Tiefer gelegt
eine Trageschlaufe und eine zweite Leine für den Kanister mit runter.
Sobald Sie im Wasser sind, bekommen Sie mehr Leine. Sie
haben erzählt, der Kanister würde in etwa fünf Metern Tiefe
liegen?«
»Ja. An der Mündung des Wasserlaufes, genau in der Mitte
des Flusses.«
»Sie werden kaum was erkennen können. Die Rotoren werden das Wasser aufwirbeln und das Sediment aufwühlen. Verlieren Sie keine Zeit. Tauchen Sie gleich zum Boden runter
und versuchen Sie, den Kanister zu finden. Ryan wird Ihnen
jetzt den Headset abnehmen und Sie in eine idiotensichere
Tauchausrüstung stopfen. Sie werden eine Taschenlampe am
Handgelenk haben. Mit der leuchten Sie nach oben, wenn wir
Sie hochziehen sollen, oder Sie folgen einfach dem Kabel an
die Wasseroberfläche. Sobald Sie den Kanister in der Trageschlaufe haben, holen wir Sie rauf. Den Kanister ziehen wir
hoch, nachdem Sie wieder an Bord sind. Heute geht nicht mal
ein Lufthauch. Eigentlich dürfte es keine Probleme geben.«
Ich will die Wahrheit gestehen. Angst war gar kein Ausdruck für das, was ich empfand. Ich konnte nicht glauben, dass
ich tatsächlich eine so blödsinnige Idee gehabt haben sollte.
Ich konnte erst recht nicht glauben, dass ich zwei Männer
überredet hatte, mir zu helfen. Der Ausdruck nicht zu Ende
gedacht drängte sich auf.
»Aber ich habe nicht mal einen Badeanzug an!«, protestierte ich.
»Wir mussten Ihnen das Gurtzeug draußen anziehen, damit
wir sicher sind, dass es richtig sitzt. Ich nehme nicht an, dass
Sie gern in Unterwäsche auf dem Hoteldach rumgelaufen wären«, antwortete Chuck. Dann sah er zu mir herüber. »Atmen
Sie noch?«
»Nein.«
»Sie dürfen da unten auf keinen Fall vergessen zu atmen.
Es ist verdammt schwer, jemanden hochzuziehen, der bewusstlos am Seil hängt.«
Wir schwebten knapp über den Baumspitzen genau über dem
Wasserlauf. Ich spähte kurz nach unten und konnte in dem wirbelnden Wasser einen Blick auf den Kanister erhaschen.
Chuck lächelte. »Ich sehe ihn«, sagte er. »Kleinigkeit. Gehen Sie nach hinten zu Ryan, dann macht er Sie klar.«
Ich krabbelte nach hinten, und Ryan ließ mich auf den Boden sitzen, wo er mit mir die gesamte Ausrüstung durchging
»Sie brauchen sich wirklich keine Gedanken zu machen« sagte
er. »Versuchen Sie, es zu genießen. Schließlich haben Sie
nicht jeden Tag Gelegenheit, sich aus einem Helikopter abzuseilen.«
Ich hörte mich leise wimmern.
Ryan grinste breit. »Sie schaffen das schon«, versicherte er
mir. »Ich nehme Ihnen jetzt den Headset ab und setze Ihnen
dafür eine volle Gesichtsmaske auf. Sie dürfen nur das Atmen
nicht vergessen. Sobald Sie die Maske auf haben, rutschen Sie
rüber zur Tür. Sie werden spüren, dass ich Sie halte. Machen
Sie sich überhaupt keine Sorgen. Ich passe auf Sie auf. Bleiben
Sie so ruhig wie möglich, während ich Sie abseile. Und schauen Sie nach unten, damit Sie wissen, wann Sie das Wasser
erreicht haben. Konzentrieren Sie sich ganz auf das Wasser
und auf Ihr Ziel.« Damit nahm er mir den Headset ab und platzierte die Maske auf meinem Gesicht. Ich spürte seine Hand
auf meinem Rücken und begriff, dass ich jetzt zur Tür rutschen sollte, aber ich war wie gelähmt. Mein Herz klopfte so
wild, dass mein ganzer Körper bei jedem Schlag erbebte. Ich
fuhr herum und krallte mich mit beiden Händen in Ryans
Hemd. Wir sprechen hier von einem echten Todesgriff, bei
dem sich meine Finger in den Stoff bohrten und die Nägel
möglicherweise die Haut durchstießen. Ich schüttelte den Kopf nein, nein, nein und babbelte wirr in meine Maske.
Ryan klopfte mit dem Finger gegen die Taucherbrille, um
mich aufzurütteln. Dann löste er mit sanfter Gewalt meine
Finger aus seinem Hemd und zwang mich in eine Art Krabbengang, in dem ich gehorsam an die offene Luke krabbelte.
Dann hing ich unversehens an einem Kabel und schwebte
langsam dem Wasser entgegen.
Ich meine mich schwach zu erinnern, dass ich schrie. Dass
die Schreie in dem lauten Zischen der Luft in meiner Maske
und in dem Knattern der Rotorblätter untergingen. Ich
schwang unter dem Helikopter hin und her und kämpfte verzweifelt gegen eine neuerliche Panikattacke. Noch einmal
versuchte ich, Hooker nackt vor mein inneres Auge zu zwingen, aber diese geistige Krücke half hier nicht mehr weiter.
Die durch die Rotoren nach unten gedrückte Luft wirbelte das
Wasser auf und sprühte es auf meine Maske. In meinem Kopf
herrschte reines Chaos. Im ersten Moment begriff ich
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