Tiefe Sehnsucht - stärker als alle Vernunft
sein.“ Er sah sie nachdenklich an. Warum sie wohl ausgerechnet in Los Angeles hatte studieren wollen, so weit von ihrem Zuhause entfernt? „Aber so ist es wohl in allen Großstädten.“
„Ja, wahrscheinlich“, stimmte sie zu, während sie das Band aufzog, das ihren Pferdeschwanz zusammenhielt. „Jetzt wohne ich in Malibu, und das ist ein bisschen besser. Aber immer noch ist alles viel hektischer als in Aspen.“
„Das ist eine sehr hübsche Gegend.“ Shane war ein paar Mal in Malibu gewesen, und auch wenn da für seinen Geschmack viel zu viele Menschen lebten, so hatte er den Blick auf das Meer immer sehr genossen. „Wohnst du nahe am Strand?“
„Ja. Ich habe eine Eigentumswohnung ziemlich nah am Pier. Ich bin sehr gern am Strand, und mein Spa- und Yogacenter ist nur ein paar Meilen entfernt. Das ist schon ein großer Vorteil.“
„Wer kümmert sich denn um deinen Laden, wenn du nicht da bist?“ Zärtlich strich er ihr eine blonde Haarsträhne hinters Ohr. „Du hast doch sicher jemanden, dem du voll und ganz vertrauen kannst.“ Langsam schob er ihr die Hand ins Haar und ließ die weichen Strähnen durch die Finger gleiten. Was für ein wunderbar sinnliches Gefühl … Doch dann rief er sich zur Ordnung. Wenn Lissa der Meinung war, dass sie miteinander sprechen und sich besser kennenlernen sollten, dann musste er sich auf ihre Worte konzentrieren. Denn schließlich verfolgte er ein Ziel. Und wenn er sie dazu bringen wollte, ihn zu heiraten, dann sollte er auf sie eingehen.
„Ich habe zwei sehr gute Assistenten“, erzählte sie schwärmerisch. „Michael ist ein ausgezeichneter Geschäftsführer und dazu noch ein fantastischer Masseur. Mit seinen Händen kann er geradezu Wunder vollbringen.“
„So, tatsächlich?“ Irgendwie nervte es Shane, dass außer ihm noch andere Männer magische Hände haben sollten. Warum ihn das ärgerte, konnte er nicht sagen und wollte es jetzt auch nicht genauer untersuchen.
Sie nickte begeistert, was ihn noch mehr störte. „Michael wärmt erst das Öl zwischen seinen Handflächen an, bevor er sie einem auf den Rücken legt und anfängt, die Muskeln zu bearbeiten …“ Sie schloss die Augen und lächelte verträumt, als fühle sie diese Hände … „Es ist einfach himmlisch.“
Das ging zu weit! Shane konnte sich nur mit Mühe zurückhalten, wenn ihm auch nicht klar war, warum er eigentlich so wütend war. Sicher, seiner Meinung nach schien sie es etwas zu sehr zu genießen, von diesen Händen massiert zu werden. Und wenn er sich dann noch vorstellte, dass nur ein dünnes Laken ihren nackten Körper bedeckte – wenn überhaupt – und dass sie mit dem Mann allein in einem bestimmt nur schwach erleuchteten Raum war, dann hatte er wohl allen Grund, verstimmt zu sein.
Doch da war noch ein anderes Gefühl, das ihn mehr verwirrte als ärgerte. Sie war sein. Sie gehörte zu ihm. Wieso empfand er so etwas wie einen Besitzanspruch? Er hatte vor Melissa reichlich Frauen gehabt, und nie war ihm in den Sinn gekommen, sie als seinen Besitz zu betrachten. Und Melissa hatte in Los Angeles sicher nicht wie eine Nonne gelebt.
„Hast du denn nicht auch Frauen, die Massagen geben? Sind sie schlechter als Männer?“ Wieso musste sie sich ausgerechnet von einem Mann massieren lassen?
„Nein, das kann man eigentlich nicht sagen. Aber Michael hat mehr Kraft in den Händen und kann so richtig bis ins Bindegewebe vordringen.“
„Wie lange arbeitet er denn schon für dich?“
„Lass mich mal überlegen. Vor ungefähr drei Jahren sind er und sein Mann Hector in die Wohnung unter mir eingezogen. Sie kamen aus Florida, und ich habe sie kurz nach ihrem Umzug eingestellt.“ Immer noch war sie stolz auf diese Entscheidung. „Ich hatte wirklich Glück, dass sie mir nicht von jemand anders weggeschnappt worden sind. Michael ist ein Meister seines Fachs. Und Hector ist ein ausgezeichneter Lehrer. Er unterrichtet Yoga und Meditation. Er leitet das Yogazentrum, wenn ich nicht da bin.“
Sowie Shane hörte, dass beide Männer homosexuell waren und daher ganz offensichtlich nicht an Lissa interessiert, verflog seine Wut, und er war ungeheuer erleichtert. Das wiederum beunruhigte ihn beinahe mehr als sein vorheriger Besitzanspruch. Was sollte diese Reaktion? Er war doch noch nie eifersüchtig gewesen. Um sich abzulenken, wechselte er das Thema. „Fehlt dir das Meer?“
„Oh ja, sehr. Es ist wunderbar, den Wellen zuzuhören, vor allem nachts, wenn ich im Bett liege und kurz vorm
Weitere Kostenlose Bücher