Tiefer
in die Hände, und
die beiden auf dem Bett fuhren auseinander. Ellen Rieberhorst empörte sich: «Er gibt sich doch Mühe!» – «Das reicht aber nicht,
bei Ihnen beiden nicht», zwitscherte die Dame wieder und dozierte: «Der eheliche Geschlechtsverkehr – und der uneheliche natürlich
auch – ist gekennzeichnet von beiderseitigem Einfühlungsvermögen und Phantasie, durch das ständige Versichern der eigenen
Begehrlichkeit wird er zum schönsten Inbegriff der gegenseitigen Erregung und Hochachtung.» Ellen Rieberhorst und ihr Mann
sahen sich verständnislos an, bis die Dame seufzte, «würden Sie bitte, Frau Rieberhorst, nicht einfach nur so daliegen, sondern
ihrerseits die Geschlechtsorgane ihres Gatten stimulieren und ihn ihre Anteilnahme durch leises rhythmisches Stöhnen miterleben
lassen. Und |64| Sie, Herr Rieberhorst, sollten ihr Fingerspiel abwechslungsreich gestalten und an verschiedenen Körperstellen Liebkosungen
vornehmen. Es bietet sich zum Beispiel an, die Ohrmuschel und die Wange ihrer Frau mit Küssen zu bedenken, bis sie Ihnen ihren
Mund darbietet. Und erst, wenn sie mit der Zunge dorthinein vorgedrungen sind, erst dann ist es Zeit für vaginale Stimulationen.»
Herr Rieberhorst begann am Ohr seiner Gattin zu saugen und dabei auf ihren Bauch zu trommeln, als sei er ein einhändiger Pianist,
während sie alle paar Sekunden «hmmmm» stöhnte und genauso lang wieder einatmete, um dann wieder «hmmmm» zu stöhnen. Die Dame
ließ die beiden eine Weile gewähren und legte nur einmal beschwichtigend ihre Hand auf die von Herrn Rieberhorst, dessen Finger
mittlerweile doch in die Spalte seiner Frau geschlüpft waren und sich dort etwas, wie ihr scheinen wollte, unangemessen heftig
bewegten. «Nicht so echauffiert», flüsterte sie, «behutsam, mit Contenance. Nun wäre es Zeit, Ihre manuelle Deflorierung zu
beenden, um zur eigentlichen Penetration überzugehen, während ihre Gattin den Rest ihrer Leibwäsche entfernt.» Ellen Rieberhorst
griff schon nach ihrem Hemd, um es sich über den Kopf zu ziehen, als ihr Mann sich zu der Dame herumwarf, sein Kopf war fast
so rot wie der zweite kleinere, der vor seinem Bauch zuckte. «Das Einzige, was sich jetzt hier entfernt, sind Sie. Machen
Sie sich vom Acker, Gnädigste, während ich meine Alte besteige.» Ellen Rieberhorst kicherte und strich ihrem Mann bewundernd |65| über die spärlich behaarte Brust, als die Benimmlehrerin ihr Köfferchen packte und halb beleidigt, halb schmunzelnd zur Tür
eilte. «Dass du noch so leidenschaftlich sein kannst nach all den Jahren», hauchte Ellen Rieberhorst und schmiegte sich eng
an ihren grün besockten Gatten.
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|66| Der Held im Tulpenbeet
«Puppenstube» war das Erste, was mir einfiel, als unser Wagen um die Kurve bog und wir in das Dorf hineinfuhren, ein Schlumpfhausen
im Gargamelformat, ein begehbares Märchenbuch. Ich seufzte. Bei zu viel Harmonie werde ich misstrauisch, und die kleinen bunten
Fachwerkhäuser, die possierlichen Steinfiguren in den niedlichen Gärten, die hübschen Vorhänge und kopfsteingepflasterten
Wege machten mich sofort misstrauisch. Geradezu gruselig: Wolken, die wuscheliger waren als meine Abschminkpads im Beautycase,
ein Flüsschen, das sich durch den Ort schlängelte, darauf kleine bunte Boote und über allem ein durchdringender Geruch nach
Butterkuchen mit dicker Zuckerkruste. Ich stellte mir vor, wie die Menschen hier den ganzen Tag summend durch die Gassen tänzelten,
sich dampfend frisches Brot und handgeschriebene Briefe an die Haustüren brachten, wie die Kinder an den Händen gefasst Abzählreime
in den Vorgärten sangen und dralle rotwangige Landfrauen schäumende Milch in Kübeln zum Pfarrer trugen, um sich mit lieblichen
Stimmen einen schönen Tag zuzuzwitschern. Und da rief auch schon jemand, wie auf Bestellung: «Rüüüdiger», keifte es über den
Marktplatz, eine kratzige Stimme, |67| die klang, als hätte ihre Besitzerin rostige Ako-Pads in der Kehle. Die Frau, die zu der Stimme gehörte, war riesig und trug
eine weiße Kittelschürze aus Nylon, die über Busen und Hintern fast platzte. Ich grinste. Rüüüdiger selbst passte zu seiner
Mutter, ein Früchtchen, das zusammen mit einigen anderen Halbgaren im Schatten der Kirche stand und klebrige Heftchen tauschte.
Die Riesin zog ihre Missgeburt mit sich fort, und wir parkten. Mit Wohlgefallen betrachtete ich die Minimafiosos, die da an
der
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