Tiefer
abgriffelten, das hätte er auch für sein Leben gerne einmal
gesehen. Natürlich würden sie sich dabei nur scharf machen für ihn, und sobald sie richtig heiß waren, würde er sich erst
die eine und dann die andere vornehmen und ihnen zeigen, wo dem Öhi der Hammer gewachsen war. Das Leben am Ticketschalter
war doch gar nicht so übel. Ab und zu fahren Touristinnen auf einen ab, und das entschädigt einen schon für Tage, in denen
das Aufregendste eine Oma ist, die einem ein Kräuterbonbon anbietet. Schorsch suchte die kleinen Gondeln ab, wie sie sich
am Hang bewegten. Das Fernglas war gut, und er konnte sogar die kleinen Nummern auf den Kabinen erkennen. Und da hatte er
die beiden in der Nummer vierzehn. «Wahrscheinlich ihr Alter», dachte Schorsch und grinste, in seiner Lederhose juckte es
wieder gewaltig. Na, die Mäuse würden staunen, wenn sie ihn hier unten fanden. Frei, willig und kenntnisreich. Aber nicht
die Mäuse staunten, Schorsch staunte. Denn die Dunkelhaarige, die mit dem Cowboyhut, hatte ihr Top nicht mehr an, und die
andere, Schorsch konnte es nicht glauben, saß splitterfasernackend in der kleinen Gondel. Schorsch drehte am Rädchen des Fernglases,
glaubte noch halb an einen Notfall, vielleicht Kreislaufkollaps, weil es so heiß in den Gondeln war, aber dann wurde seine
Sicht schärfer, und er sah alles. Über den grasenden Kühen trieben es zwei Mädchen in der kleinen schwankenden Gondel. «Ka
Sünd auf der Alm», murmelte Schorsch und spuckte |58| aus, «auf der Alm fei net, aber in den Gondeln Dutterln nuckeln, ich glaub’s net.» Er konnte sich nicht losreißen. Die beiden
Mädchen saßen auf den hinteren Plätzen nebeneinander in Fahrtrichtung, die Nackende hatte einen Fuß auf die gegenüberliegenden
Sitze gestellt, und die andere beugte sich über sie, saugte an einer Brust und hatte eine Hand zwischen den Beinen ihrer Freundin.
Schorsch konnte genau sehen, wie sie den Kopf zurücklegte und lachte.
Kein Wunder, dass die beiden immer wieder mit dem Lift fahren wollten. «Lift porno», murmelte Schorsch, gab seinem Vetter
mit einem Grunzen das Fernglas zurück und ging nach Hause, Viva gucken.
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|59| Frau Dr. Knigge spricht
Ellen Rieberhorst hatte noch nie etwas gewonnen. Seit Jahren ergänzte sie Lückentexte über die Cremigkeit von Schokoladenpudding,
suchte dicke Kataloge nach Sternen, Engelchen oder Marienkäfern ab und löste Kreuzworträtsel. Nie hatte sie gewonnen. Bis
zu dem Tag, als das Telefon klingelte und eine sehr höfliche, völlig akzentfreie und samtige Männerstimme sich als Chefredakteur
Jensen vorstellte und ihr sagte, dass «Le Moineau», das Magazin für feine Lebensart und stilvolle Erotik, sich freue, ihr
den Hauptpreis zuerkennen zu dürfen: einen Abend mit einer Benimmlehrerin, die schon in Königs- und Grafenhäusern für den
rechten Umgang gesorgt habe. Ellen Rieberhorst überlegte, wie das alles sein könnte, denn eine Zeitschrift für Lebensart und
Erotik gehörte nicht zu den Heften, die sie im Lesezirkel abonniert hatte. Doch dann erinnerte sie sich an ein Hochglanzmagazin,
das sie bei ihrer Frauenärztin in den Händen gehabt hatte. Auf dem Cover war eine Zeichnung gewesen, das wusste sie noch genau,
weil es ungewöhnlich war für Zeitschriften, eine goldene Vogelvoliere, auf dessen geöffneter Tür ein Vogel mit langen Schwanzfedern
gesessen hatte und von einer schönen Frau auf den Schnabel geküsst wurde. |60| «Stell dir vor», sagte sie zu ihrem Mann, als der von der Schicht kam, «wir haben in einem Erotikmagazin eine Benimmlehrerin
gewonnen, die kommt morgen Abend.» – «Was will die denn? Dass wir höflich ficken?» Ellen Rieberhorst unterbrach ihn mit einer
gebieterischen Geste, «ab heute herrschen hier andere Umgangsformen», sagte sie und sprach alles so deutlich aus, wie sie
konnte, was sich anhörte, als hätte sie die Backentaschen voller Kirschkerne. «Und das fängt damit an, dass du duschst. Und
nimm ein Deo.» Wilfried Rieberhorst brummelte zwar noch etwas, aber seine Frau war schon auf dem Weg ins Schlafzimmer, um
ihre Dessous zu sichten, die zu weiten Teilen aus schwarzen verwaschenen Baumwollschlüpfern und ebensolchen Achselhemden bestanden.
Sie suchte die am besten erhaltenen aus, bügelte ihren Kimono aus Kunstseide, hängte alles zurecht und dachte dabei, dass
die Benimmlehrerin wahrscheinlich das Eingießen von Sekt, das elegante Abrollen von
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