Tiefer gelegt
verstehe«, fuhr
er fort. »Maria und Bill haben das Gold geborgen. Sie haben
auch den Kanister geborgen. Ich bin zu dem Wrack hinuntergetaucht nachdem Sie uns auf der Insel ausgesetzt hatten. Es
war leer geräumt. Salzar hat Bill und Maria aufgespürt, Bill
angeschossen und Maria mitgenommen. Das weiß ich aus dem
Polizeibericht. Also, eines will mir nicht in den Kopf. Warum
haben sie Maria mitgenommen? Warum nicht nur das Gold
und den Kanister? Warum haben sie Bill und Maria nicht an
Ort und Stelle erledigt? Darauf gibt es nur eine logische Antwort … weil sie das, was sie wollten, noch nicht bekommen
haben. Sie haben also Maria geschnappt. Sie bringen sie zum
Reden. Warum haben sie immer noch nicht bekommen, was
sie wollen? Warum haben sie sich jetzt noch Ihren Bruder und
Hooker geschnappt?«
»Keine Ahnung«, sagte ich. »Warum denn?«
»Weil Maria ihnen nicht verraten kann, was sie nicht weiß,
auch wenn man noch so lange versucht, sie zum Reden zu
bringen.«
Ich bedachte Schmierkopf mit meinem besten Blondinenblick. Ich traute ihm nicht. Ich würde ihm garantiert nichts verraten, was er nicht bereits wusste.
»Sie können mir da nicht zufällig weiterhelfen?«, fragte
Schmierkopf.
»Tut mir Leid. Ich war nicht an Deck, als Bill und Maria
von der Insel losgefahren sind. Wir hatten Wasser in der
Treibstoffleitung, deshalb war ich unten im Maschinenraum,
um die Happy Hooker wieder flottzumachen. Nur darum haben sie alles auf die Sunseeker umgeladen. Ich dachte wenigstens, dass sie alles umgeladen hätten.«
Schmierkopf hielt meinen Blick ein paar Herzschläge lang
gefangen. »Sie sollten mit uns zusammenarbeiten«, legte er
mir nahe. »Wir können Ihnen helfen.«
»Was ist aus dem Spitzel geworden?«
»Der ist verschwunden.«
»Erzählen Sie mir mehr über den Kanister«, verlangte ich.
»Das wollen Sie nicht wirklich wissen.«
»Ich kann es auch selbst rausfinden. Ich war dabei, als er
geborgen wurde, und ich weiß, wie er aussieht. Ich brauche
nur ins Internet zu gehen und nach den Markierungen zu suchen.«
Schmierkopf und Doofi wechselten schweigend einen
Blick.
»Erst werde ich Ihnen ein wenig Geschichtsunterricht geben«, sagte Schmierkopf. »Denn wenn ich Ihnen einfach so
erzähle, was in dem Kanister ist, werden Sie glauben, ich hätte
zu viele schlechte Filme gesehen.
Im Juni 1962 ließ Chruschtschow die Operation Anadyr anlaufen. Bis zum Herbst 62 hatten die Sowjets Kriegsmaterial in
Form von Mittel- und Langstreckenraketen, Boden-LuftRaketensystemen, Küstenverteidigungsraketen, MiGJagdbombern, Langstreckenbombern und Schlachtfeldartillerie
auf Kuba stationiert. Dazu befanden sich auf der Insel
zweiundvierzigtausend sowjetische Soldaten, die all diese
Geräte bedienten und die Kubaner daran ausbildeten.
Die Raketen waren mit nuklearen, konventionellen, chemischen und Mehrfachsprengköpfen bestückt, die Kuba verteidigen, aber auch bis in die USA vordringen konnten.
Chruschtschow war der Meinung, dass das nicht ausreichte.
Darum verließ am fünfzehnten September 1962 ein Frachter
namens Indigirka die Sowjetunion und legte am vierten Oktober in dem kubanischen Hafen von Mariel an. Die Indigirka
war beladen mit fünfundvierzig SS4- und SS5-Sprengköpfen,
sechsunddreißig unbemannten Flugdrohnen mit je etwa zwölf
Kilotonnen Sprengkraft und achtundzwanzig Sprengköpfen
mit einem neuen chemischen Kampfstoff namens SovarK2.
Daraufhin legte sich Kennedy mit den Sowjets an, und im
November begannen die Russen ihre strategischen Waffen aus
Kuba abzuziehen. Bis heute wurden siebenundzwanzig der
SovarK2-Sprengköpfe lokalisiert und entschärft. Der achtundzwanzigste Sprengkopf wurde nur Stunden, nachdem Kennedy
angeordnet hatte, alle sowjetischen Schiffe auf dem Weg nach
Kuba aufzuhalten, zusammen mit hundert Goldbarren aus der
Bank von Kuba außer Landes geschafft.
Geheimdienstliche Erkenntnisse lassen darauf schließen,
dass Castro sich eine Hintertür offen halten wollte, falls er das
Land verlassen musste. Er hätte damit genug Geld und Verhandlungsmasse gehabt. Das Gold und der Kanister mit SovarK2 wurden heimlich an Marias Großvater übergeben, der
sie womöglich nach Grand Cayman bringen sollte, von wo aus
alles per Flugzeug nach Südamerika weitertransportiert werden konnte.
Wir wissen nicht genau, was damals passiert ist, aber das
Fischerboot kam nie an dem vereinbarten Ziel an.«
»So wie ich gehört habe, sollte Marias Großvater das Gold
nach Kuba bringen«, sagte ich zu
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