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Tiefer gelegt

Tiefer gelegt

Titel: Tiefer gelegt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janet Evanovich
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die übrigen waren brandneue, überdimensionierte
Fertighäuser. Diese so genannten McMansions hockten protzig
auf ihren Grundstücken und verschanzten sich hinter schmiedeeisernen Toren, hinter denen gepflasterte Einfahrten und
üppige Gärten lagen. Wahrscheinlich rümpften die alteingesessenen Napelaner die Nasen über die monströsen Fertighäuser. Ich fand sie genial. Aber ich hätte mich auch mit einer der
Ranchervillen anfreunden können.
Insgeheim stellte ich mir vor, dass hinter den schmiedeeisernen Toren Filmstars oder Leute aus der Liste der Fortune
500 lebten. Die Wahrheit war wahrscheinlich weniger glamourös. Höchstwahrscheinlich gehörten diese Häuser durch die
Bank irgendwelchen Immobilienmaklern, die sich an dem
überteuerten Immobilienmarkt eine goldene Nase verdienten.
Bill hatte eine der Ranchervillen gemietet. Sie war schon
von weitem an dem gelben Absperrband zu erkennen, das die
Polizei vor dem Grundstück aufgespannt hatte, damit niemand
die geschwungene Auffahrt benutzte.
Hooker parkte am Straßenrand, und wir marschierten,
nachdem wir uns unter dem Band durchgeduckt hatten, zur
Haustür hoch. Selbst in der Dunkelheit waren die Blutflecken
auf der gelb gepflasterten Auffahrt und der Betonterrasse vor
dem Haus zu erkennen.
»Vielleicht solltest du lieber im Wagen warten«, sagte
Hooker. »Wir müssen nicht beide da reingehen. Ich suche nur
kurz Bills Sachen zusammen und schaue nach, ob das Boot
noch da ist.«
»Danke«, sagte ich, »aber es geht schon.«
Weil ein falscher Hundehaufen hier eindeutig fehl am Platz
gewirkt hätte, hatte Bill den Schlüssel unter einem Blumentopf
auf der Terrasse versteckt. Hooker hatte ihn bald gefunden und
die Tür geöffnet. Wir traten ein, und Hooker schaltete das
Licht an. In der Eingangshalle war der Boden mit weißem
Marmor gefliest und dahinter mit beigem Teppichboden belegt. Eine gruselige Blutspur zog sich quer durch die Eingangshalle bis zum Teppichboden. Wo Bill hingefallen und
sich wieder hoch gekämpft hatte, waren die Blutspuren verschmiert. Mitten in der Eingangshalle prangte ein perfekter
Handabdruck aus Blut. Bills Handabdruck. Davon ausgehend
zog sich ein Bogen von Blutspritzern über den Stein.
Ich merkte, wie sich mein Magen umdrehte, und sackte in
die Knie. Auf allen vieren und zitternd vor Anstrengung versuchte ich, die Übelkeit zurückzukämpfen.
Hooker hob mich hoch und trug mich auf die Toilette neben
der Eingangshalle. Er setzte mich auf den Klodeckel, drückte
mir den Kopf zwischen die Beine und legte ein klatschnasses
Handtuch in meinen Nacken.
»Tief durchatmen«, befahl er. Seine Hand lag auf dem
Handtuch in meinem Nacken. »Und drück gegen meine Hand. Drück. «
»Es ging wohl doch nicht«, schnaufte ich.
»Nur ein Unmensch würde von so was unberührt bleiben.«
Er ersetzte das Handtuch durch ein frisches, dessen Wasser
mir über den Hals in mein Hemd und auf die Hose rann. »Du
bleibst hier, während ich Bills Sachen hole. Versprich mir,
dass du dich nicht vom Fleck rührst.«
»Versprochen.«
Zehn Minuten später kam er mich holen. »Ich habe Bills
und Marias Sachen hinten in den Mini geladen. Kannst du
aufstehen?«
»Ja. Ich bin entsetzt, schockiert und stinksauer, aber mir ist
nicht mehr schlecht. Und ich werde nicht noch mal in die Knie
gehen, wenn ich beim Rausgehen Blut sehe. Ich hatte einfach
nicht damit gerechnet.«
Hooker nahm mich bei der Hand und führte mich an den
Blutspuren in der Eingangshalle vorbei nach draußen. Er
schaltete das Licht aus, schloss die Haustür ab und steckte den
Schlüssel ein.
»Ich will dir noch was zeigen«, sagte er. »Komm mit mir
hinters Haus.«
Wir folgten einem gepflasterten Pfad um das Haus herum,
vorbei an Bäumen voller Orangen und Grapefruits und an Blumen, deren Duft die warme Nachtluft würzte. Ein Pool erstreckte sich quer über den Garten, hinter dem Pool lag eine manikürte Rasenfläche, hinter der Rasenfläche ein Anlegesteg und dahinter der Kanal. Tief am Himmel hing ein voller Mond, dessen
Licht sich schimmernd im schwarzen Wasser spiegelte.
»Nett, nicht wahr?«, fragte Hooker.
Es war mehr als nett. Es war besänftigend. Hier, im Angesicht des Kanals, konnte man sich kaum vorstellen, dass in
dem Haus hinter uns etwas Schreckliches passiert war.
»Keine Sunseeker « , sagte ich.
»Nein. Aber andererseits haben wir schon gewusst, dass sie
das Gold haben.«
Wir kehrten zu unserem Auto zurück und ließen Port Royal
hinter uns.

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