicht weit von der Brücke entfernt mit einem anderen Mann auf einer Parkbank saß, beobachtete die Szene gleichmütig.
    »Wie genau ist diese Information?«, fragte er. In seiner Innentasche steckte ein Acht-Wochen-Plan der Marinepatrouillen im Nordatlantik.
    »Drei davon so ziemlich hundertprozentig, ich habe sie markiert. Der Rest bewegt sich zwischen achtzig und neunzig Prozent. Änderungen sind vor allen Dingen bei den zeitlich am weitesten entfernten Terminen möglich.«
    »Ist in der letzten Zeit über Sperrgebietsverstöße geredet worden?«
    »Nicht dass ich wüsste«, erwiderte der Mann und kratzte sich am Bart. »Die, die davon wissen, kümmern sich meiner Meinung nach nicht besonders darum. Es wird allerdings eine Menge über diese andere Sache geredet.«
    Der Mann, mit dem Rattigan sich unterhielt, war Jenkins, ein Staatsbeamter. Er war Staatssekretär bei der Flottenunterstützung im Verteidigungsministerium. Jedes Mal, wenn er Rattigan mit Informationen versorgte, die formell zwar als Angelegenheit nationaler Sicherheit galten, in der Praxis jedoch so geheim waren wie die Chinesische Mauer, verdiente er fünftausend Pfund.
    Alles hatte mit einem zufälligen Treffen auf einem Empfang bei Lloyds begonnen – das heißt, Jenkins hatte es für ein zufälliges Treffen gehalten, und das tat er wohl immer noch, obwohl er in Wahrheit sorgfältig als geeigneter Kandidat ausgewählt worden war. Er brauchte nur einen ermunternden Schubs, um Rattigan bereitwillig von Marinemanövern im Südchinesischen Meer zu erzählen. Die Information war so harmlos, dass ein halbwegs nüchterner Journalist sie mit zwei Telefonanrufen beim Presse-Offizier des Verteidigungsministeriums herausgefunden hätte; theoretisch war sie jedoch vertraulich, und er hatte sie weitergegeben. Rattigan hatte dem Wunsch Ausdruck verliehen, ihm »quantitativ« zu danken; das Angebot war nicht zurückgewiesen worden. Ein paar Tage später hatte ein Mittelsmann Jenkins zu gelegentlichen Informationen über Marinepatrouillen aufgefordert. Und wie Rattigan vermutet hatte, war Jenkins darauf eingegangen.
    Jenkins war für Rattigan vor allem deshalb von Nutzen, weil er Zugang zu Informationen über Spezialoperationen der Marine hatte, vor allem in einem zweihundertfünfundzwanzig Quadratmeilen großen Bereich im Atlantischen Ozean, der als SONAZ bekannt war – Special Operations No Access Zone. SONAZ war ein archaisches Vermächtnis aus dem Zweiten Weltkrieg. Damals hatte sich Großbritannien als einer der siegreichen Alliierten exklusiven Zugang zu der Zone gesichert, angeblich für unterseeische Forschung und Entwicklung. Ein Geheimnis war es allerdings nicht, da die britische Regierung zugab, dort in den 1950er-Jahren Atomtests durchgeführt zu haben. Trotz aller Beteuerungen, dass das Gebiet mittlerweile völlig sicher sei, hatte Großbritannien allem internationalen Protest zum Trotz die exklusive Kontrolle über die Zone bis heute nicht abgegeben und patrouillierte angeblich an ihren unsichtbaren Grenzen. Theoretisch konnte kein Schiff ohne eine Eingabe um Zustimmung des britischen Verteidigungsministeriums SONAZ durchfahren, und nur wenigen Eingaben war Erfolg beschieden, aber in der Realität missachteten einige Schiffe die Grenzen des Sperrgebiets, und es geschah nichts weiter. Der Ozean durfte jedoch in diesem Gebiet nicht erforscht werden, und jede Form unterseeischen Eindringens hätte einen internationalen Zwischenfall hervorgerufen.
    »Und?«, drängte Rattigan, der hören wollte, was Jenkins mit »dieser anderen Sache« meinte.
    »Sie wissen schon. Das mit den Walen um SONAZ herum.«
    »Ach, das. Unsere dicken Freunde im Meer, die die Schiffe schubsen. Sehr frech.«
    Rattigan verzog spöttisch das Gesicht.
    »Es scheint immer schlimmer zu werden. Jeden Monat schreibe ich das Protokoll der Sitzungen mit hohen Beamten aus dem Verteidigungsministerium und der Fischereibehörde, die die Situation im Blick behalten. Anscheinend haben in der letzten Zeit isländische Fischkutter, die am Rand von SONAZ arbeiten, seltsame Erfahrungen mit Walen gemacht. Sie haben gemeldet, dass eine Unmenge von Walen – mehrere Dutzend – den Trawlern folgen …«
    Rattigan reagierte nicht.
    »Ein Trawler ist einer großen Anzahl von Walen begegnet, die tatsächlich, wissen Sie …«
    »Was?« Rattigan runzelte die Stirn.
    »Sie wollten das Schiff angreifen.«
    »Was für ein

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