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Tiefschlag

Tiefschlag

Titel: Tiefschlag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Baker
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machen von dem Tag, an dem in ihr Haus eingebrochen worden war, und von allem, was an diesem Tag Ungewöhnliches in ihrem Viertel passiert war.
    Nach der Arbeit fuhr er mit dem Fahrrad nach Hause, wo er vier dicke Scheiben Brie mit Knäckebrot und etwas aus der Dose aß. Machte eine Kanne Kaffee und setzte sich ans Fenster, schaute in den Garten hinaus, trank Kaffee und erinnerte sich an seine letzte Zigarette. Achtzehn Monate waren es jetzt. Es hatte achtzehn Jahre gedauert, um damit aufzuhören. Sein Blutdruck war wieder normal, und er hatte ein kleines Vermögen gespart. Hatte praktisch alles dafür investiert, das Fahrrad in Schuß zu bringen und den Platten zu reparieren. Außerdem fühlte er sich gut, und es war alle Male besser als sterben.
    Um sechs hatte er geduscht, sich angezogen und saß hinter dem Steuer des Volvo. Er steckte den Schlüssel ins Zündschloß und drehte. Der Motor heulte zustimmend auf. Sam schaltete ihn aus, zog den Schlüssel ab und stieg aus. Die Fahrt zu Jeanies Haus dauerte höchstens zehn Minuten. Wenn er jetzt losfuhr, würde er eine Stunde und zwanzig Minuten zu früh bei ihr sein. Sie wäre noch nicht mal von der Arbeit zurück.
    Er ging dreimal um den Wagen, kehrte dann in seine Wohnung zurück und las die letzten vier Kapitel von Dixie City Jam. Als er damit fertig war, legte er das Buch auf den Tisch. Seine Uhr verriet ihm, daß es fünf vor halb acht war. Manchmal läuft einfach alles richtig. Er würde fünf, vielleicht zehn Minuten zu spät kommen. Es hatte keinen Sinn, bei einem ersten Rendezvous zu eifrig zu wirken.
    Sie stand am Bordstein und wartete auf ihn. Trug ein zweireihiges Kostüm aus hellblauer Baumwolle, kurzer Rock und lange Jacke. Nackte Beine. Ihr Haar war offen, und sie hatte kein Make-up aufgelegt. Ihr Gesicht glänzte, wirkte wie geschrubbt, so wie es bei einer Krankenschwester auch sein sollte. Man sah sie an und mußte sich fragen, ob sie die Klamotten einfach angezogen hatte und aus der Tür getreten war oder ob sie drei Stunden im Bad beschäftigt gewesen war. Eine andere Frau würde es vielleicht erkennen. Aber ein verkorkster PrivatschnüfHer, der scharf auf sie war, hatte nicht den geringsten Schimmer.
    Sweet Willy trat im The Whip auf, einem alten Pub mit einem großen Hinterzimmer draußen an der Rennbahn. Eingang und Wände des Hinterzimmers waren übersät mit Plakaten alternativer Comedy-Gastspiele, Veranstaltungen für Frauen, der Schwulenbewegung und verschiedener Therapeuten mit mehr als drei Wochen Ausbildung. Geordie und Janet hatten ihnen zwei Plätze freigehalten, was ein ziemliches Kunststück war, da bereits viele Gäste auf dem Boden saßen. Der Heizungsthermostat hatte offensichtlich den Geist aufgegeben, und der Heizkessel arbeitete auf vollen Touren. Es war knüppelvoll, und alle schweißgebadet. Da waren alternative Komiker, Feministinnen, Akupunkteure, Masseure, Schwule und Trommler. Halt, Korrektur: diese Typen waren alle da, aber außerdem waren da noch eine Bottleneck-Gitarristin, ein Countrysänger mit näselndem Texanisch, das er in Wakefield gelernt hatte, und drei Bluesmusiker. Wäre Sam allein gekommen, hätte er sie ausmachen und in ihre verschiedenen Schubladen einordnen können. Aber er war nicht allein, er war mit der Frau von Scottish Widows hier, und wie jeder andere im Raum kam er ordentlich ins Schwitzen.
    «Puuuuh», machte er. «Heiß genug, um Orchideen zu züchten.»
    «Ich besorg uns was zu trinken», sagte sie und war bereits auf dem Weg zur Theke. «Bier?»
    Sam berührte ihre Schulter, und sie drehte sich zu ihm um. «Coke», sagte er.
    Sie hob fragend die Augenbrauen, sprach es nicht aus, sagte damit aber soviel wie: «Coke? Ein großer Junge wie du?»
    Sam neigte den Kopf auf eine Seite und sagte: «Ich bin Alkoholiker.»
    Sie lächelte und setzte ihre Reise zur Bar fort. Der Lärmpegel schwoll weiter an. Er wurde sich bewußt, daß sie ihn nicht verstanden hatte. Er glaubte, sie habe etwas gesagt wie: «Wenn’s das ist, was du haben willst...»
    Sie kehrte an den Tisch zurück und stellte eine Coke vor ihn. Sie hatte ein Pint schäumendes Tetley. Wäre überhaupt kein Problem gewesen, sie einfach wegzuschubsen und ihr das Bier abzunehmen. Es vom Tisch zu nehmen und auf einen Zug runterzustürzen, sich dann mit dem Handrücken über den Mund zu fahren, zur Theke zu gehen und sich was zum Nachspülen zu besorgen. Etwas mit mehr Pep.
    Sie bemerkte seinen Blick und fixierte ihn einen Moment. «Hast du

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