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Tiefe Wunden

Titel: Tiefe Wunden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nele Neuhaus
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Katharina von Marleen erfahren, war er unter Umständen seine Geldgeberin los. Erfuhr Marleen von seinem Vertrauensmissbrauch und den Lügengeschichten, die er ihr erzählt hatte, so würde sie ihm nie verzeihen, und er würde sie und sein Kind unweigerlich verlieren. Wie er es auch betrachtete, er saß in der Klemme. Das Telefon klingelte. Ritter öffnete die Augen und tastete nach dem Gerät.
    »Ich bin’s«, ertönte Katharinas Stimme an seinem Ohr. »Hast du schon gehört? Der alte Schneider ist auch ermordet worden.«
    »Was? Wann?« Ritter schoss hoch, das Wasser schwappte mit einem Schwall über den Rand der Badewanne und ergoss sich auf dem Parkettfußboden des Badezimmers.
    »In der Nacht von Montag auf Dienstag. Er wurde er schossen, wie Goldberg.«
    »Woher weißt du das?«
    »Ich weiß es eben.«
    »Wer erschießt denn wohl die alten Knacker?« Ritter bemühte sich um einen gleichgültigen Tonfall, erhob sich aus dem Wasser und betrachtete die Bescherung, die er angerichtet hatte.
    »Keine Ahnung«, sagte Katharina am anderen Ende der Leitung. »Mein erster Verdacht fiel auf dich, wenn ich ehrlich bin. Du warst doch neulich erst bei ihm und auch bei Goldberg, oder nicht?«
    Das verschlug Ritter für einen Augenblick die Sprache. Ihm wurde eiskalt. Woher konnte Katharina das wissen?
    »So ein Quatsch«, brachte er dann mühsam heraus und hoffte, dass seine Stimme belustigt klang. »Was hätte ich denn davon?«
    »Schweigen?«, schlug Katharina vor. »Du hast sie ja immerhin beide ziemlich unter Druck gesetzt.«
    Ritter spürte seinen Herzschlag bis zum Hals. Er hatte mit niemandem über diese Besuche gesprochen, mit wirklich niemandem. Katharina war schwer zu durchschauen und spielte nie mit offenen Karten. Ritter hätte nicht mit Bestimmtheit sagen können, auf wessen Seite sie eigentlich stand, und gelegentlich beschlich ihn das ungute Gefühl, für Katharina nicht viel mehr als ein Werkzeug zur Erfüllung ihrer eigenen Rache an der Familie Kaltensee zu sein.
    »Ich habe niemanden unter Druck gesetzt«, erwiderte er nun kühl. »Im Gegensatz zu dir, meine Liebe. Du warst bei Goldberg, und zwar wegen dieser bescheuerten Firmenanteile, um die ihr euch seit Urzeiten streitet. Vielleicht warst du auch bei Herrmann, hast dir ein paar Filme angeguckt und ein Fläschchen Bordeaux mit ihm gepichelt. Du würdest doch alles tun, um den Kaltensees eins reinzuwürgen.«
    »Lass es gut sein«, erwiderte Katharina nach einer kurzen Pause ruhig. »Die Polizei hat übrigens Robert im Visier. Würdemich nicht wundern, wenn der es getan hätte, er braucht schließlich immer Kohle. Aber jetzt schreib schön weiter. Vielleicht kriegen wir ja noch ein ganz aktuelles Kapitel über die liebe Familie Kaltensee.«
    Ritter legte das Handy neben das Waschbecken, ergriff ein paar Handtücher und wischte das Badewasser auf, bevor der Parkettfußboden Schaden nehmen konnte. In seinem Kopf wirbelten die Informationen durcheinander. Goldberg, der alte Widerling, erschossen. Schneider erschossen. Er wusste, dass Elard die beiden Alten aus unterschiedlichen Gründen zutiefst gehasst hatte. Robert war immer in Geldnot und Siegbert zweifellos hinter den verfluchten Firmenanteilen her. Aber war einer von ihnen fähig, deswegen einen Mord oder auch zwei zu begehen? Die Antwort war eindeutig: ja. Ritter musste grinsen. Eigentlich konnte er sich in aller Ruhe zurücklehnen und abwarten.
    »Time is on my side« , summte er und hatte keine Ahnung, wie sehr er sich damit irrte.
     
    Monika Krämer zitterte noch immer am ganzen Körper, während sie versuchte, das Nasenbluten mit einem nassen Handtuch und Eiswürfeln zu stoppen. Dieser arrogante, hässliche Scheißbulle hatte ihr richtig weh getan. Zu schade, dass er nicht mit dem Hals in die Flaschen gefallen war! Sie betrachtete ihr Gesicht im Badezimmerspiegel. Vorsichtig berührte sie ihre Nase, aber sie schien nicht gebrochen zu sein. Und das alles wegen Robert! Dieser Idiot musste mal wieder richtigen Mist gebaut haben, von dem er ihr nichts erzählt hatte. Sie hatte die Pistole in seinem Rucksack gesehen, von der er behauptet hatte, er habe sie gefunden. Mord, hatten die Bullen gesagt! Da hörte der Spaß wirklich auf! Monika Krämer hatte überhaupt keine Lust, die Polizei auf der Pelle zu haben, und mit der Begründung würde sie Robert auchendgültig rausschmeißen. Der wirkliche Grund war der, dass er ihr auf die Nerven ging. Es wurde immer schwerer, ihn loszuwerden. Zu dumm auch, dass

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