Tief
oder?«
»Ja«, bestätigte Roddy. Er ergriff ein Stück Koralle, das auf Joes Schreibtisch lag und drehte es in den Händen. »Es bedeutet nicht viel. Menschen gehen immer davon aus, dass ein Tier eine linguistische Fähigkeit zeigen muss, um uns seine Intelligenz zu vermitteln. Aber das ist völlig daneben, es zeigt nämlich nur unsere eigene Dummheit.«
»Außerdem«, fügte Kate hinzu, »woher wollen wir denn wissen, dass die Wale wirklich jeden Teil des Befehls interpretieren? Vielleicht lernen sie ja nur, welche Lautkombination mit welcher Handlung einhergeht.«
»Ja, ja.« Joe machte eine wegwerfende Handbewegung. »Das haben die Leute immer gesagt. Aber dann kam Hughie.«
»Hughie?«
»Irgendwelche verrückten Wissenschaftler in Santa Monica haben einen erwachsenen Killerwal aus einem Vergnügungspark in Kanada gekauft.« Er steckte sich eine Zigarre zwischen die Lippen und zündete sie an. »Jeden Tag verbrachten sie Stunden damit, dem Tier irgendwelche Tricks beizubringen, um herauszufinden, wie intelligent es war. Hughie lernte erstaunliche Sachen, er konnte sich praktisch selbst die Schnürsenkel binden, und er hatte ein Vokabular von vierzig oder fünfzig Wörtern, viel mehr als Attila oder jeder andere Wal, aber die große Frage war natürlich, genau wie Sie gesagt haben: Versteht er jeden Teil des Kommandos und interpretiert das Ganze – arbeitet er quasi mit einer künstlichen Sprache –, oder lernt er nur wie ein Hund, dass Lautmuster mit einer bestimmten Handlung und Belohnung zusammenhängen?«
»Und?«, fragte Kate.
»Eines Tages haben sie ihm mindestens hundert Mal gesagt, er solle den Ball holen. Sie warfen ihn, pfiffen Wal-holen-Ball und beobachteten ihn dabei. Hughie langweilte sich zu Tode. Schließlich machte er nicht mehr mit, aber sie pfiffen das Kommando immer weiter, Wal-holen-Ball, Wal-holen-Ball , hunderttausend Mal …
»Das ist eine Art von Pseudowissenschaft, die ich ganz besonders widerwärtig finde«, sagte Roddy. »Das ist genau dasselbe, wie wenn man einen Frosch aufbläst, nur um ihn platzen zu sehen.«
»Lassen Sie mich zu Ende erzählen, Roddy: Plötzlich wird Hughie ganz verrückt, rast im Becken herum und schlägt den Ball mit dem Schwanz aus dem Wasser. Verwirrt schauen die Wissenschaftler ihn an. Dann fängt Hughie an zu quietschen, aber nicht den üblichen Killerwalruf, kein Klicken und Quietschen, es ist irgendwie anders, es ist die Wiederholung eines Drei-Wort-Satzes. Er imitiert die Pfeifsprache. Verstehen Sie? Hughie redet mit ihnen.«
»Wie meinen Sie das?«, fragte Roddy.
»Er redet mit ihnen.«
»Was hat er gesagt?« Kate stand auf, um den Rauchwolken von Joes Zigarre zu entgehen.
»Er sagt Mann-holen-Ball. Das hat er gesagt. Die Wissenschaftler hüpfen aufgeregt herum, und einer von ihnen holt den Ball und wirft ihn wieder ins Wasser. Hughie schlägt ihn wieder heraus, und dann fängt er an, sie nach seiner Pfeife tanzen zu lassen. Es scheint ihm gut zu gefallen. Einer der Trainer geht ins Wasser, Hughie sagt Mann-rollen , also rollt sich der Mann. Hughie sagt Mann-tauchen , also taucht der Mann …«
»Und Attila? Wollen Sie behaupten, dass Attila das auch macht?«
»Darauf können Sie Gift nehmen. Es hat sie wahrscheinlich gelangweilt, Tag und Nacht auf dem Rücken zu liegen, deshalb hat sie plötzlich damit angefangen.«
Sie warteten darauf, dass Joe weiterredete.
»Und?«, drängte Kate, als er schwieg.
»Und was?«
»Du lieber Himmel, was sagt Attila?«
Joe hob entschuldigend die Hände.
»Das war jetzt der gute Teil, okay? In der Minute, als zweihundertvierzig Killerwale einen Tagesausflug nach London machen, fängt mein gefangener Killer an zu sprechen. Das bringt einen schon um den Verstand, was? Ich meine, das sollten die sich bei den Behörden mal anhören.«
»Was sagt der Wal, Joe?«
»Das spielt keine Rolle, es ergibt keinen Sinn.«
»Was ist es denn?«
»Da ist der Junge ja. Komm rein, Junge. Einen Kaffee, Roddy? Kate?«
»Joe!«
»Ja, okay, ich weiß«, erwiderte Joe und machte auf seinem Schreibtisch Platz für die Kaffeetassen; ein überquellender Aschenbecher fiel krachend zu Boden. Er starrte einen Moment lang darauf. »Es ist nur so komisch. Sie sagt immer wieder …« Er ergriff seine Tasse und trank einen Schluck Kaffee. »… immer wieder Mann und Fisch und holen und Fisch und Mann , es ist einfach völlig unverständlich.«
»Sagen Sie es mir genau«, verlangte Roddy. »Ich brauche die Sequenz.«
»
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