Tief
könnten uns vielleicht zusammentun.«
»Sie können doch nicht ernsthaft …«
»Ich meine das völlig ernst. Ich weiß, wie Sie über mich denken, aber ich habe begriffen, dass diese Walsache nicht nur eine Mediengeschichte ist, sondern weit darüber hinausgeht. Hören Sie, es tut mir wirklich leid, dass ich Sie so schlecht behandelt habe. Und Sie wollen sich wahrscheinlich nur rächen. Schließlich haben Sie ja nichts falsch gemacht, außer dass sie die Wale so lange am Strand haben liegen lassen, bis sie gestorben sind.«
»Sie hätten gar nicht sterben dürfen«, stieß Roddy empört hervor.
»Das ist ein weiteres Geheimnis, das aufgeklärt werden muss. Warum fragt eigentlich niemand, wie sie gestorben sind? Warum hat Derek Petersen nicht danach gefragt, als er das Amt übernommen hat? Warum sind die toten Wale nicht untersucht worden? Die Regierung hat sie nur aufs Meer schleppen lassen.«
»Darüber habe ich noch gar nicht nachgedacht.«
Einen Moment lang war er versucht, ihr von dem Telefongespräch mit Derek zu erzählen, von den Nekropsie-Resultaten, aber etwas hielt ihn zurück.
»Arbeiten Sie mit mir zusammen«, bat sie ihn.
Er schüttelte den Kopf, und um seine Verwirrung zu verbergen, schaltete er das Radio ein.
»… wurde verkündet, dass Dr. Derek Petersen nicht mehr Notfallkoordinator des Wal-Krisenkoordinationsteams ist. Es ist nicht klar, ob Dr. Petersen zurückgetreten ist oder abgesetzt wurde, aber es ist bekannt, dass er unter Stress und Depressionen litt, seit er zum Nachfolger von Dr. Roddy Ormond ernannt wurde, dem Mann, dem die katastrophalen Zustände auf Brighton Beach zum Vorwurf gemacht werden. Seit Dr. Ormonds Entlassung hat bisher niemand die Zustände in den Griff bekommen. Der Konvoi der Killerwale, der gestern …«
»Jetzt herrscht Chaos«, sagte Kate. »Blankes Chaos …«
4
Zwölf Stunden nach dem mitternächtlichen Wahnsinn der Killerwale ging in London immer noch alles drunter und drüber. In St James’ Park, nur ein paar Hundert Meter vom Fluss entfernt, herrschte ein Gefühl der Irrealität. Die Leute lagen unter freiem Himmel im Gras und schliefen, nachdem sie die ganze Nacht auf den Beinen gewesen waren. Andere schlichen mit trüben Augen und benommenem Gesichtsausdruck um den kleinen See herum.
Rattigan saß auf der Parkbank, die er normalerweise für seine Treffen mit Jenkins, seinem Kontaktmann beim Verteidigungsministerium, benutzte. Dieses Mal redeten sie über Handy miteinander. Allerdings konnte Rattigan Jenkins deutlich am anderen Ufer des Sees erkennen. Er hatte diese Vorsichtsmaßnahme ergriffen, weil Ally bei ihm war. Sie sollte von seinen Geschäften nichts erfahren. Während sie darauf wartete, dass er sein Telefonat beendete, schlenderte sie über die kleine Brücke.
»… die Möglichkeit einer expliziten Verbindung zwischen den Walen von Brighton und den Walen bei SONAZ wird im Ministerium nicht ausgeschlossen«, sagte Jenkins gerade. »Und das Verteidigungsministerium hat die Nekropsien übernommen. Sie haben sie heimlich in Militärlabors vornehmen lassen, aber es ist nur eine Frage der Zeit, bis die Zeitungen Wind davon bekommen. Ich meine, schließlich genießt ja im Moment alles, was mit den Walen zu tun hat, größte Aufmerksamkeit.«
»Und in SONAZ gehen immer noch komische Dinge vor sich?«
»Es gibt ein paar unbestätigte Berichte und Gerüchte, aber im Grunde dreht es sich nur darum, dass die Wale mit den Schiffen um SONAZ herum seltsame Dinge anstellen.«
Rattigan gähnte. Es fiel ihm schwer, sich auf das Telefonat zu konzentrieren. Die schlaflose Nacht forderte ihren Tribut, er machte sich Sorgen um das Schiff aus Russland, das bald in SONAZ ankommen würde, und er freute sich schrecklich über Allys Rückkehr. Sie ist so hübsch, dachte Rattigan und folgte ihr mit den Augen. Es gefällt mir gar nicht, wenn Männer sie anschauen, sie ist doch noch ein Kind. Sie blickte ihn an, und sein Herz setzte einen Schlag lang aus.
Ally ging über die Brücke und spazierte um den See. Sie trug eine Zeitung bei sich, in der ein Brief steckte. Als sie zu ihrem Vater in den Bentley gestiegen war, hatte sie kaum etwas von seinen Geschäften mitbekommen. Dabei hatte sie immer gedacht, er säße im Auto unter einem Berg von Akten. Anscheinend hatte er alles weggeräumt, bevor sie eingestiegen war. Nur ein einzelner Briefumschlag, der unter der Armlehne steckte, hatte ihre Aufmerksamkeit geweckt, und sie hatte ihn rasch an sich
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