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Tiefschlag

Tiefschlag

Titel: Tiefschlag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Baker
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Was steht da für Jungfrau?»
    Sam sinnierte lächelnd. Er faltete die Zeitung zusammen und hielt sie vor seine Brust. «Die beste Zeit meines Lebens», sagte er. «Verdammt, Marie, damit hätte ich heute garantiert nicht mehr gerechnet. Ich hatte erwartet, diese Prä-Alzheimer Jahre in Ruhe und Einsamkeit zu verbringen.» Er starrte durch die Windschutzscheibe nach draußen und versuchte, sich Jeanie Scott in Erinnerung zu rufen, wie sie über den St. Helen’s Square davonging. «Ist sie, äh, hat sie einen festen Freund?» fragte er. «Irgend so was?»
    «Mehrere, seit sie ihren Mann losgeworden ist», sagte Marie. «Aber es scheint nie lange zu halten. Nach meinem letzten Kenntnisstand ist sie mit einem Iren liiert. Immer noch, soweit ich weiß. Was steht da für Jungfrau?»
    «Dann scheint’s nicht besonders ernst zu sein», sagte Sam. «Sie ist ja nicht verlobt oder so, denkt auch nicht drüber nach, mit jemandem zusammenzuziehen, ja?»
    «Sei bitte vorsichtig, hörst du. Es heißt, sie hinterläßt jede Menge gebrochene Herzen.»
    Er drehte sich um und sah Marie an. «Verdammt, ich hab mich ja nur so gefragt», sagte er. «Ich denke ja gar nicht daran, irgendwas in dieser Richtung zu unternehmen. War nur eine kleine Fingerübung für meine Phantasie.»
    «Können wir dann jetzt vielleicht mal zu den wichtigen Dingen kommen, Sam?» sagte Marie. «Ich muß heute abend noch ins Bett. Verrat mir endlich, was mir die Sterne sagen. Werde ich wenigstens ein bißchen abnehmen?»
     
    Mit «Jeanie Scott» meldete sie sich. Sam konnte sich nicht erinnern, ob er die echte Frau von Scottish Widows schon mal hatte reden hören, aber falls sie sprach, dann bestimmt haargenau so.
    «Sam Turner», sagte er in den Hörer. «Sie erinnern sich an mich?»
    «Ja», sagte Jeanie Scott. «Der Detektiv. Was kann ich für Sie tun?»
    «Ich habe», begann er, «zwei Karten für Sweet Willy Johnson, und ich frage mich, ob Sie wohl Lust haben mitzukommen.»
    «Klingt wie ein Sänger», sagte Jeanie. «Allerdings sagt mir der Name nichts. Was macht er, Blues?»
    «Ja», sagte Sam. «Kann ich Sie in Versuchung führen?» Er drückte den Hörer fester an sein Ohr, wollte jede noch so winzige Nuance in ihrer Stimme mitbekommen. Versuchte, sich gleichzeitig ihr Gesicht vorzustellen.
    «Schon passiert», sagte sie. «Aber ich muß sehen, ob ich Dienst habe. Wann ist es denn?»
    «Morgen», sagte er. «Ich meine, falls es zu früh ist, könnten wir vielleicht was andefes machen, an einem anderen Abend.»
    «Langsam», sagte sie. «So macht man einer Frau aber nicht den Hof, Mr. Turner. Hat Ihnen Ihre Mutter denn nicht beigebracht, daß man nichts überstürzen darf? Wenigstens nicht am Anfang. So verschrecken Sie die Frauen doch nur.»
    «So eilig hab ich’s gar nicht», antwortete Sam. «Ich habe diesen Anruf schon den ganzen Tag vor mir hergeschoben.»
    «Wußte ich’s doch», sagte sie. «Ich dachte schon, Sie wür-den’s gar nicht mehr bringen.» Einen Moment herrschte Schweigen in der Leitung, dann sagte sie: «Mögen Sie Blues?»
    «Ich brauch’s von Zeit zu Zeit.»
    «Sie brauchen ihn. Wie denn? Wie was zu essen?» In jedem ihrer Worte schwang verschmitzter Humor mit. Selbst wenn es nicht komisch war, holte sie alles heraus, was womöglich noch unter der Oberfläche lauern könnte.
    «Ja», sagte Sam. «Ich krieg den Blues nicht besonders oft, aber wenn’s soweit ist, dann erwischt’s mich auch gleich voll.»
    «Der Blues?»
    «Der Blues», erwiderte er. «Der echte, fiese, meine Frau hat mich verlassen und es ist mir scheißegal, wie lange die Sonne schon scheint, dreckige alte Privatschnüffler-Blues. Wie steht’s mit Ihnen?»
    «Ich krieg die Sorte: Ich schreie und höre nie mehr auf, wenn ich noch eine weitere Bettpfanneleerenmuß-Blues. So einen hab ich gerade jetzt wieder.» Sie lachte. «Und Sie meinen, wenn ich mit Ihnen ausgehe, dann lassen Sie den Blues hinter sich?»
    Er seufzte lange und tief über die Leitung. «Nein. Ich bin der echte Mann des ewigen Leidens. Ich verbreite miese Stimmung.»
    «Vor einer Minute erst haben Sie mich dazu überredet, und jetzt reden Sie’s mir schon wieder aus. Wie wär’s, wenn Sie mich abholen?»
    «Wo wohnen Sie?»
    «Die Highway 51 befindet sich direkt vor meiner Tür.»
    Sam griff nach der Wand über dem Telefon, vergewisserte sich, daß er nicht träumte. «Haben Sie schon mal daran gedacht, wieder zu heiraten?» fragte er.
    Sie lachte. «Die Ehe bietet keine Vorteile. Einer

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