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Tiefflug: Der vierte Fall für Kommissar Jung (German Edition)

Tiefflug: Der vierte Fall für Kommissar Jung (German Edition)

Titel: Tiefflug: Der vierte Fall für Kommissar Jung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinhard Pelte
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Punkt. Aber ich habe inzwischen Silberhochzeit gehabt.«
    »Was? Das könnte ich mir in meinem Fall überhaupt nicht vorstellen.«
    »Wie man sieht!«, lachte Jung noch einmal.
    »Wieso? Was sieht man?«
    »Na, du lebst doch allein. Oder versteckst du eine Frau in deinem Haus?«
    »Ach so. Nein, natürlich nicht. Ich bin allein.«
    Tiny nahm einen großen Schluck Bier aus seinem Glas und sah Jung nachdenklich zu, wie er sich eine Portion Gratin auf den Teller tat. Er schnitt einen großen Happen mit Fettrand von seinem Entrecote, schob es in den Mund und kaute lange darauf herum. Jung merkte ihm an, wie es in ihm arbeitete. Sie aßen eine Weile schweigend. Schließlich nahm Tiny das Gespräch wieder auf.
    »Ich werde heiraten.« Tiny klang, als hätte ihn ein heiliger Blitzstrahl getroffen.
    »Hast du denn schon eine Frau dafür?«, lachte Jung.
    »Nein. Noch nicht.«
    »Du hast doch Maria, Tiny. Warum machst du ihr nicht einen Antrag?«
    »Maria? Willst du mich verarschen? Sie ist viel zu alt und Portugiesin.«
    »Ist sie denn noch zu haben?«
    »Weiß ich nicht. Habe nie danach gefragt.«
    »Und wie alt ist sie?« Jung nahm einen Schluck Rotwein.
    »Weiß ich auch nicht. Jedenfalls sieht sie uralt aus.«
    »Und warum keine Portugiesin?«
    Tiny ließ ihn auf eine Antwort warten. Er beendete sein Essen und trank das Bier aus. Dann wischte er sich mit dem Handrücken den Schaum aus dem Bart und stellte fest:
    »Wenn du eine Portugiesin ins Haus lässt«, er zielte dramatisch mit dem Zeigefinger auf Jungs Brust, »dann malt sie sich sogleich aus, wo das Kinderzimmer sein soll und wie sie es einrichten würde. Nee, nee, mein Lieber«, er schüttelte verneinend den Kopf, »die wollen alle nur eines: versorgt werden. Und Kinder nehmen sie als Geiseln, um dich zu erpressen. Die Pest, sag ich dir.«
    Jung lachte. Das Thema fing an, ihn zu langweilen.
    »Komm, lass uns zahlen. Wolltest du mir nicht die Bar zeigen?«
    »Die Disko unter der Praca, ja.« Tiny sah zu, wie Jung in seinen Taschen nach Geld suchte. »Lass mal stecken, ich zahle. Du bist mein Gast.«
    »Danke, Tiny.«
    Sie erhoben sich. Es war inzwischen dunkel geworden. Jung konnte am Himmel keine Sterne ausmachen. Tiny zahlte und gesellte sich danach wieder zu ihm.
    »Noch ein bisschen früh. Aber nicht zu früh für einen steifen Drink.« Tiny eilte mit großen Schritten zum Westausgang der Praca central und stieg einen Kellergang die Stufen hinunter. Jung mochte Keller nicht, schon gar nicht, wenn sie der Geselligkeit und dem Amüsement dienten. Wenn er in die Welt der Unterhaltung hinabsteigen musste, überfiel ihn zwanghaft der Wunsch, es möge da unten heller und lichter zugehen. Ihn erfasste eine dumpfe Beklommenheit, wenn er aus Lichtmangel nichts sehen und vor Lärm nichts hören konnte. Er fühlte sich unwohl da unten. Tiny schien diese Probleme nicht zu kennen. Er bewegte sich, als sei er hier zu Hause. Er hätte niemals Mühe gehabt, sofort zwei Plätze am Tresen zu ergattern, auch wenn der Keller voller als am heutigen Abend gewesen wäre.
    »Was trinkst du?«, fragte er forsch.
    »Ich möchte einen Whiskey, ohne alles.«
    »Gute Wahl. Ich auch. Hi, Karim, how are you doing?« Tiny begrüßte den Bartender wie einen alten Kumpel.
    »Just fine, Tiny. Everything okay?« Er sah Tiny in die Augen und zwinkerte ihm zu. Als er keine Antwort bekam, fragte er: »Same as usual?«
    »Whiskey pure, for my friend too«, beeilte sich Tiny.
    »Okay, Tiny. I’m on the way.«
    Tiny sah sich in der Diskothek um wie ein Bär, der sich aufmerksam witternd über seine Hinterläufe aufgerichtet hatte.
    »Was siehst du? Ich sehe gar nichts. Zu dunkel hier«, bemerkte Jung.
    »Nichts los heute. Keine Frauen. Muss dich enttäuschen, Tomi.«
    »Macht nichts. Wir haben ja das Fernsehen.« Er hatte sich der Theke zugewandt und sah hinauf zu einem riesigen Bildschirm, der unter der Decke hinter dem Tresen hing und seine Bilder stumm in den Raum schleuderte. Tiny drehte sich um, hob die Augen und blickte dann gebannt auf die lautlose Flut aufgeregter Nachrichten über den Entführungsfall an der Algarve.
    »Verdammt, verdammt, verdammt. Das glaube ich einfach nicht!«, rief Tiny gegen den Lärm an. Er wandte sich zu Jung und sah ihn auffordernd an.
    »Was?«, wollte Jung wissen.
    »Dieser aufgequirlte Haufen Scheiße wird immer dicker. Unglaublich, geradezu unheimlich. Mann, oh Mann, diese Kacke ist einfach nicht zu fassen.«
    »Immerhin handelt es sich um die brutale Entführung

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