Tiefer gelegt
Richtung, dachte ich. Bleib
wachsam. Tu deinen Job. Das war mein Mantra. Tu deinen
Job.
Der Job war leicht zu beschreiben. Nicht ganz so leicht zu
erledigen. Rette Bill, Hooker und Maria, ohne dass dabei der
Kanister den bösen Buben in die Hände fällt. Dazu musste ich
sicherstellen, dass die Guten nicht in Wahrheit zu den Bösen
gehörten.
Als ich in Key Largo eintraf, stand die Sonne schon tief am
Himmel. Auf den Keys hatte ich mich besonders verletzlich
gefühlt. Bei einer einzigen Straße rein und einer einzigen Straße raus blieben nicht viele Fluchtrouten. Was ziemlich beängstigend ist, wenn man einen heiß begehrten Kampfstoff im
Kofferraum spazieren fährt. Darum fuhr ich ohne Verzögerung
weiter auf die letzte Brücke und atmete erleichtert auf, als ich
endlich auf dem Festland war.
Ich trug immer noch die Sachen, die ich beim Tauchen angehabt hatte, und ich konnte es kaum erwarten, sie auszuziehen. Kurz vor Homestead hielt ich kurz bei einem Wal-Mart
an und besorgte mir ein komplett neues Outfit, Sneakers eingeschlossen. Außerdem holte ich mir an der Snackbar eine
Tüte Proviant. Und ich besorgte mir ein Ladegerät für mein
Handy.
Von hier aus ging es im Grunde nur nach Norden in Richtung Miami. Ich brauchte einen Platz zum Übernachten oder
zumindest zum Duschen, und ich fühlte mich in Homestead
immer noch sicherer als in Miami. Darum quartierte ich mich
im ersten Motel auf meinem Weg ein. Es gehörte zu einer einigermaßen preisgünstigen Kette. Ich zahlte bar und gab einen
falschen Namen an. Wenn schon Paranoia, dann wenigstens
richtig.
Der Kanister würde im Kofferraum des Mietwagens und
damit auf dem Parkplatz bleiben. Ich allein konnte daran
nichts ändern.
Ich nahm eine Dusche und zog mir die frischen Sachen an.
Dann schaltete ich den Fernseher ein und machte mich über
das Essen her.
Mein Handy läutete. Es war Rosa.
»Ich bin gerade mit Telefonieren fertig«, sagte Rosa. »Ich
habe eine weitere Liste mit Grundstücken, die Salzar gehören,
aber nur ein einziges Grundstück liegt nördlich von der Orange Bowl. Es ist keine gute Gegend.«
Ich ließ mir von Rosa die Adresse geben und versicherte
ihr, dass ich sie zurückrufen würde. Dann wühlte ich in meinem Portemonnaie, bis ich Schmierkopfs Handynummer gefunden hatte.
»Ja?«, meldete er sich.
»Devil Woman.«
Es blieb kurz still. Ich hatte ihn überrascht.
»Wo sind Sie?«, fragte er.
»Im Fandango.«
»Nein, sind Sie nicht. Sie haben sich nicht mal angemeldet.«
»Und wo sind Sie?«
»In Coral Gables.«
Offenbar hatten sie sich wieder an Salzars Fersen geheftet.
Salzar wohnte in Coral Gables.
»Wissen Sie was Neues über meinen Bruder und Hooker?«,
fragte ich.
»Ich hab’ die beiden nicht gesehen.«
»Ich weiß, wo sie sind.«
Okay, das war leicht übertrieben. Ich wusste, wo sie sich
möglicherweise aufhielten. Aber ich brauchte Schmierkopfs
ganze Aufmerksamkeit.
»Und?«, fragte der.
»Ich möchte, dass Sie die drei rausholen.«
»Haben Sie schon einen Gedanken an die Details dieser
Rettungsmission verschwendet?«
»Ich dachte, das wäre eher Ihr Gebiet.«
»Ich bin im Grunde kein Durch-die-Tür-platz-drauflosschieß-Agent. Sondern eher ein leiser, Vor-der-Tür-lausch
Agent.«
Das glaubte ich nach dem, was ich bisher gesehen hatte, nur
zu gern. »Hören Sie, es ist mir egal, wie Sie es anstellen«,
sagte ich. »Fordern Sie meinetwegen eben die Marines an.
Hauptsache, Sie tun es.«
»Also gut, ich will Ihnen die Wahrheit sagen. Damit würden wir alles vermasseln. Ich will Salzar kriegen, und ich werde mein gutes Blatt nicht aus der Hand geben, indem ich einen
Feuersturm inszeniere, nur um Ihren Bruder zu retten.«
»Dann will ich Ihnen auch die “Wahrheit sagen. Ich habe
die Bombe, und ich schicke Sie per FedEx nach Kuba, wenn
Sie mir nicht helfen.«
Schweigen. »Ich glaube Ihnen nicht, dass Sie die Bombe
haben«, sagte Schmierkopf schließlich.
»Morgen früh schicke ich Ihnen eine MMS mit Bild. Sie
haben doch ein Fotohandy, oder? Bis dahin sollten Sie sich
eine Rettungsoperation überlegt haben.« Dann trennte ich die
Verbindung.
Trotzig wählte ich die Nummer von Hookers Handy und
ließ es läuten, bis sich die Mailbox einschaltete. Danach aß ich
zu Ende und schaute wieder fern. Ich schlief in meinen Kleidern und schreckte alle paar Stunden hoch. Um fünf Uhr gab
ich das Schlafen auf und machte mich wieder auf den Weg. Es
war immer noch dunkel, und der Parkplatz lag unter fahlem,
von Nebelschwaden
Weitere Kostenlose Bücher