Tiefschlag
Frau wenigstens nicht. Bevor man einen Mann heiratet, liegt er die ganze Nacht wach und denkt über etwas nach, das man gesagt hat. Nach der Hochzeit schläft er schon, bevor man einen Satz zu Ende gebracht hat.»
«Ich bin anders», sagte Sam. «Ich bin einer von den Kerlen, die noch kompromißlos der altmodischen westlichen Sitte die Stange halten: eine Ehefrau und wenige Geliebte.»
«Klingt, als hätten wir zwei eine Menge zu klären.»
«Etwas, worauf ich mich freue», sagte er. «Ich werde nichts anderes sagen, falls Sie sich in Luft auflösen. Ich habe den Eindruck, Sweet Willy könnte uns beiden guttun. Wenn ich nichts mehr von Ihnen höre, werde ich Sie gegen halb acht abholen.» Er lauschte auf das leise Klicken am anderen Ende der Leitung, als sie den Hörer auflegte, dann machte er das gleiche. Er ging zu seinem Tapedeck und warf einen Blick auf die Kassetten im Regal. Doch er sah keine einzige. Es war Frühling, und die Welt war voller wunderschöner Frauen.
KAPITEL ELF
J anet begann allmählich, ein normales Leben zu fuhren. Sie hatte es immer geahnt. Daß sich eines Tages alles positiv für sie regeln würde. Daß es möglich war. Nein, falsch. Sie hatte schon immer gehofft, daß es sich irgendwie regeln würde, aber es hatte auch immer wieder Zeiten gegeben, da hatte sie alle Hoffnung verloren, es werde je dazu kommen. Es war noch nicht solange her, als Norman, ihr letzter Freund, sie in Todesangst versetzt hatte, bevor Geordie sie dann vor ihm rettete.
Aber das alles lag jetzt hinter ihr.
Sie begann allmählich, ein normales Leben zu führen.
Sie hatte zwei Katzen, zwei Topfpflanzen in der Küche und zwei Nachbarn oben, und dann hatte sie auch noch Geordie. Geordie hatte ebenfalls zwei Topfpflanzen in seinem Zimmer, aber die waren nicht wie Janets. Janets Topfpflanzen waren geschwätzig und keß. Geordies hingegen machten den Eindruck, als hätte noch nie jemand mit ihnen geredet.
Sie war jetzt schon ziemlich lange durchgeknallt. Fast solange sie zurückdenken konnte. Aber wenn sie mit Geordie zusammen war, fühlte sie sich nicht so durchgeknallt wie sonst. Alle Frauen waren bekloppt. Mußten sie auch sein. Nur so konnten sie in dieser Welt überleben. Wenn sie auf die Welt kamen, mußten sie sich mit Müttern und Vätern abfinden, und wenn sie richtig Pech hatten, dann mußten sie auch noch mit Brüdern fertig werden. Und dann, als Kinder und auch später, mußten sie mit Spott, Religion, Überarbeitung, Sexismus, Sadismus, Romanzen und Mutterschaft sowie am Ende mit vergammelten und verrottenden Körperfunktionen, Wahnsinn und Tod klarkommen. Sie lächelte leise. Manchmal hörte sie sich mehr nach Trudie an als Trudie selbst.
Janet besaß eine eigene Wohnung in einem Haus, das sie sich mit zwei anderen Frauen teilte, die, wie sie sich ausdrückten, anschaffen gingen, und beide verfügten über einen schier endlosen Vorrat an wunderbaren Geschichten. Margaret war groß und Raucherin, was Janet schon irgendwie lustig fand, wo doch das Rauchen angeblich das Wachstum hemmt. Wenn sie darüber redeten, lachten sie und stellten sich vor, wieviel größer Margaret geworden wäre, wenn sie nicht geraucht hätte. Wahrscheinlich drei Meter, und die Bürgersteige von New York wären ihr Jagdrevier, und sie würde die Spießer verschlingen wie eine Gottesanbeterin.
Trudie war klein und pummelig, hatte gebleichtes Haar und einen dunklen Haaransatz, und beide zusammen sprachen unerklärlicherweise eine Sorte Spießer an, die nicht durch die Pubs und Clubs von York zogen. Sie wurden durch Mundpropaganda weiterempfohlen und waren bereit, alle Phantasien oder Perversionen zu bedienen, die nicht beinhalteten, daß sie verstümmelt wurden oder extreme Schmerzen erleiden mußten. Was natürlich bedeutete, daß sie in ständiger Gefahr schwebten, verstümmelt zu werden oder extreme Schmerzen ertragen zu müssen, denen sie beim letzten Mal paradoxerweise noch entkommen waren. Aber sie waren noch jung. «Wir sind Unternehmerinnen», sagte Margaret immer. «Der Kunde ist König.»
«Du bist keine Unternehmerin», entgegnete Trudie dann. «Du bist ein Versorgungsbetrieb, Schätzchen.»
In der Vergangenheit hatte Janet den einen oder anderen Freier übernommen, normalerweise, wenn Trudie oder Margaret zum gleichen Termin doppelt gebucht waren. Es hatte ihr nichts ausgemacht, mit dem Geld konnte sie immer etwas anfangen, aber sie wollte nicht davon abhängig sein. Sie wollte einen Mann und eine Familie.
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