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Tiefflug: Der vierte Fall für Kommissar Jung (German Edition)

Tiefflug: Der vierte Fall für Kommissar Jung (German Edition)

Titel: Tiefflug: Der vierte Fall für Kommissar Jung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinhard Pelte
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wiederholten Mal.
    »Was haben Sie? Ist Ihnen da drinnen der Teufel begegnet?«, empfing ihn Amalia besorgt.
    »Ja, wenn Sie so wollen. Ich sah das entführte englische Mädchen auf einem überdimensionierten Steckbrief abgebildet.«
    Amalia lachte schallend. Jung war ernst geblieben und wunderte sich über ihre Reaktion.
    »Warum lachen Sie?«
    »Sie wissen gar nicht, wie recht Sie haben, Senhor Jung«, erwiderte sie, noch immer lachend.
    »Wie darf ich das verstehen?«
    Ihr Gespräch wurde von dem Kellner unterbrochen, der Wasser, Brot, Butter und schwarze, kleine Oliven vor sie auf den Tisch stellte. Er entkorkte eine halbe Flasche Weißwein und schenkte Jung einen Probeschluck ins Glas. Obwohl Jung mit seinen Gedanken ganz woanders war, erweckte die frische Fruchtigkeit des Weines seine volle Aufmerksamkeit. Er las auf dem Etikett, dass er aus Borba, einer Gemarkung im Alentejo, stammte. Er wollte sich das merken, nahm er sich vor. Sie kosteten die Oliven und das frische Brot. Es schmeckte und verleitete sie, kräftig zuzulangen. Jung bekam Appetit.
    »Warum haben Sie vorhin so gelacht, Amalia?«, kam Jung auf seine Frage zurück. »Tut Ihnen das Kind nicht leid?«
    »Ja und nein«, erwiderte sie gefühllos. »Sie und ihre Eltern sind mir eigentlich schnurzpiepegal.«
    Jung registrierte erstaunt, dass ihr die deutsche Floskel geläufig war und sie davon in diesem Zusammenhang Gebrauch machte. Er nahm einen größeren Schluck Wein und legte eine Pause ein. Ihre zur Schau gestellte Gefühlskälte passte nicht zu dem Bild, das er sich von ihr gemacht hatte. Er sah länger auf das Meer und bewunderte die bizarren Felsformationen vor dem Strand.
    Die Salate kamen auf den Tisch, und sie konzentrierten sich auf das Essen. Der Tintenfisch war, ähnlich wie ein Carpaccio, in feine Scheiben geschnitten und nur mit Olivenöl und etwas Essig angemacht. Den außergewöhnlichen Pfiff bekam der Salat durch ein klein gehacktes, grünes Kraut. Es musste Liebstöckel sein. Jung konnte sich blass an den Geschmack erinnern. Seine Großmutter hatte das Kraut früher an ihre köstliche Kartoffelsuppe gegeben. Später war ihm Liebstöckel nicht mehr begegnet.
    Amalia hatte mit gutem Hunger den Salaten zugesprochen und nahm ihre Unterhaltung wieder auf.
    »Sie werden sich vielleicht wundern, dass mich die Entführung kaltlässt. Aber ich kenne die Kleine von einer ganz anderen Seite. Mehr zufällig. Die Eltern übrigens auch.«
    »Woher?«
    »Meine Schwester ist ausgebildete Kindergärtnerin und arbeitet im Clube Atlantico als Betreuerin. Sie hat sie beaufsichtigt, allerdings nur ein einziges Mal.«
    »Und das hat ausgereicht, sie richtig kennenzulernen?«
    »Es hat ihr gereicht. Sie hat abgelehnt, es noch einmal zu tun.«
    »Was war passiert?«
    »Meine Schwester ist wirklich nicht empfindlich und mit Kindern normalerweise sehr geduldig. Aber die kleine Engländerin hat sie alle geschafft. Sie war unausstehlich. Meine Schwester meinte sogar, sie sei wirklich asozial. Ein verträgliches Zusammensein mit anderen Kindern war unmöglich. Sie war nicht tragbar, sagt sie.«
    »Was haben die Eltern dazu gesagt?«
    »Sie haben ihr Inkompetenz, Verleumdung und Undankbarkeit vorgeworfen.«
    »Und dann?«
    »Nichts. Es hat sich für meine Schwester Ersatz gefunden. Geld braucht hier schließlich jeder.«
    »Ach, so ist das.« Jung nickte mit dem Kopf. »Sie ist sicherlich eine von diesen armen Gören, von denen die Psychologen behaupten, sie seien Opfer ihrer Eltern«, meinte er nachdenklich.
    Sie mussten ihr Gespräch unterbrechen, weil der Kellner den Hauptgang servierte. Der Peixe Espada sah tatsächlich aus wie ein dickes Stück Schlange. Nur hatte er jetzt die silbrige Haut verloren und zeigte auf der Oberseite die krosse Signatur eines heißen Holzkohlengrills. Dazu gab es als einzige Beilage gepellte Kartoffeln. Der Fisch roch verführerisch und dampfte auf dem Teller. Jung sah seiner Begleiterin in die hübschen Augen, wünschte einen guten Appetit und tranchierte erwartungsfroh den ersten Bissen von der Mittelgräte. Er fiel ihm förmlich auf den Teller, leicht und unbehelligt von Flossen und anderen Fischbeinen, die herauszupräparieren oft den Verzehr komplizierten und den Genuss schmälerten. Der Geschmack zu den leicht süßlichen Kartoffeln war unvergleichlich: sehr fein, sehr meerig, sehr fest. Jung war begeistert und lobte schwärmerisch die Küche.
    »Ich habe Ihnen nicht zu viel versprochen, nicht wahr?«, ging Amalia auf seine

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