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Tiefe Wunden

Titel: Tiefe Wunden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nele Neuhaus
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nachgetragen, und gegen halb zwei waren sie zu ihrer Wohnung gewankt. Sein Bargeld war zwar jetzt aufgebraucht, und der Kerl wegen der Pistole hatte sich auch nicht gemeldet, aber er würde sich gleich auf den Weg machen, um die drei Schecks von Onkel Herrmann zu Kohle zu machen.
    »Ey, guck mal.« Moni kam ins Schlafzimmer und hielt ihm ihr Handy entgegen. »Ich hab gestern ’ne total wirre SMS gekriegt. Kapierst du, was das heißen soll?«
    Er blinzelte verschlafen und bemühte sich, auf dem Display etwas zu erkennen. SÜSSE, WIR SIND REICH! HAB AUCH DEN ANDEREN ALTEN UM DIE ECKE GEBRACHT. JETZT GEHT’S AB IN DEN SÜDEN!
    Auch Robert konnte sich keinen Reim auf die Nachricht machen. Er zuckte die Schultern und schloss wieder die Augen, während Moni sich laut Gedanken darüber machte, wer ihr eine solche Nachricht geschickt haben mochte und warum. Ihm brummte der Schädel, er hatte einen ekligen Geschmack im Mund, und ihre schrille Stimme nervte ihn schon wieder.
    »Dann ruf doch da an, wenn du wissen willst, wer’s geschrieben hat«, murmelte er. »Lass mich weiterpennen.«
    »Kommt nicht in Frage.« Sie zerrte an seiner Bettdecke. »Bis um zehn musst du hier verschwunden sein.«
    »Kriegst wohl wieder Besuch, was?« Eigentlich war es ihm egal, auf welche Weise sie sich Geld dazuverdiente, aber es störte ihn, dass er dann immer irgendwo herumsitzen und warten musste, bis der »Besuch« gegangen war. Heute Morgen hatte er überhaupt keine Lust aufzustehen.
    »Ich brauch die Kohle«, erwiderte sie. »Bei dir ist ja nichts zu holen.«
    Es klingelte an der Tür, die Hunde fingen an zu kläffen. Moni riss gnadenlos die Rollläden hoch.
    »Mach, dass du aus dem Bett kommst«, zischte sie nachdrücklich und verließ das Schlafzimmer.
     
    Behnke drückte erneut auf die Klingel und war überrascht, als eine Stimme aus der Sprechanlage »Hallo« krächzte. Im Hintergrund kläfften Hunde.
    »Hier ist die Polizei«, sagte Behnke. »Wir wollen zu Robert Watkowiak.«
    »Der ist nicht da«, erwiderte die Frauenstimme.
    »Lassen Sie uns trotzdem bitte rein.«
    Es dauerte eine Weile, bis der Türöffner summte und sie das Haus betreten konnten. In jedem Stockwerk roch es anders und nirgends wirklich angenehm. Die Wohnung von Monika Krämer befand sich im fünften Stock am Ende eines dunklen Flurs. Die Deckenlampe war offenbar kaputt. Behnke klingelte, und die dünne verschrammte Tür ging auf. Eine dunkelhaarige Frau blickte sie misstrauisch an. Auf dem Arm hielt sie zwei winzige Hündchen, in der freien Hand qualmte eine Zigarette, und hinter ihr lief der Fernseher.
    »Der Robert ist nich da«, sagte sie nach einem kurzen Blick auf Behnkes Ausweis. »Hab’n schon ewig nich mehr gesehen.«
    Behnke drängte sich an ihr vorbei und blickte sich um. Die Zweizimmerwohnung war billig, aber durchaus geschmackvoll möbliert. Eine hübsche weiße Couch, eine indische Holztruhe als Couchtisch. An den Wänden hingen Bilder mit mediterranen Motiven, wie es sie für ein paar Euro im Baumarkt zu kaufen gab, in einer Ecke stand eine große Palme. Auf dem Laminatboden lag ein bunter Teppich.
    »Sind Sie die Lebensgefährtin von Herrn Watkowiak?«, erkundigte sich Pia bei der Frau, die höchstens Ende zwanzig war. Sie hatte die gezupften Augenbrauen mit einem dunklen Augenbrauenstift übertrieben gewölbt nachgemalt, was ihr einen dauerhaft ungläubigen Gesichtsausdruck verlieh. Beine und Arme waren kaum dicker als die einer Zwölfjährigen, dafür hatte sie einen beachtlichen Vorbau, den sie in einem tief ausgeschnittenen Hemdchen ohne falsche Bescheidenheit präsentierte.
    »Lebensgefährtin? Nee«, erwiderte die Frau. »Der pennt manchmal hier, mehr nich.«
    »Und wo ist er jetzt?«
    Schulterzucken. Eine neue Menthol-Zigarette. Sie setzte diezitternden Hündchen auf der schneeweißen Couch ab. Behnke ging in den Nachbarraum. Ein Doppelbett, ein Schrank mit Spiegeltüren und eine Anrichte mit zahlreichen Schubladen. Das Bett war auf beiden Seiten benutzt. Behnke legte seine Hand auf das Laken. Es war noch warm.
    »Wann sind Sie aufgestanden?«, wandte er sich an Monika Krämer, die mit verschränkten Armen im Türrahmen stand und ihn nicht aus den Augen ließ.
    »Was soll’n das jetzt?« Sie reagierte mit der Aggressivität einer Ertappten.
    »Antworten Sie einfach auf meine Frage.« Behnke spürte, dass er kurz davor war, die Geduld zu verlieren. Die Frau ging ihm auf die Nerven.
    »Vor ’ner Stunde oder so. Was weiß ich.«
    »Und wer

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